122 - Der Geisterwolf
musterte ihn mit einem verächtlichen Lächeln.
»Hast du Angst?«
Der Buchhändler nickte.
»So soll es sein«, brummte der Werwolfjäger. »Setz dich!«
Nimoy ließ sich in einen Sessel fallen. Seine mageren Finger krallten sich in die weiche Stoff lehne. Kleine Schweißtröpfchen glänzten auf seiner Stirn.
»Du hast gesehen, wozu ich imstande bin«, sagte Terence Pasquanell. »Es geschieht alles durch die Kraft meiner Augen. Ich kann dich mit einem einzigen Blick töten. Glaubst du mir das?«
»Ja«, antwortete Nimoy schnell. »Ja. Aber ich verstehe nicht… Was haben Sie gegen mich…?«
»Gegen dich nichts. Du bist für mich nur eine Figur in einem Spiel, das ich inszenieren werde. Ich bin nicht an dir interessiert, sondern an deinem Nachbarn.«
»An Bruce O’Hara? Aber wieso denn…?«
»Er ist ein Wolf, und ich bin der Jäger, der ihn töten will. Aber er ist nicht allein, deshalb brauche ich deine Hilfe. Höre genau zu, ich werde dir sagen, was du zu tun hast…«
***
Wir wollten zu dieser Mühle aufbrechen, von der Spencer Douglas gesprochen hatte. Bruce O’Hara sagte, er würde mitkommen.
Jack Wannamakers Unterstützung hatte ich abgelehnt. Wenn wir ihn mitgenommen hätten, hätten wir nicht nur auf uns, sondern auch auf ihn aufpassen müssen.
In O’Haras Fall lag die Sache anders. Ich hatte den weißen Wolf kämpfen sehen und wußte, daß er für uns eine echte Verstärkung war. Der weiße Wolf hatte das Wohnzimmer bereits verlassen, und soeben war Mr. Silver im Begriff, aus dem Kaum zu treten, als das Telefon anschlug.
Ich hätte das Läuten nicht beachtet, aber es hätte Tucker Peckinpah sein können, der noch eine wichtige Information für uns hatte, deshalb hob ich ab und meldete mich mit einem knappen: »Ja?«
Es war nicht Peckinpah.
Eine fremde, aufgeregte Stimme: »Hier ist Nimoy! Können sie sofort, herüberkomen, Mr. O’Hara! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Vorhin kam so ein bärtiger Mann mit schrecklichen Augen in mein Haus. Er wollte mir etwas antun. Er sagte, wenn ich nicht gehorche, bringt er mich auf der Stelle um. Es… cs muß sich um einen Geistesgestörten handeln. Es gelang mir, ihn die Kellertreppe hinunterzustoßen und die Tür abzuschließen. Aber nun bin ich ratlos. Ich bitte Sie helfen Sie mir!«
»Ich komme«, sagte ich, als wäre ich Bruce O’Hara und legte auf. Dann rief ich Mr. Silver und den weißen Wolf zurück. »Terence Pasquanell befindet sich bei einem Mann namens Nimoy.«
»Das ist mein Nachbar«, sagte O’Hara erschrocken und wies zu Nimoys. Haus hinüber. »Lionel Nimoy, ein liebenswerter alter Herr.«
»Nun, diesem liebenswerten alten Herrn gelang es, Terence Pasquanell die Kellertreppe hinunterzustoßen«, sagte ich schadenfroh. »Das hätte sich der Wolfsjäger wohl auch nicht träumen lassen. Aber er wird nicht lange im Keller bleiben. Komm, Silver, wir müssen uns um Pasquanell kümmern.«
»Und was mache ich?« fragte der weiße Wolf.
»Sie warten hier.«
Wir stürmten aus dem Haus, Nebenan ließ uns ein Mann mit Spitzbart und Lesebrille ein. Er zitterte, und in seinen Augen erkannte ich sehr viel Angst.
»Da! Da!« krächzte er und wies auf die Kellertür.
Mr. Silver drängte den alten Mann zur Seite. Lionel Nimoy klammerte sich an mich. Er sah aus, als wäre er einem Herzschlag nahe.
»Beruhigen Sie sich«, redete ich sanft auf ihn ein. »Sie haben nichts mehr zu befürchten.«
Jetzt erst schien ihm klarzuwerden, daß keiner von uns beiden sein Nachbar Bruce O’Hara war.
»Wer sind Sie?« fragte er perplex, »Mein Name ist Tony Ballard. Mein Freund heißt Mr. Silver. Wir sind hier, um Ihnen beizustehen.«
Lionel Nimoy ließ mich nicht los. Seine schlanken Finger krallten sich in meine Lammfelljacke. Ich ging mit ihm ins Wohnzimmer, während Mr. Silver den Schlüssel der Kellertür drehte.
Sobald ich den alten Mann einigermaßen beruhigt hatte, wollte ich meinem Freund in den Keller folgen.
»Setzen sie sich, Mr. Nimoy.« Ich entdeckte auf einem antiken Schränkchen mehrere Flaschen. »Möchten Sie etwas trinken - auf den Schreck?«
»Ja«, stöhnte der alte Mann.
Er setzte sich, und ich begab mich zu den Flaschen. Daß er sich gleich wieder erhob, sah ich nicht. Auch nicht, daß er einen alten Säbel von der Wand nahm.
Erst die schnelle Bewegung des Angriffs spiegelte sich in einer der Flaschen…
***
Bruce O’Hara ging ruhelos auf und ab. Vor jeder zweiten Wende warf er einen kurzen Blick in den großen
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