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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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was deine Wesire dir sagen. Und wenn du mir jetzt nicht mein Recht verschaffst gegen deinen Sohn, der mich so übel behandelt hat, dann bringe ich mich um!»
    Da gab der König den Befehl, dass sein Sohn getötet würde.
    An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad , und sie verstummte. Der König erhob sich, entzückt von ihrer spannenden Geschichte, verschloss die Tür, versiegelte sie mit seinem Siegel und begab sich in seine Regierungsgemächer.
    Die vierundsechzigste Nacht

    ~ Und so, mein Gebieter, sagte sie, ~ geht die Geschichte weiter:
    Nachdem der König den Befehl gegeben hatte, dass sein Sohn getötet würde, kam der dritte Wesir eiligen Schritts herbeigelaufen, befahl, das Kind noch zurückzuhalten, und trat vor den König hin. «Majestät!», sagte er. «W illst du deinen Sohn töten wegen eines Mädchens, von dem du noch nicht einmal weißt, ob sie die Wahrheit spricht oder ob sie lügt? Es ist mir nämlich zu Ohren gekommen , dass sich zwei ganze Dörfer einmal wegen eines einzigen Tropfens Honig gegenseitig bekriegten. Und das kam so:
    [Der Honigtropfen]
    Ein Imker brachte Honig in einem Gefäß auf den Markt, um ihn zu verkaufen. Der Imker hatte einen Hund. Er betrat mit dem Hund den Laden eines Mannes, dem er den Honig zum Weiterverkauf anbieten wollte. Der Ladenbesitzer zog einen Löffel hervor, um den Honig zu kosten. Da fiel von dem Löffel ein Tropfen auf den Boden. Eine Wespe kam und setzte sich auf den Honigtropfen. Der Ladenbesitzer hatte eine Katze, und als die Katze die Wespe auf dem Honigtropfen sitzen sah, sprang sie darauf zu, um die Wespe zu fangen. Sogleich stürzte sich der Hund des Imkers auf die Katze und biss sie tot. Da erhob der Katzenbesitzer einen mächtigen Stock, hieb damit auf den Hund ein und tötete ihn. Nun gingen der Hundebesitzer und der Katzenbesitzer aufeinander los. Während sie gerade so miteinander kämpften, kamen die Bewohner des einen Dorfes und die Bewohner des anderen Dorfes dazu. Jedes Dorf verteidigte seinen Mann, und sie kämpften und prügelten sich so lange, bis sie alle tot waren.
    Diese Geschichte habe ich dir nur deshalb erzählt, damit du deinen Sohn nicht tötest wegen eines Mädchens, von dem du noch nicht einmal weißt, ob sie die Wahrheit spricht oder lügt. Denn aus mancher Nichtigkeit entsteht ein großes Unglück!
    Auch ist mir über Weibertücke und Weiberlist Folgendes zu Ohren gekommen:
    [Reis und Zucker]
    Ein Mann schickte seine Frau zum Markt, damit sie ihm Reis kaufen sollte. Er gab ihr einen Dirham mit. Sie zahlte diesen dem Reisverkäufer. Der aber sagte zu ihr: ‹Zum Reis gehört Zucker. Hast du Zucker im Haus?› – ‹Nein›, entgegnete sie. ‹Hast du Lust, mit zu mir nach Hause zu kommen?›, lud er sie ein. ‹Ich kann dir Zucker geben.› – ‹Ja, gern›, sagte sie, trat mit ihm in sein Haus, er gab ihr den Zucker, und sie wickelte den Zucker mit dem Reis in ihr Obergewand. Nun aber überkam ihn der Appetit auf sie, und er begann sie mit süßen Worten zu bereden. ‹T u mit mir, was du willst›, erwiderte sie. Er schob sie weiter ins Haus hinein und in ein Zimmer, wobei sie ihr Gewand neben der Haustür liegen ließ. Dann trieb er es mit ihr. Unterdessen kam der Dienstjunge an dem Obergewand vorbei. Er nahm den Reis und den Zucker heraus, tat stattdessen trockene Erde hinein und band alles wieder zu wie zuvor.
    Als der Mann seine Lust befriedigt hatte und die Frau wieder aus dem Haus trat, nahm sie ihr Gewand, im Glauben, es seien Reis und Zucker darin, und ging heim zu ihrem Ehemann. Sie stellte das Bündel vor ihm ab und trat in die Vorratskammer, um den Kochtopf zu holen. In diesem Moment entdeckte der Mann, dass im Gewand trockene Erde eingewickelt war. ‹W ehe dir!›, rief er. ‹W as ist das für Kehricht?› Sofort begriff die Frau, dass man ihr einen Streich gespielt hatte. Also brachte sie anstelle des Kochtopfs das Sieb heraus. Ohne in Verlegenheit zu geraten, sagte sie zu ihrem Mann: ‹Auf dem Weg zum Markt hat mich ein Maultier getreten. Ich bin hingefallen, und der Dirham ist mir aus dem Mund gerutscht und in hohem Bogen fortgeflogen. Ich habe ihn gesucht, aber nicht wiedergefunden. Da habe ich den Staub, der um mich herum auf dem Weg lag, eingesammelt, um ihn durchzusieben. Vielleicht gibt Gott mir ja den Dirham zurück!› Ihr Mann glaubte ihr alles und half ihr, den Staub durchzusieben.
    Diese Geschichte habe ich dir nur deshalb erzählt, damit du nichts tust, was eine Frau dir sagt, und

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