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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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darum, vorgelassen zu werden.»
    «Lasst sie herein», befahl er.
    Und die Wächter führten die beiden ins Schloss. Der König blickte sich um, spähte nach links und nach rechts, ohne jedoch eine Spur von der Gazelle zu entdecken oder auch nur das geringste Lebenszeichen von ihr zu bemerken. Die beiden nahmen ihre Sitzplätze ein. Tische mit goldenen Tellern voll der unterschiedlichsten Speisen wurden vor sie hingestellt. Sie aßen, danach sprachen sie den Getränken zu. Als nun der Wein Gewalt über den König gewonnen hatte, sprach er den jungen Schlossherrn an: «Du bist in der Pflicht, uns Gastfreundschaft zu gewähren, und ich hätte da eine Bitte an dich.»
    «Majestät», entgegnete der junge Mann, «das Schloss und alles, was sich darin befindet, sei dein. Ich werde dir jeden Wunsch erfüllen.»
    «Mein Wunsch ist», fuhr der König fort, «dass du mir die Gazelle schenkst oder verkaufst.»
    «Gott möge dem König Gedeihen schenken und ihn versöhnen!», versetzte der junge Mann. «Sie ist keine Gazelle. Sie ist meine Frau.»
    «Das ist ja die allerseltsamste Merkwürdigkeit», wunderte sich der König.
    An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad, und sie hörte auf zu erzählen.
    Die sechsundneunzigste Nacht

    So spricht Faharâyis, der Philosoph:
    ~ Mein Gebieter!, fuhr sie in ihrer Erzählung fort:
    ~ Während sich der König noch über die Worte des jungen Mannes wunderte, erhob sich dieser geschwind und verschwand für eine Weile. Er kehrte in Begleitung der Gazelle zurück. «Ich beschwöre dich bei dem, der dich dazu befähigt hat», sprach der junge Mann zu der Gazelle. «Kehre in deine ursprüngliche Gestalt zurück, in der Gott dich erschuf!»
    KaumhatteerzuEndegesprochen,daerzittertedieGazelleamganzenLeibund verwandeltesichineinMädchen,einesderschönstenGeschöpfeGottes.
    Der König war bass erstaunt, als er ihre Schönheit und Anmut sah. «Möchtest du sie mir verkaufen?», bat er erneut. «Nenne mir einen Preis, so hoch es dir beliebt!»
    «W ie könnte ich meine Ehefrau verkaufen, mit der ich zwei Kinder habe?», wehrte der junge Mann ab und fügte hinzu: «Ihre Geschichte ist überaus spannend und fesselt jeden, der sie hört.»
    «Ich bin begierig, sie zu hören», verlangte der König.
    «Gewiss, Majestät», entgegnete der junge Mann und begann zu erzählen: «Ich komme aus Damaskus. Mein Vater war ein reicher und angesehener Herr und hatte außer mir keinen Sohn. Er ließ mich den Koran, die Grammatik und die Wissenschaften studieren, so lange, bis ich selbst ein Wissenschaftler geworden war. Als Lehrer hatte er mir einen der klügsten, scharfsinnigsten und vortrefflichsten Gelehrten gewählt. Dem Lehrer fiel meine Begabung auf, und als er sah, wie viel ich schon gelernt hatte, sprach er zu mir: ‹Jetzt habe ich dir all mein Wissen übermittelt. Es fehlt nur noch ein ganz bestimmtes, sehr mächtiges Amulett, das ich dir schreiben werde. Dieses Amulett wird dich vor Menschen, Dschinnen und Teufeln schützen.› Er schrieb es auf einem goldenen Blatt für mich nieder und gab mir die Anweisung, das Amulett um meinen rechten Oberarm zu binden. Ich band es also dort fest.
    Bald darauf starb mein Lehrer, Gott sei ihm gnädig, und ich erreichte das Mannesalter. Ich beschäftigte mich nun mit der Reiterei und dem Pfadfinden bei Nacht, bis ein tapferer Ritter aus mir wurde. Inzwischen war mein Vater alt geworden. ‹Mein Sohn›, sprach er zu mir, ‹ich möchte dich noch zu meinen Lebzeiten mit deiner Cousine verheiraten.› – ‹T u, was immer du willst›, antwortete ich. Er veranstaltete ein großes Hochzeitsmahl, und ich vollzog die Ehe mit dem Mädchen, meiner Cousine.
    Eines Tages saß ich so im obersten Gemach meines Palasts, als ich plötzlich einen gepanzerten und bewaffneten Ritter kommen sah. Er bat darum, bei mir absteigen zu dürfen, und ich ließ Essen und Trinken für ihn auftragen. Er aß, bis sein Hunger gestillt war, dann setzte ich mich vertraulich zu ihm und fragte ihn nach seiner Herkunft. ‹Ich komme aus Basra›, war seine Antwort. Der Ritter blieb zehn Tage lang mein Gast. Währenddessen erzählte er mir von Basra und machte mich neugierig auf diese Stadt. Als die zehn Tage vergangen waren, sagte er zu mir: ‹Ich möchte nun wieder nach Basra zurück.› – ‹Es macht mich unglücklich, mich von dir trennen zu müssen›, erwiderte ich. In dieser Nacht erzählte er mir noch viel über Basra.
    Sobald Gott den Morgen dämmern ließ, half ich ihm, sich

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