116 - Dämonenfalle Amazonas
Krachen des Schusses hätte den gesamten laviro-Stamm hergelockt.
Ich hörte die Kopfjäger durch das Dickicht laufen. Manchmal brach ein Ast… Dann tappende Schritte… Oder das Schleifen von Blättern, an denen ein Körper vorbeistrich.
Ab und zu sah ich einen nackten, glänzenden Körper, der jedoch gleich wieder verschwand. Meine Rechnung ging auf. Plötzlich wußten die Indios nicht mehr, wo wir waren, denn wir verrieten uns mit keinem Geräusch.
Sie mußten uns suchen, und wenn wir Glück hatten, würden sie uns nicht finden. Ich hob ganz vorsichtig den Kopf. Mir kam es so vor, als würden die Indios abschwenken. Wenn sie diese Richtung beibehielten, würden sie jedenfalls nicht an »unserem« Baum vorbeikommen. Das konnte uns nur recht sein.
Die Kopfjäger schlängelten sich durch das Unterholz. Manchmal so lautlos, daß ich überhaupt nichts hörte. Hin und wieder verständigten sie sich mit Zischlauten. Und ich hatte dort oben auf dem Baum den schrecklichen Verdacht, jemand hätte die Zeit angehalten.
Sie wollte nicht vergehen, und die Iaviros wollten nicht verschwinden. Endlos lange trieben sie sich in unserer Nähe herum, die Nasen wie Jagdhunde auf dem Boden.
Aber es gelang ihnen nicht, unsere Witterung aufzunehmen. Allmählich entfernten sie sich. Ich hoffte, daß Dondo Narrine nicht jetzt schon aus der Versenkung hochkam, denn dafür war es noch etwas zu früh.
Der Capo schien meine Gedanken zu erraten. Er blieb in seinem Versteck, während die Iaviros sich immer weiter von uns entfernten. Bald war der letzte Indio verschwunden, und ich regte mich zum erstenmal wieder.
»Tony!« Das war der Capo. »He, Tony! Sind sie weg?«
»Ich glaube schon.«
Dondo kroch aus der Höhle. »Die haben wir elegant abgeschüttelt, was?«
»Seien Sie nicht zu arglos. Die Indios könnten zurückkommen.«
Ich richtete mich auf und schickte mich an, zu Dondo hinunterzuklettern, da fuhr mir plötzlich ein Eissplitter ins Herz.
Zurückkommen? Hätte ich zurückkommen gesagt? Einer dieser kopfgierigen Teufel brauchte nicht zurückzukommen. Er war noch da, hatte still auf der Lauer gelegen und geduldig gewartet, bis wir wieder von uns hören ließen. Er war noch cleverer als wir.
Und nun wies sein Blasrohr auf Dondo Narrine!
***
Ich rief dem Capo eine gepreßte Warnung zu, und ich kletterte nicht hinunter, sondern ließ mich fallen. Auch Dondo Narrine ließ sich fallen: wieder unter den Baum. Und ich fiel auf den Iaviro. Ich begrub ihn unter mir, schlug ihm das Blasrohr aus den Händen und den Colt an die Schläfe.
Er erschlaffte, und ich richtete mich schwer atmend auf. »Alles in Ordnung, Dondo?«
Der Capo zeigte sich. »Der Bursche hätte es beinahe geschafft«, sagte er heiser.
»Lassen Sie uns von hier verschwinden«, schlug ich vor. »Wenn er zu sich kommt, möchte ich von ihm ein paar Kilometer entfernt sein.« Ich hob das Blasrohr auf und zerbrach es über meinem Knie.
Dann sahen wir zu, daß wir fortkamen.
Glücklicherweise entdeckten die Indios unsere Spur nicht. Aber wir blieben weiterhin auf der Hut, denn ich hatte kein Verlangen nach einer weiteren Begegnung mit den Kopfjägern.
Irgendwann sagte Dondo Narrine: »Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, daß wir das Gebiet der Iaviros hinter uns haben.«
»Ich möchte trotzdem weitergehen«, sagte ich. »Ich fühle mich immer noch nicht sicher.«
Dondo wollte endlich wissen, wer die beiden Ungeheuer gewesen waren, die uns im allerletzten Moment beigestanden hatten.
»Das waren Dämonen«, erklärte ich dem Capo der Garimpeiros. »Schwarzblütler, Höllenstreiter… Man kann ihnen viele Namen geben. Der mit dem schillernden, transparenten Körper war Atax, die Seele des Teufels. Der andere, häßlichere von beiden nennt sich Phorkys und ist der Vater der Ungeheuer. Es gibt kein Monster, das er nicht schaffen kann.«
Dondo war sprachlos. Er schüttelte den Kopf. »Woher kennen Sie sie, Tony? Und wieso setzen sie sich für Sie ein?«
Ich erzählte ihm, welchen Job ich hatte. Dondo war fassungslos. »Wie kann man gegen solche Gegner kämpfen - und überleben?«
»Ich besitze gute Waffen, und ich habe starke Freunde…«
»Aber wenn Ihre Feinde sich einmal alle verbünden würden…«
»Dazu wird es wohl nie kommen. Sie sind sich zu uneinig. Gierig verfolgt jeder Dämon in erster Linie seine eigenen Ziele, deshalb werden sie wohl kaum einmal alle am selben Strang ziehen, und das ist die Chance, die wir haben. Nur wenn wir es verstehen, die
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