1002 - Höllenqualen
auch noch fraglich, deshalb zog er seine Dämonenpeitsche und ließ sie einmal über den Boden kreisen.
Aus der Öffnung rutschten die drei Riemen hervor. Aus der Haut des Dämons Nyrana waren sie geschaffen worden, und Suko hatte sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, immer auf die Kraft dieser Peitsche verlassen können.
Der Gang vor ihm blieb leer. Kein Schatten zeigte sich. Kein Augenpaar schwebte über dem Boden.
War er tatsächlich verschwunden?
So richtig glauben konnte es Sukonicht. Deshalb wollte er methodisch vorgehen und die Zimmer der Reihe nach durchsuchen.
Die erste Tür stand offen. Er trat sie weiter auf. Ein Bügelraum, in dem noch Wäsche stand und das hohe Bügelbrett aufgebockt war.
Auf der Fensterbank stand ein altes Radio, aber einen Schatten sah er nicht, erst recht keine Totenaugen.
Er zog sich wieder zurück und widmete sich der zweiten Tür, die gegenüber lag.
Sie war nur angelehnt gewesen. Auf Sukos Fußdruck hin schwang sie nach innen. Das durch ein Fenster dringende Licht machte den Raum so hell, daß Suko alles gut erkennen konnte. Ältere Möbel standen hier. Zwei Kommoden, ein Schrank, auch zwei Sessel, deren Polster verschlissen waren. Eine Liege sah Suko ebenfalls. Dieser Raum konnte auch als Gästezimmer benutzt werden.
Kein Schatten, keine Augen!
Er schüttelte den Kopf, aber an Aufgabe dachte er nicht. Außerdem war dieser Raum ziemlich vollgestellt und bot zahlreiche Verstecke. Die Luft hier gefiel ihm nicht. Sie war zu warm. Es roch auch nach altem Stoff. Die Tapete an den Wänden zeigte ein Streifenmuster. Die Decke wirkte wie ein viereckiger, blasser Himmel.
Suko hörte das Kratzen.
Nur ein winziges Geräusch, aber ausgerechnet in seinem Rücken, und das konnte ihm nicht gefallen.
Er warf sich aus dem Stand heraus nach vorn. Es war schon ein artistischer Sprung, bei dem Suko auch ein Ziel anvisiert hatte. So flog er auf die Liege an der Wand zu, die schwer unter seinem Gewicht zu leiden hatte und kurz vor dem Zusammenbruch stand.
Sofort drehte sich Suko wieder um. Er nutzte dabei noch den eigenen Schwung aus.
Der Schatten war da.
Zwei Augen schwebten wiederum als Totenlichter über dem schwammigen Körper.
Aber etwas hatte sich verändert.
Der Schatten war bewaffnet. Aus seinem Zentrum hatten sich zwei Arme abgespalten. Jedenfalls glaubte Suko, daß es Arme waren, denn der rechte von ihnen mußte einfach in eine Hand auslaufen, und die hielt einen Gegenstand fest, der auch ein Messer sein konnte. Jedenfalls sah dieses helle Dreieck so aus.
Oder war es eine Scherbe?
Wie auch immer, ein Instrument, um damit zu töten. Plötzlich wußte Suko, wie die beiden Sinclairs ums Leben gekommen war.
Eben durch diese Waffe, und Suko sollte auf dieselbe Weise sterben.
Der Schatten war schnell, verflucht schnell. Es war auch kein Geräusch zu hören, als er auf Suko zuglitt. Dabei wurde der Arm mit der Waffe in die Höhe gerissen – und raste nach unten.
Suko lag nicht mehr da, wo er aufgeprallt war. Kurz vor dem Stoß und beinahe so schnell wie sein Gegner hatte er sich von der Liege katapultiert, war auf den Boden geschlagen und mit einem Sprung wieder in die Höhe gekommen.
Er lief auf die Tür zu, die weit offenstand. Es sah aus wie eine Flucht, aber es war keine.
Suko hatte nur den Schatten locken wollen, was ihm auch gelungen war. Kurz vor dem Erreichen der Türschwelle wirbelte er herum und hatte noch in der Bewegung seine Dämonenpeitsche aus dem Gürtel gezerrt. Sie war schlagbereit und setzte bei seiner Abwehrtat wirklich alles auf eine Karte.
Er hoffte stark, daß die Macht der Peitsche den Schatten in mehrere Teile zerreißen würde.
Treffer.
Das Wesen war förmlich in den Schlag hineingeflogen, und die drei Riemen hatten auch das Messer passiert. Sie waren nicht mal dagegengeschrammt.
Suko rechnete damit, daß sich sein Feind auflösen würde. Da hatte er sich geirrt.
Das Gegenteil trat ein.
Zuerst zog sich das Wesen zurück. Es tanzte dabei wirklich wie ein Schatten, aber es löste sich nicht auf. Sukos Augen wurden groß und größer, als er sah, was mit dem Schatten passierte.
Es trat eine Rückbildung ein.
Aus dem Schatten wurde wieder das, was er einmal im normalen Leben gewesen war.
Ein Körper…
***
Das Rad der Zeit drehte sich weiter, und ich drehte mich mit. Aber ich spürte es abermals nicht. Ich war noch immer vollauf mit dem beschäftigt, was ich im ersten Teil meiner Reise in die Vergangenheit zu sehen bekommen
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