1038 - Der Seelen-Kerker
weiterhelfen?«
»Ich wollte, ich könnte es«, gab Bloch seufzend zurück. »Das ist alles furchtbar schwer. Etwas Konkretes kann ich euch leider nicht sagen. Daran leide ich ja selbst.«
»Gibt es da so etwas wie eine Vermutung?«
»Das allerdings. Ich weiß zum Glück, wo man diesen Eingang zum Verlies finden kann. Gar nicht mal weit von hier, deshalb haben wir uns auch hier getroffen. Ich habe mich dann so gut wie möglich mit der Geschichte des Ortes beschäftigt und versucht herauszufinden, wer vor Hunderten von Jahren hier seine Spuren hinterlassen hat. Ob es besondere Vorkommnisse gab, die in den alten Schriften hinterlassen worden waren. In der Tat bin ich da auf einige Dinge gestoßen, die genau in die wirre Zeit der Inquisition paßten. Es ging eben damals um die Abtrünnigen, die von der Kirche gejagt wurden. Bevor jedoch der Klerus Anführer der Heere aus dem Norden überzeugen konnte, die Menschen aus dem Süden zu vernichten, hatte man schon im geheimen vorgearbeitet. Ich will nicht behaupten, daß es einen Geheimdienst gegeben hat, aber so etwas ähnliches muß es schon gewesen sein. In der Zeit vor den großen Massakern hat man heimlich agiert und versucht, irgendwelche Rädelsführer der in den Augen der Kirche Abtrünnigen zu töten. Nicht so offen, mehr hinterrücks. Dabei hat sich ein Mann besonders hervorgetan.«
»Dieser Typ aus der Knochengrube?« fragte ich.
Dem Abbé gefiel mein Ton nicht so recht. »Du nimmst das locker, John, aber Vorsicht, so einfach ist das nicht. Der Typ aus der Knochengrube war ein besonderer Mann. Setzen wir ihn mit einem Geheimagenten gleich. Einer, der vom Papst losgeschickt worden war und seinen Segen erhalten hatte, der sich schließlich in den des Teufels umwandelte. Der Mann hieß Nazarius, stammte aus Italien und hatte dort die Kunst des Giftmischens erlernt. Zugleich war er Mönch oder hielt sich zumindest in der Nähe des päpstlichen Hofes auf.«
»Den Namen habe ich nie gehört«, sagte ich.
»Er muß echt sein, John, denn ich habe ihn tatsächlich mehrmals in den alten Unterlagen gefunden.«
»Wunderbar. Was hat dieser Mann also getan?«
»Er killte, um es einmal mit deinen Worten auszudrücken.«
»Im Auftrag der Inquisition?«
»So kann man es ausdrücken«, gab der Abbé zu. »Wir wissen ja nicht viel Persönliches über Nazarius. Auf seinem Gebiet muß er sehr bewandert gewesen sein. Man kann ihn durchaus als einen Massenmörder ansehen, denn durch sein Gift starben sehr viele Menschen. Man sollte es wirklich kaum für möglich halten, aber mehr als zwanzig Personen hat er sicherlich umgebracht. Als Mönch schaffte er es, sich einzuschleichen. Auch bei den sogenannten Sektierern und Abweichlern. Wahrscheinlich gab er sich sogar als solcher zu erkennen, sonst hätte er nicht diese Erfolg erzielen können. Es starben Männer und Frauen elendig unter seinem Giftgebräu, denn er hat hier in der Nähe von Paris wirklich aufgeräumt, das habe ich alten Unterlagen entnommen.«
»Dann war er vielleicht hoch angesehen«, meinte Suko.
»Das genau ist die Frage.«
»Wieso nicht? Man hätte ihm in der damaligen Zeit ein Denkmal hinstellen sollen, finde ich.«
Der Templer wiegte den Kopf. »Auch damals haben gewisse Obere schon dafür Sorge getragen, daß andere Menschen ihnen nicht zu mächtig und gefährlich werden konnten. Ihr wißt, was ich damit meine?«
Vor meiner Antwort lachte ich leise. »Natürlich. Wer viel weiß, wenn die Zeit noch nicht reif ist, der soll dieses Wissen am besten nicht weitergeben.«
»Kein Widerspruch, John.«
»Was hat die mächtige Inquisition unternommen?«
Der Abbé hob die Schultern. »Wenn ich das genau wüßte, dann wäre mir wohler«, antwortete er. »Aber ich habe keine Ahnung, was da geschehen ist.«
»Steht nichts in den Unterlagen?«
»Nichts Genaues. Um einen Stein zu zerstören, mußt du einen Hammer nehmen. So ähnlich wird es auch bei Nazarius gewesen sein. Er war der Stein, aber der von seinem Auftraggeber geschickte Hammer muß mächtiger gewesen sein.«
»Dann wurde er getötet und in das Verlies geworfen«, stellte Suko fest.
»So könnte man es sehen.«
»Man muß es aber nicht«, sagte ich. »Denn diesem Nazarius muß es irgendwie gelungen sein, den anderen, der ihn töten sollte, davon zu überzeugen, daß er ihm nicht den Kopf abschlug oder das Herz aus dem Körper hervorriß. Dann wäre er nicht zurückgekommen. Aber er ist da. Dafür muß es einen Grund geben.«
»Wenn wir den wissen,
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