1143 - Grabmal des Grauens
sie ihren Onkel mit dem Beil durch die Firma laufen und seine Verwandten töten. Ihren Vater hatte er ebenfalls erwischt, und jetzt war sie eigentlich die Chefin der Firma, obwohl auch ihr Bruder Fred mitmischte. Sie kamen gut miteinander zurecht. Es gab zwischen ihnen keinen Ärger. Jeder hatte sein Gebiet, und darüber war auch die noch lebende Mutter froh, die eine Wohnung im unteren Teil des Hauses besaß.
Marion war durch einen Seiteneingang in das Haus hineingegangen.
Den schwarzen Porsche hatte sie vor der Garage abgestellt und stieg nun die Holztreppe hoch.
Es war für sie ein langer Tag gewesen. Morgens in der Firma, am Nachmittag und bis in den frühen Abend hinein hatte sie Verhandlungen in London mit dem Besitzer einer Chip-Firma geführt. Sie waren noch nicht ins Geschäft gekommen, weil die Preisvorstellungen noch zu unterschiedlich waren. Da waren noch einige Verhandlungen nötig.
Sie war froh, in der Wohnung zu sein, schloss die Tür und ließ ihren schmalen Aktenkoffer einfach fallen. Marion wollte sich erst einmal duschen, danach einen Drink nehmen und irgendwann noch recht früh ins Bett gehen. Sie mochte es nicht, von einer schwammigen Dunkelheit umgeben zu sein. Deshalb schaltete sie in der geräumigen Wohnung das Licht ein, so daß es in jedem Zimmer strahlte.
Sie selbst ging in das Schlafzimmer, ließ das Rollo vor das Fenster gleiten und zog ihre graue Kostümjacke aus. Der Rock folgte, die Schuhe schleuderte sie weg, auch die Bluse lag bald auf dem Bett, BH, Slip und Strümpfe ebenfalls.
Wichtig war eine heiße Dusche. Gegessen hatte sie schon in London.
Sushi, was ja jetzt so in war. Viele Menschen schwörten darauf. Sie war keine große Freundin davon, aber der Geschäftspartner hatte sie eingeladen. Da hatte sie nicht ablehnen können.
Das Bad war so groß wie bei anderen Leuten das Wohnzimmer. Grüne Kacheln mit einem beigen und blassen Muster. Auch die Handtücher waren in den entsprechenden Farben gehalten. Auf ihren Geschmack bildete sie sich etwas ein.
Die Dusche war groß und begehbar. Marion war froh, sich endlich entspannen zu können. Von vier Seiten erwischten sie die Wasserstrahlen und massierten sie gleichzeitig durch.
Es war für sie immer ein wunderbares Erlebnis. Stets der Abschluss des Tages, den sie sich heute noch mit einem Drink verschönern wollte.
Die Frau hatte Durst auf einen trockenen Martini oder auch auf zwei davon.
Durch die harten Wasserstrahlen hatte sie das Gefühl, sich all den Stress vom Körper spülen zu können. Sie blieb recht lange in der Kabine, deren Wände mit Feuchtigkeit beschlagen waren, so dass sie nicht mehr nach draußen schauen konnte.
In der Dusche gab es eine gemauerte Sitzbank, auf der sie sich nicht niederließ. Sie stellte die Strahlen ab und presste mit beiden Händen ihr Haar zurück. Die letzten Tropfen rannen über ihr Gesicht und verliefen sich auch, so dass sie endlich normal die Augen öffnen konnte, auf die halbrunde, beschlagene Glaswand schaute - und plötzlich erstarrte.
Was sie sah, konnte sie nicht glauben.
Da war etwas!
Ein Schatten!
Diagonal zog er sich von einer Seite zur anderen. Er fing unter der Decke an und hörte unten auf. Dabei besaß er ungefähr die Dicke eines Männerarms, aber es war kein Arm, sondern ein bestimmter Gegenstand, der sich trotz der Feuchtigkeit recht scharf vom Untergrund abhob und praktisch auf den Tropfen schwamm.
Unsinn, das konnte nicht sein. Aber das Lachen blieb ihr im Hals stecken, als sie wieder nach unten schaute, um das Ende des Schattens zu sehen.
Das war kein Arm, das war ein Beil!
Das Blut schoss ihr schlagartig in den Kopf. Obwohl der Körper vom heißen Wasser noch warm war, spürte sie die klebrige Kälte, die durch ihre Knochen kroch. Ihre Augen spiegelten nackte Angst wider. Der Mund stand halb offen. Kein Schrei drang über ihre Lippen, selbst der Atem war ihr gestockt. Sie stand ganz still.
Aber im Kopf drehten sich die Gedanken, und die waren auf der einen Seite furchtbar. Gerade was eine Waffe wie das Beil anging, denn damit hatte ihr Onkel drei Morde in der Familie begangen. Seit diesem Zeitpunkt fürchtete sich Marion vor nichts so stark wie vor Beilen, und jetzt musste sie es sehen.
Es war nur ein Schatten, aber immerhin. Und sie sah es als ein verfluchtes Omen an.
Scharf stieß sie den Atem aus. Plötzlich begann sie zu zittern. Von der Schulter her rieselte die Gänsehaut bis hinab zu den Waden. Hinter ihrer Stirn pochte es. Sie drehte hektisch den
Weitere Kostenlose Bücher