1041 - Das Orakel
hältst. Im Grunde genommen habe ich niemals richtig mit der Bruderschaft zusammengearbeitet. Es ging mir nur um meine eigene Person."
Gu schaute ihn verächtlich an.
„Es geht niemals um einen „einzelnen, warum hast du das nicht begriffen? Wir hatten für das Wohl des Herzogtums zu sorgen, für seine Stabilität in jeder Beziehung trotz seiner schwindelerregenden Expansion. Zapelrow und ich haben uns immer daran gehalten."
„Vor allem du", gab Carnuum zu. „Ich habe dich immer unterschätzt, Gu, obwohl du dich doch als die stärkste Säule, des Triumvirats erwiesen hast."
Gu fragte verzweifelt: „Was können wir nur tun?"
„Ich weiß es nicht", gab Carnuum zurück. „Verbindungen nach draußen gibt es nicht mehr, und ich fürchte fast, daß wir die Gefangenen des Orakels sind, vielleicht sogar seine Geiseln."
Gu versuchte sich aufzurichten, er ächzte dabei vor Anstrengung. Fischer drückte ihn mit einem seiner tentakelähnlichen Spiralarme zurück.
„Du hast das Volk gegen das Orakel aufgebracht!" warf Gu dem zweiten Herzog zu.
„Habe ich damit nicht zum Ausdruck gebracht, was uns alle schon seit längerer Zeit insgeheim bedrückte?" rief der schlanke Krane. „Gib doch zu, daß du dich in Gedanken auch mit der Frage beschäftigt hast, warum Fremde den Dienst an einem Orakel verrichten, dessen Identität wir nicht einmal kennen. Und ist es nicht das Orakel, das uns in dieser Eile vorantreibt?"
„Ich weiß nicht", flüsterte Gu unsicher. „Das alles hört sich sehr blasphemisch an. Das Orakel kann uns vermutlich hören, zumindest die Orakeldiener hier im Vorraum."
Carnuum richtete sich auf und rief mit weithin hallender Stimme: „Wenn das Orakel wirklich so an den Kranen interessiert ist, wird es uns auch jetzt noch zur Seite stehen und versuchen, aus der Situation das Beste zu machen."
„Du hast recht, Herzog Carnuum!" erklang eine mechanische Stimme aus unsichtbaren Lautsprechern.
Carnuums Augen weiteten sich. Er kannte diese seelenlose Stimme, er hatte sie schließlich oft genug gehört.
„Herzog Gu, Herzog Carnuum", fuhr das Orakel fort. „Ich habe mit euch zu reden."
*
Die zuversichtliche Haltung, mit der Syskal anderen Kranen gegenübertrat, entsprach keineswegs ihrer wirklichen Stimmung. Sie war bedrückt und pessimistisch, aber sie zeigte es nicht - durfte es nicht zeigen.
Über Normalfunk stand sie mit der obersten Schiedsrichterin von Kran, der jungen Järva, in Verbindung.
„Ich bin gerade in Nordstadt angekommen", sagte Järva. „Vermutlich wird es hier eine Menge Arbeit für mich geben."
Syskal unterdrückte ein böses Lachen. Wie konnte die Kranin nur glauben, hier mit ein paar simplen Entscheidungen für Ordnung sorgen zu können? Vermutlich hatte Järva das Ausmaß der Katastrophe überhaupt noch nicht begriffen.
„Unsere alltäglichen Aufgaben können wir vorläufig getrost vergessen", meinte sie. „Es geht um Dinge, die ganz Kran, ja, das gesamte Herzogtum betreffen."
Wenn Järva durch dieses Verweis betroffen war, dann zeigte sie es nicht.
„Ich habe, kurz bevor du dich gemeldet hast, mit Kritor gesprochen", fuhr Syskal fort.
„Der oberste Baumeister ist bereit, nach Häskent zu gehen und dort zu versuchen, die Computeranlagen der Südstadt vom Orakel abzukoppeln."
„Das hört sich nach Revolution gegen das Orakel an!"
„Unsinn!" widersprach Syskal. „Wir brauchen diese Anlagen für unsere eigenen Zwecke, aber es ist zu befürchten, daß sie nun vom Orakel mißbraucht werden."
Järva schien sie nicht zu verstehen.
„Keine Angst, ich gehöre nicht zu den Verrückten oder gar zu den Angehörigen der Bruderschaft, die glauben, wir könnten von heute auf morgen auf das Orakel verzichten."
Chyrino, der sich noch immer im Wachraum aufhielt, unterbrach die Chefin der Schutzgarde.
„Wir bekommen Signale vom Spoodie-Schiff", meldete er. „Tomason wünscht dich zu sprechen."
Syskal war überrascht. Sie hatte nicht damit gerechnet, daß der Kommandant sich bei ihr melden würde.
„Warte einen Augenblick", bat sie die oberste Schiedsrichterin und begab sich an einen anderen Bildschirm. Ein grimmig blickender Tart der Schutzgarde machte ihr Platz.
Sie schaute in Tomasons ehrliches Gesicht.
„Ich wußte nicht, an wen ich mich wenden sollte", sagte der Raumfahrer. „Die Herzöge sind nicht mehr zu erreichen, und ich habe ein dringendes Anliegen."
Sofort erwachte in ihr das Mißtrauen der geborenen Kriminalistin.
„Worum geht es?"
„Wir
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