1003 - Die Templer-Säule
überblicken.
Sekunden nur vergingen, dann schob sich ein Wagen den letzten Rest des Hügels hoch. Die Kühlerschnauze des dunkelgrünen Lancias erschien in Sukos Blickfeld. Wer hinter dem Lenkrad saß, erkannte er wegen der getönten Scheibe nicht, aber die Person fuhr den Wagen dorthin, wo auch Sukos Leih-BMW parkte.
Die Frau ließ sich mit dem Aussteigen Zeit. Suko, der so stand, daß er nicht gesehen werden konnte und von der Seite her durch das Fenster peilte, stellte fest, daß die Person auf dem Fahrersitz die nähere Umgebung betrachtete.
Endlich stieg sie aus.
Suko konnte ein anerkennendes Nicken nicht unterdrücken. Die Besucherin sah gut aus. Ihr langes, rabenschwarzes Haar war locker gefönt worden und bewegte sich wie eine Welle, als sie ging. Sie trug einen Kamelhaarmantel, den sie nicht zugeknöpft hatte. Für einen Moment sah Suko sie im Profil. Die gerade Nase fiel ihm auf und das energisch nach vorn strebende Kinn.
Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was diese Person mit Mary und Horace Sinclair zu tun hatte. Sie wirkte auf den ersten Blick wie eine smarte Geschäftsfrau, die zu irgendeiner Verabredung kam, um einen Vertrag zu unterschreiben.
Es würde sich in den nächsten Minuten herausstellen, wenn er mit der Frau ins Gespräch kam.
Sie schellte.
Suko überlegte, welche Ausrede er benutzen sollte, wenn sie nach den Sinclairs fragte. Er würde sich als Verwandter oder Hausaufpasser ausgeben oder auch als etwas anderes. Das kam auf die jeweilige Situation an.
Nach dem zweiten Klingeln stand Suko bereits vor der Tür.
Schwungvoll zog er sie dann auf und tat so, als wäre er völlig überrascht worden. Auch die Frau war überrascht, bei ihr war es nicht gespielt, und sie trat sogar von der Tür zurück.
Sie sah exotisch aus, mit dunklem Teint, dunklen Augen, einfach interessant.
»Oh«, sagte Suko. »Mit Ihrem Besuch habe ich nicht gerechnet. Guten Tag. Wer sind Sie?«
Die Frau hatte sich schnell wieder gefangen und schaffte sogar ein Lächeln. »Pardon, wenn ich mit einer Gegenfrage antworte. Aber Sie sind nicht Horace F. Sinclair?«
»Das stimmt.«
»Ich wollte eigentlich zu ihm und seiner Frau.«
Suko hob die Schultern und gratulierte sich schon jetzt. Wie gut er doch schauspielern konnte. »Sie sind leider nicht da, Madam, aber sie werden noch kommen.«
Die Frau überlegte und biß sich dabei auf die Unterlippe. Suko fiel auf, daß sie ihn dabei sehr wohl beobachtete. So war dieser unschlüssige Ausdruck nur gespielt.
»Ich kann Ihnen wohl den Vorschlag machen, ins Haus zu kommen und gemeinsam mit mir auf die Sinclairs zu warten. Natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Darüber denke ich ja gerade nach.«
»Waren Sie denn verabredet?« fragte Suko.
»Ja, das waren wir. Es ging um eine Versicherung, die bald ausläuft. Wir wollten über die erneute Anlage des frei werdenden Geldes sprechen. Es ist natürlich dumm, daß die beiden nicht anwesend sind.«
Suko glaubte der Frau kein Wort, aber er bewunderte ihre schauspielerischen Leistungen. Er machte auch mit. »Wenn Sie nicht unbedingt unter Termindruck stehen, kann ich Sie nur bitten, hier auf die beiden zu warten. Ich leiste Ihnen dann Gesellschaft.«
Die Besucherin schien zu überlegen. Schließlich nickte sie.
»Warum eigentlich nicht? Okay, es ist sowieso mein letzter Termin für heute. Also warte ich.«
»Das finde ich gut.«
Suko war zur Seite getreten, um den Weg ins Haus freizugeben.
Die Frau zögerte nicht mehr. Forsch trat sie über die Schwelle und schaute sich blitzschnell um. Unter dem Mantel trug sie ein graues Kostüm mit hellen Streifen. Vom Schnitt her war das Designer-Chic.
»Ich kann Ihnen gern einen Kaffee kochen«, sagte Suko und lenkte die Frau damit ab.
»Das wäre nett.«
»Kommen Sie mit in die Küche? Dort ist es am gemütlichsten.«
»Ja, gern.« Das hatte sich nicht überzeugend angehört. Ebensowenig überzeugend wie das Verhalten der Frau, denn sie schaute sich um wie jemand, der etwas kontrollieren oder entdecken wollte.
Suko wußte, daß ihm hier keine leichte Gegnerin gewachsen war.
Vor allem war sie keine Anlageberaterin, denn sie sondierte die Umgebung wie ein Offizier, der seine Taktik festlegen wollte.
In der Küche blieb sie dicht hinter der Tür stehen, nickte in den Raum hinein und lächelte. »Ja, hier ist es wirklich gemütlich. Sie haben recht, Mister.«
»Ich heiße Suko.«
»Ah ja. Mein Name ist Alischa.«
»Und was ist mit dem
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