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1029 - Evitas Folterkammer

1029 - Evitas Folterkammer

Titel: 1029 - Evitas Folterkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Jahrhunderte nichts ändern können.
    Die Folterkammer glich einer großen Höhle. Das Licht konnte sie nicht erleuchten. Es fiel auch nicht über irgendwelche Gebeine oder Knochenteile hinweg, sondern flackerte an der rechten Wand entlang, um dort ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
    Bruder Victor!
    Zum erstenmal entdeckte der Abbé ihn, und er blieb auf der zweitletzten Stufe stehen, weil ihm der Anblick unter die Haut ging. Er wollte es nicht glauben und hätte am liebsten die Augen geschlossen, aber es war nicht zu schaffen.
    Er mußte sich den Tatsachen stellen. Dort hing tatsächlich mit Ketten gefesselt und mit dem Rücken an einen Pfahl gedrückt sein alter Freund Victor.
    Erkannt hätte ihn der Abbé nicht. Er war jetzt froh, die Fotos gesehen zu haben, die den Gefangenen zeigten, so war er auf den grauenvollen Anblick vorbereitet.
    Der Mensch machte einen erbärmlichen Eindruck. Etwas jedoch schnitt dem Abbé wie ein Messer tief ins Herz.
    Der Anblick des Ohrs!
    Das Ohr war nicht mehr da, das wußte Bloch. Dafür sah er an der linken Kopfseite den hellen Verband, dessen Stoff zumeist durchgeblutet war. Das Blut war auch an seinem Hals entlanggeronnen und hatte dort verkrustete Streifen hinterlassen.
    Der Abbé war froh, seinen alten Freund bei Bewußtsein anzutreffen. Er wollte mit ihm sprechen, doch er fragte sich, ob Victor auch in der Lage war, ihm zu antworten.
    Noch immer hielt Evita den Templer fest und sagte mit leiser, höhnisch klingender Stimme: »Du zitterst ja…«
    »Ist das ein Wunder?«
    »Nein. Oder zitterst du vor Freude, weil du Victor endlich wiedersiehst?«
    Bloch enthielt sich einer Antwort. Er konnte diesem Zynismus nicht folgen. Längst war auch er in Schweiß gebadet, und sein Gesicht glänzte ebenso wie das des Gefangenen. Der Mann roch nach Schweiß, nach Blut und auch nach Urin. Wie lange er in dieser Hölle aushalten mußte, hatte man dem Abbé nicht gesagt, der jetzt dem Druck der Hand folgend die restlichen Stufen hinabging.
    »Weiter!« zischelte Evita, als sie merkte, daß Bloch stehenbleiben wollte. »Du kannst weitergehen, mein Lieber. Geh zu deinem Freund und rede mit ihm. Begrüße ihn. Sage guten Tag. Du kannst ihn auch umarmen, wenn du willst.«
    »Hören Sie auf, verdammt!« Bloch schüttelte sich und spürte endlich die Hand nicht mehr auf seiner Schulter.
    Er näherte sich dem Freund. Victor mußte ihn ebenfalls gesehen haben, denn das Licht der Fackel, die jetzt in einer Halterung am Boden steckte, reichte aus, auch wenn der Widerschein durch die Umgebung schwamm.
    In Greifnähe blieb der Abbé vor seinem Freund stehen. Dessen Kopf war zur Seite gesunken. Das Gesicht zeigte die Spuren der verfluchten Folterung. Der Mund mit den trockenen, verkrusteten Lippen stand halb offen. Bei genauerem Hinschauen entdeckte der Abbé auch die Zunge innerhalb des Spalts.
    Victor atmete schwer. Kein normales Atmen, das Geräusch glich eher einem Brodeln, und es schien tief in der Kehle geboren worden zu sein. Dieser Mann mußte unbedingt in ärztliche Behandlung, wenn er überleben wollte. In diesem Verlies würde er nur im wahrsten Sinne des Wortes verrecken.
    Bloch hatte seinen ersten Schock überwunden. Jetzt wollte er Kontakt mit seinem Freund aufnehmen. Er mußte versuchen, ihn zum Sprechen zu bringen. Einige Worte aus ihm hervorholen und ihm auch erklären, daß er nicht mehr allein war.
    »Victor…«
    Der Mönch hatte seinen Namen wohl gehört. Zumindest reagierte er und versuchte, den Kopf anzuheben, was ihm aus eigener Kraft leider nicht gelang.
    »Bitte, Victor. Du mußt mich hören. Ich bin es. Ich – dein alter Freund…« Bloch hatte noch mehr sagen wollen, als er sah, daß Victor seine Lippen bewegte. Er mußte den Abbé gehört haben. Er wußte, daß es eine Veränderung gegeben hatte. Möglicherweise wollte er auch etwas erwidern, doch die Qualen waren in seinem Innern einfach zu stark. Er konnte nur an eines denken, an das Grundbedürfnis einer jeden lebenden Kreatur.
    »Wasser…« hauchte er krächzend. »Wasser …«
    Auch Evita hatte den Wunsch verstanden. Sie stand hinter Bloch und wartete. Um die anderen beiden Männer kümmerte sie sich nicht. Für sie waren sie nicht existent. »Da steht noch eine gefüllte Dose mit Wasser, Bloch. Wenn du dich bückst, kannst du sie nehmen und öffnen. Gib ihm dann zu trinken. Ich bin schließlich kein Unmensch.«
    Der Abbé überhörte den Spott. Aber die Dose war wichtig. Und sie war noch geschlossen. Das Wasser würde

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