Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
… habe schon auf ihn gewartet.«
    »Tja, wenn das so ist«, sagte sie etwas pikiert und trat zur Seite, »Dann gehen Sie mal rein.«
    Ich betrat das Haus. Sah offene Zimmertüren und auch einen Mann, der im Sessel hockte und sich jetzt drehte, damit er mich sehen konnte. Ich betrat das Wohnzimmer und merkte, daß Ellen dicht hinter mir war. Das fiel auch Pinter auf, der etwas dagegen hatte und Ellen klarmachte, daß sie jetzt gehen könnte, wobei er sich noch für ihr Kommen bedankte. Die Frau ging, murrte dabei und war bestimmt sauer, weil ihre Neugierde nicht gestillt worden war.
    Pinter bot mir mit schwacher Stimme einen Platz an, den ich gern einnahm. Ich setzte mich in einen Kordsessel und schaute Douglas Pinter an. Fünfzig Jahre zählte er bestimmt noch nicht, doch er sah aus wie über Sechzig. Sein Gesicht mit der bleichen Haut war nur noch eine Maske. Das graue Haar hing ihm in die Stirn, in den Augen stand ein fiebriger Glanz, und die Lippen des breiten Mundes zuckten. Er schaute mich an und sah trotzdem ins Leere.
    »Wer sind Sie genau, Mr. Sinclair?«
    »Scotland Yard. Oberinspektor Sinclair.«
    »Dann hat der Bischof Wort gehalten.«
    »Ja, hat er.«
    »Danke, danke«, erwiderte Pinter matt. »Aber es ist leider zu spät, Mr. Sinclair.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das? Können Sie mir das genauer erklären?«
    »Ja. Meine Frau ist verschwunden. Es muß passiert sein, als ich beim Bischof war.«
    »Und jetzt wissen Sie nicht, wo Sie Ihre Frau suchen sollen. Ist das so?«
    »Nein, Mr. Sinclair, es ist anders. Ich weiß oder glaube zu wissen, wo sie sich aufhält.«
    »Wo denn?«
    Er schaute an mir vorbei, als er flüsterte: »Auf dem Friedhof. Ja, auf dem Friedhof. Da habe ich ein viertes Grab gesehen.« Übergangslos fing er an zu weinen.
    Ich ließ ihn weinen. Fragen gab es genug, die hatten Zeit. Der Weinkrampf schüttelte ihn. Es war nur zu verständlich, wenn jemand einen Menschen verliert, den er sehr geliebt hat.
    Irgendwann in den nächsten Minuten kam er wieder zu sich.
    Putzte die Nase, trocknete die Augen und entschuldigte sich.
    »Hören Sie auf, Mr. Pinter. Was Sie getan haben, ist völlig natürlich. Jedem von uns geht es so, wenn er einen geliebten Menschen verliert. Und Sie haben Ihre Frau in der letzten Nacht verloren.«
    Er nickte.
    »Durch wen?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wo haben Sie Ihre Frau gefunden? Auf dem Friedhof? Hat man dort ihre Leiche hingelegt?«
    »Nein und ja. Ich habe sie nicht als Tote gesehen, aber ich weiß, daß sie nicht mehr lebt.«
    »Was macht Sie denn so sicher?«
    »Das vierte Grab!« antwortete er spontan.
    »Ein richtiges Grab?«
    Er hob die Schultern. »Nein, nicht so wie Sie es kennen. Der Boden war ausgehoben worden. Jemand hat ein Grab geschaffen und meine Frau hineingelegt. Dann hat er das Grab wieder zugeschaufelt. Sie werden dort keinen Hügel auf dem Gras sehen, sondern nur einen braunen Fleck. Dort ist die Erde flach geschlagen worden.«
    »Und Sie sind sicher, daß dort Ihre Frau liegt?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Haben Sie nachgeschaut?«
    »Nein, habe ich nicht. Ich weiß es nur. Gestern waren es noch drei Gräber. Heute morgen sind es vier. Meine Frau ist in der Nacht nicht zu Hause gewesen. Er wird sie geholt haben. Es gibt für mich keine andere Möglichkeit.«
    »Mit diesem ER ist wohl die Erscheinung gemeint.«
    »Sie wissen davon?«
    »Zuwenig.«
    Pinter senkte den Kopf. Er suchte nach Worten, dann begann er zu erzählen. Seine Stimme war sehr leise. Ich mußte gut zuhören, um ihn verstehen zu können. Ich sah, wie er zitterte, weil er von seinen Gefühlen übermannt wurde.
    Nach dem Bericht ließ ich ihm etwas Zeit, bevor ich nachhakte.
    »Sie haben wirklich diesen Scharfrichter gesehen?«
    »Ja, nicht nur ich. In der Kirche. Auf seinem angestammten Platz, wo er früher hindurfte.«
    »Dann gab es also im letzten Jahrhundert hier in Mayne einen Scharfrichter?«
    »Genau. Er lebte hier. Er hat nicht hier unbedingt immer gerichtet. Nur einmal, glaube ich. Aber er hat hier sein Land gehabt, das ihm gegeben wurde. Wenig Land. Man hat ihm auch krankes Vieh zugeführt, das er schlachten konnte, um etwas zu essen zu haben.«
    Er hob die Schultern. »Aber er ist nicht tot. Ich habe seinen Geist oder sogar ihn gesehen, Sie müssen mir glauben.«
    »Nehmen wir mal an, daß alles stimmt. Welchen Grund sollte er gehabt haben, hier nach Mayne zurückzukehren? In welcher Gestalt auch immer.«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ich blieb hart. »Es

Weitere Kostenlose Bücher