116 - Dämonenfalle Amazonas
Mr. Silver.
Der Häuptling schickte ein paar Männer los, um ihn zu holen. Uns steckten sie solange in eine leere Hütte. Wir mußten uns auf den Boden setzen und wurden bewacht.
Unsere Brasilien-Expedition stand unter keinem guten Stern. Zuerst hatten wir diesen Ärger mit der Sumpfhexe Kogora gehabt, und nun sollte es uns hier im wahrsten Sinne des Wortes an den Kragen gehen.
Obwohl wir es diesmal nur mit Menschen zu tun hatten, schienen wir über diese Hürde nicht hinwegzukommen. Rian Goddard würde nie erfahren, daß ihn jemand gesucht hatte.
Er würde nicht wissen, daß Jubilee wieder da war, würde wohl den Rest seines Lebens im Urwald verbringen -ahnungslos. Und Ethel Goddard würde keinen Ehemann und Jubilee keinen Vater mehr haben.
Das alles bewirkten die Iaviros, wenn sie uns töteten, aber das war ihnen mit Sicherheit egal. Dem Häuptling war sein Sohn wichtiger. Verständlich. Aber es war dumm von ihm, anzunehmen, der Junge würde gesund werden, wenn unsere Schädel in Rauch aufgingen.
Der Junge würde krank bleiben -und der Häuptling würde annehmen, daß vier Köpfe nicht genug gewesen wären, um Bronda versöhnlich zu stimmen.
Aber was half das dann noch uns?
Ich wußte nicht, woran der Sohn des Häuptlings litt, nahm aber an, daß man ihm in der Urwaldstation »White Angel« hätte helfen können.
Doch das konnte ich diesen Heiden garantiert nicht einreden. Seiner Ansicht nach konnte nur Bronda helfen.
»Die Garimpeiros werden einen neuen Capo wählen müssen«, knurrte Dondo Narrine. »Ich nehme an, daß sie sich für Paco Bendoza entscheiden werden. Er ist ein Schaumschläger, aber er kann gut reden.«
»Noch besitzen Sie Ihren Kopf, Dondo«, sagte ich. »Also lassen Sie ihn nicht hängen.«
»Was nützt es, ihn aufrecht zu tragen? Ich werde ihn noch heute verlieren. Er wird im heiligen Feuer verbrennen. Oder denken Sie, daß wir noch eine Chance haben? Das wäre unrealistisch. Hier kommen wir nicht lebend weg. Es ist besser, wenn Sie den Tatsachen ins Auge sehen. Dann kann die Realität Sie nicht enttäuschen.«
»Ich habe noch nie die Flinte ins Korn geworfen«, sagte ich. »Wer weiß, vielleicht haben wir doch noch eine Chance.«
»Es müßte ein Wunder geschehen. Aber sind wir ein Wunder wert, Mr. Ballard?«
»Warum nicht?« gab ich zurück.
Die Zeit schleppte sich dahin. Es wurde Abend, und die Indios zündeten draußen das heilige Feuer an.
»Sie werden uns irgendwo verscharren«, sagte Dondo Narrine. »Ohne Kopf… Ich habe mir mein Ende anders vorgestellt. Wissen Sie, was ich mir immer gewünscht habe? In den Armen eines schönen Mädchens zu sterben, im Augenblick höchster Lust und Wonne… Welcher Tod kann schöner sein?« Ich versuchte die Lederriemen loszuwerden, ohne daß es die Männer, die uns bewachten, bemerkten. Es gelang mir nicht. Ich erreichte damit nur, daß meine Handgelenke schmerzten und dick anschwollen.
Mir fiel auf, daß auch Omene die Lederbänder zerreißen wollte. Manchmal verzerrte der kräftige Stumme das Gesicht, und Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.
Wenn ich schon keinen Erfolg hatte, sollte er wenigstens ihm beschieden sein, damit er die Wachen ausschalten und uns befreien konnte. Doch auch er schien sich vergeblich abzumühen.
Die Männer, die der Häuptling ausgesandt hatte, kehrten zurück - ohne Mr. Silver.
Der Häuptling war ärgerlich und enttäuscht. Er schien nicht sicher zu sein, ob drei Köpfe genügten, um Bronda zu versöhnen. Er fragte die Männer, ob sie auch gründlich genug gesucht hätten.
Dondo Narrine übersetzte wieder.
Die Iaviros nahmen an, daß den Ex-Dämon Raubtiere verschleppt und aufgefressen hatten.
Ich spürte, wie ich blaß wurde. Vielleicht hatte das Pfeilgift Mr. Silver nicht getötet, aber doch so weit kampfunfähig gemacht, daß er für Pumas und Jaguare eine willkommene Beute war.
Dann… gab es Mr. Silver jetzt nicht mehr!
Ich hatte vielleicht meinen besten Freund verloren - einen Mann, der in seiner Art einmalig war, der mir unzählige Male das Leben gerettet hatte.
Gefressen von Raubtieren.
Grauenvoll…
***
Ich glaube, mein Unterbewußtsein hatte bis zu diesem Augenblick mit Mr. Silvers Hilfe gerechnet. Er wird kommen und dich heraushauen, wie er es schon so oft getan hat, wenn du in der Klemme gesessen hast.
Aber diesmal würde er nicht mehr kommen. Die Hoffnung stürzte in mir zusammen wie ein Kartenhaus, und plötzlich war ich verdammt nahe daran, die Flinte ins Korn zu
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