107 - Turm der Menschenmonster

nie eine gewesen. Ich habe
den Menschen geholfen, aber das haben sie nicht begriffen. Ich schenkte ihnen
wieder Gesundheit, und sie haßten mich deswegen. Sie hetzten mich zu Tode. Da
habe ich geschworen - bei Luzifer! - mich zu r ä chen.
    Mein Fluch rief die Kräfte der Schwarzen
Magie wach. Von nun an war Edna O’Finnigan eine Hexe. Und sie überlebte ihren
Tod. Die aufgebrachten Dorfbewohner zerfleischten mich, aber dadurch schenkten
sie mir ein neues Leben.
    Helfen wollt ihr mir? Dazu ist es zu spät.
Wer mal die Pforte zur Hölle passiert hat, den kann man nicht mehr zurückholen.
Ihr Menschen, wie ihr heute seid, habt mich zu einer Verfluchten gemacht. Und
nun werde ich euch zu Verfluchten machen...“ Ein heiseres, bösartiges Lachen
kam aus Mary McDonalds Mund. Es war das Lachen der Hexe Edna O’Finnigan, zu der
sie Kontakt hatte.
    Mary McDonald stöhnte. Ein Zittern lief durch
ihren Körper, und sie schrie gequält auf.
    Dr. Russell war kalkweiß. „Nur noch zwanzig
Pulsschläge in der Minute!“ stieß er hervor. „Sie stirbt uns unter den Händen
weg, wenn wir nichts unternehmen. Rasch, Dr. Shillings, holen Sie
kreislaufstabilisierende Medikamente! Wir müssen sofort etwas für sie tun!“
    Mary McDonald befand sich in äußerster Erregung.
Aus ihren Poren traten Blutstropfen, und ihre Haut sprang an verschiedenen
Stellen auf, als würde sie unter den Schlägen einer Lederpeitsche aufplatzen.
    Mary McDonalds Zustand war bedenklich.
    Morna Ulbrandson kniete neben dem Bett und
hielt die eiskalten, zitternden Hände des Mediums umfaßt und massierte sie.
    „Missis McDonald!“ rief sie. „Kommen Sie
zurück! Es ist gut.“
    Ein Licht flackerte in den Augen der schmalen
Frau. Sie wehrte sich offensichtlich gegen den Kontakt mit dem Geist, konnte
ihn aber nicht abschütteln.
    „Ihr könnt mir nicht entkommen . . . wenn ich
wollte, könnte ich euch auf der Stelle töten ... ich kann in eure Körper
kriechen und eure Herzen stehlen . . . und ich werde es tun, sobald das andere
erfüllt ist. .. ihr werdet sterben, und doch nicht tot
sein, ihr werdet so sein wie ich . . . wie einst alles begonnen hat... ich
freue mich auf ein Wiedersehen mit euch... keiner wird mir entgehen, keiner!“
    Ein langgezogener, dumpfer Stöhn- laut schloß
die Worte ab. Mary McDonalds Kopf fiel auf die Seite. Sie befand sich in tiefer
Bewußtlosigkeit.
     
    ●
     
    Diese dauerte eine knappe Stunde. Dann gelang
es endlich, Mary McDonald wieder zurückzurufen.
    Ermattet schlug sie wieder die Augen auf und
lächelte schwach.
    Ihr Pulsschlag normalisierte sich schnell,
und ihre Körpertemperatur, die erschreckend abgesunken war, stieg.
    „Es ging alles sehr schnell“, sagte sie
leise. „Ich konnte Sie nicht mal mehr warnen. Der Kontakt war sehr hart und
sehr unangenehm.“ Auf ihrer Stirn entstand eine steile Falte. „Edna O’Finnigan
... das war doch ihr Name, nicht wahr?“
    Morna nickte. „Ja, Sie haben ihn mehrmals
genannt.“
    Mary McDonald schloß die Augen und dachte
scharf nach. „Was habe ich noch alle® gesagt?“ wollte sie wissen. Die Schwedin
sagte es ihr. Das Medium besaß keine Erinnerung mehr an die Ereignisse.
    Zwanzig Minuten später war sie so weit, daß
sie sich vom Bett erheben und mit Mornas Hilfe ein paar Schritte gehen konnte.
    Dieses plötzliche Fallen in den Trancezustand
schien ihre Körperkräfte ausgehöhlt zu haben.
    „Es kam plötzlich über mich... es kam
plötzlich zur Konfrontation“, murmelte sie. „Sie haben vieles erfahren, und
doch waren es nur Halbheiten. Da war noch mehr, ich weiß es genau
..
    „Sie haben nicht mehr genannt.“ „Warum haben
Sie keine Fragen gestellt, Miß Ulbrandson?“
    „Ich bin nicht dazu gekommen. Sie haben
selbst den Dialog mit dem Geist begonnen. Das erschien mir schon wesentlich
...“
    „Aber es war nicht genug.“ Mary McDonalds
Gesicht verfinsterte sich. „Sie hätten unbedingt fragen müssen. Wir hatten es
eingangs so abgesprochen!“
    „Ich habe es nicht mehr gewagt... nachdem Ihr
Zustand so kritisch wurde.“
    Die Frau nagte an ihrer Unterlippe. „Sie
wollten wissen, warum ausgerechnet Susan Malitt so in Mitleidenschaft gezogen
wurde ... diese Frage habe ich doch auch gestellt. . .
ich erinnere mich da dumpf an etwas ...“
    „Ich habe nichts gehört, Missis McDonald.“
    „Das Bett! Es hat mit dem Bett zu tun.“ Sie
drehte sieh so abrupt um, daß sie taumelte und ihr schwindlig wurde. Morna
verstärkte ihren Griff.
    Das Medium bückte sich,