1009 - Kometen-Geister
Mächte der Finsternis gekämpft. Es war Beruf und Berufung zugleich gewesen, so zumindest hatte ich es immer angesehen, aber heute dachte ich anders darüber.
Für mich war es ein Fluch, der erst beendet sein würde, wenn ich nicht mehr lebte.
Und irgendwo hatte auch mein Vater unter diesem Fluch oder einem Druck gestanden. Warum sonst hätte er sich der Loge des Königs Lalibela anschließen sollen? Deren Mitglieder wollten die Zeiten des Mittelalters wieder entstehen lassen, und der Geist des Königs hätte ihnen dabei helfen sollen.
Es war nicht so gekommen. Den Geist, der sich den Körper meines toten Vaters als Wirt ausgesucht hatte, gab es nicht mehr. Von meiner Helferin Donata war er letztendlich vernichtet worden, mein Vater hatte wieder sein normales Gesicht zurückerhalten, und ich das meinige ebenfalls, denn ich war für einen Tag und eine Nacht mit dem Gesicht meines Vaters herumgelaufen und so in eine schon mörderische Intrige hineingeraten.
Jetzt lagen meine Eltern unter der Erde.
Es war eine schlimme Beerdigung gewesen. Ich hatte zusammen mit vielen anderen Menschen - auch Freunden aus London - vor dem Doppelgrab gestanden. Ich wurde die Bilder einfach nicht los, wie die Särge in die Erde hinabgelassen wurden. Ich war mir vorgekommen wie ein Träumer, aber es war kein Traum gewesen.
Nach der Beerdigung hatte ich nur allein sein wollen. Die anderen Trauergäste hatten sich in einer Gaststätte zu einem Reueessen versammelt, ich aber hatte mich in das Haus meiner Eltern zurückgezogen und war dort durch die Räume gelaufen.
Immer und immer wieder. Erinnerungen nachhängend an zwei wirklich tolle Eltern, die mir früher so oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatten und es nun nicht mehr konnten.
Ich hätte Nachforschungen darüber anstellen können, was meinen Vater in Lalibelas Loge getrieben hatte, aber das wollte ich einfach nicht. Auf keinen Fall zu diesem Zeitpunkt. Ich wollte einfach Zeit vergehen lassen, wieder mit mir selbst zurechtkommen und später irgendwann einmal damit beginnen. Möglicherweise half mir auch das Schwert des Salomo dabei, das ich von meiner Reise in die Vergangenheit mitgebracht hatte.
Mit in die Staaten hatte ich es nicht genommen. Es lag in London, in meiner Wohnung, wo es einen für mich sicheren Platz gefunden hatte. Niemand hatte etwas dagegen gehabt, daß ich mich für einige Tage verabschiedete. Wie lange dieser Urlaub dauern würde, wußte ich selbst nicht zu sagen, aber von einem Urlaub konnte ich jetzt ja auch nicht mehr sprechen. Hier war ich wieder in einen Fall hineingeraten, als hätte dieser nur auf mich gewartet.
Der Fluch der Sinclairs eben…
Die Bilder der Erinnerung verschwanden allmählich, und die Realität trat wieder deutlicher hervor.
Ich konnte Sheriff Petan verstehen, daß er keinen Ärger haben wollte. Denn die Umgebung von Tulka Falls war tatsächlich traumhaft. Eingebettet in die Rolling hills von Virginia, überspannt von einem blauen Frühlingshimmel, beschienen von der warmen Sonne, konnte man sich als Gast und auch als Bewohner eigentlich wohl fühlen.
Ich verstand meinen Freund Abe Douglas, daß er sich hier eine Hütte gekauft hatte. Weg von der Hölle New York. Entfernt vom Big Apple, wo es oft drunter und drüber ging und es Menschen gab, die keine Regeln kannten.
Hier war alles anders.
Wälder und Wiesen. Saubere Straßen und Häuser. Alles sah frisch und wie geputzt aus. Jeder Zaun und jedes Tor wirkte wie frisch gestrichen, als sollten diese Farben mit den Strahlen der Sonne konkurrieren, die sich in den Fensterscheiben fingen.
In dem weiten Gelände verteilten sich Farmen ebenso wie kleine, saubere Firmen. Man hatte viel Wert auf die Umweltfreundlichkeit gelegt, und es gab keine Schornsteine, aus denen gefährliche Rauchwolken quollen.
Immer wieder wurde die Landschaft von mehr oder weniger großen und kleinen Gewässern unterbrochen. Jeder See bildete eine Idylle für sich, und an den wenigsten standen irgendwelche Ferienhäuser für Erholungssuchende. Zwei waren in der Umgebung von Tulka Falls für diese touristische Attraktion ausgesucht worden.
In einem wohnte ich. Auch diese Siedlung hatte man ziemlich klein gehalten. Der größte Teil der Uferregion war der Natur überlassen worden. So konnten die Bäume bis dicht an das Wasser heranwachsen.
Tal reihte sich an Tal, und die Straßen liefen wie Wellen durch die Landschaft. Sie mußten der Formation Tribut zollen. Manchmal lagen sie frei und waren dem Licht
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