1013 - Der Blut-Abt
weiß ich nun wirklich nichts. Tut mir leid.«
»Schade, damit stehen wir wieder im Regen.«
»Ich hätte euch gern geholfen.«
»Das glaube ich dir.« Seine Stimme hatte ebenso enttäuscht geklungen wie meine. Aber ich ließ nicht locker und fragte noch einmal nach. »Du hast dich ja lange in St. Patrick aufgehalten. Kennst du vielleicht jemanden, der uns weiterhelfen könnte? Der sich mit der Geschichte des Klosters und auch mit seinen Menschen besser auskennt? Damit wäre uns auch geholfen.«
Ignatius lachte. Es hörte sich nicht eben optimistisch an. »Ob du es glaubst oder nicht, John, ich habe während unseres Gesprächs dar über nachgedacht. Leider muß ich dich enttäuschen, zu einem Resultat bin ich nicht gekommen. Wirklich, ich kenne keinen Menschen, der über das Kloster geschrieben oder referiert hat. Tut mir leid.«
»Ja, mir auch. Da kann man wohl nichts machen. Schade. Es war jedenfalls toll, mal wieder deine Stimme zu hören.«
»Aber ihr macht doch weiter?«
»Und ob wir das tun. Da sind wir selbst wie die Vampire, denn jetzt haben wir Blut geleckt.«
»Das will ich wohl meinen. Sonst wäre ich auch sehr enttäuscht von euch gewesen.«
»Okay, Ignatius«, sagte ich. »Wir sehen uns sicherlich bald. Du weißt ja, wenn es Probleme gibt, Anruf genügt.«
»Stimmt. Was ist mit den Kugeln?«
»Schick uns welche. Die können wir immer gebrauchen.«
»Mach ich, und ich drücke die Daumen. St. Patrick ist für mich noch so etwas wie eine Heimat. Ich möchte sie erhalten wissen, wie ich sie in Erinnerung habe. Das Kloster muß weiterhin eine Trutzburg gegen die Mächte des Bösen bleiben.«
»Ich werde mein Bestes tun, Ignatius.«
Nach einem letzten Gruß beendete ich das Gespräche. Dabei hatte ich das Gefühl, ein klebriges Handy zu halten, so sehr war ich ins Schwitzen geraten. Ich ließ es wieder verschwinden und schaute meinen Freund an. »Schade, Suko, daß deine Idee nicht gefruchtet hat.«
Er hob die Schultern. »Man kann nicht immer Glück haben. Aber wir machen weiter.«
»Jetzt erst recht.« Ich klappte das Buch zu, denn Neues brachte sein Inhalt nicht.
Jemand klopfte fest und hastig gegen die Tür. Er wartete unsere Antwort gar nicht erst ab, sondern rammte die Tür auf und stürmte in das Zimmer.
Es war Bruder Basil, der zuvor gegen die eigene Zimmertür geklopft hatte.
Uns fiel sofort auf, daß etwas passiert ein mußte, denn er machte einen überaus nervösen Eindruck, schnappte einige Male nach Luft und hatte Mühe, die richtigen Worte zu finden.
Frantisek Marek war aufgestanden. »Was hast du denn, Basil?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht genau, aber etwas ist passiert.«
»Was und wo?«
»Einige von uns, ich eingeschlossen, haben ein unheimlich klingendes Heulen gehört.«
»Wo?«
Er deutete auf das Fenster. »Draußen«, sagte er fragend. »Oder hier im Kloster? Ich bin mir da nicht sicher.«
»Ein Tier?« fragte ich.
»Kann sein. Oder heulen Vampire auch?«
Darauf gaben wir ihm keine Antwort, denn wir liefen bereits an ihm vorbei und auf die offene Tür zu und waren ziemlich schnell draußen. Im Zimmer war uns nicht aufgefallen, wie stark sich das Wetter und der Himmel verändert hatten. Über uns tobten sich gewaltige Kräfte aus. Der heftige Wind spielte mit den Wolken, so daß sie immer neue Formationen bildeten.
Es war noch kälter geworden, zwangsläufig auch düsterer, und der Begriff Vampirwetter kam mir in den Sinn.
Basil war uns gefolgt. An der offenen Tür hatten sich auch andere Mönche aufgebaut, wagten sich aber nicht ins Freie. »Jetzt ist nichts mehr zu hören«, flüsterte er. »Komisch.«
»Und du hast dich nicht geirrt?« sagte Suko, der den Innenhof mit seinen Blicken abgetastet hatte.
»Vielleicht im Garten«, sagte ich.
Weder hier draußen noch im Garten. Das langgezogene Heulen schien aus der Kapelle zu dringen. Und in diesen Laut hinein mischten sich die gellenden Schreie eines Menschen…
***
Bruder Anselm hatte sich immer gern in der Klosterkirche oder Kapelle aufgehalten, an diesem Tag allerdings fühlte er sich überhaupt nicht wohl, als er das Gotteshaus betrat. Es hatte sich zwar nichts verändert, aber es war trotzdem nicht so wie sonst.
Anselm hatte die Kapelle durch einen Seiteneingang betreten. Unter seinem Arm klemmten einige Kerzen, denn es mußten die abgebrannten in der Nähe des Altars ausgewechselt werden. Eine Aufgabe, die ihm oblag, ebenso wie das Reinigen des Gotteshauses. So war er beschäftigt,
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