1300 - Die Templerin
Folterknecht? Traust du dich nicht? Willst du nicht zu mir kommen? Los, ich warte. Du kannst mich anfassen, wo immer du willst. Du kannst mich umarmen. Du hast mich bei deinem Verhör schon immer so gern angefasst. Mit den Händen lieber als mit den Folterwerkzeugen. Das alles ist passiert. Du erinnerst dich doch? Ich muss es nicht groß wiederholen…«
Lorenzo bewegte sich nicht. Es war nichts mehr möglich. Er fühlte sich nicht mehr als Mensch. Er war nur noch eine Hülle. Ohne Seele. Ohne einen Antrieb. Er kam nicht weiter. Seine Glieder waren wie mit Blei gefüllt. Er zuckte nicht mal.
»Willst du nicht, Folterknecht? Willst du nicht zu der Frau kommen, die du so gern angefasst hast…?«
Nein, nein! Nein, ich will nicht!
Es waren Schreie. Nur hörte sie niemand, denn sie gellten einzig und allein in seinem Kopf auf. Sie sorgten für seinen Widerstand, aber mehr war nicht vorhanden. Er brachte es nicht fertig, ihn umzusetzen und wirkte in der Gluthitze wie ein Eisblock.
»Ah, du willst und du kannst nicht, wie? Das hatte ich mir gedacht. Aber ich denke auch anders, mein Freund. Ich will dich, und ich lasse nicht von dir!«
»Was… was …?«
»Ja, ich lasse nicht von dir. Was ich mir einmal vorgenommen habe, das ziehe ich durch.«
Es waren die letzten und für Lorenzo entscheidenden Worte. Er bemerkte kaum, dass sich Konstanza bewegte. Ihr rechtes Bein schleifte durch die glühenden Kohlen, als sie einen Schritt nach vorn ging und den Rand des Beckens erreichte.
Sie packte zu!
Lorenzo war starr. Er schaffte es nicht einmal, zurückzuzucken.
Steif wie ein Stück Eis musste er mit ansehen, wie die Hand der Frau sich seinem Hals immer mehr näherte und dann zugriff.
Als Klaue legte sie sich darum und drückte eiskalt zu. Der Griff war nicht zu lösen.
Im nächsten Augenblick zerrte Konstanza den Mann nach vorn.
Jetzt erst verließ ein Laut seinen Mund. Ein Röcheln, mehr war es nicht. Grauenvoll und in der Stille für alle hörbar.
Konstanza holte ihren Folterknecht. Sie zerrte ihn zu sich heran und damit auf das Becken zu.
Lorenzo hatte sich immer auf das Feuer verlassen und auf die von ihm heiß gemachten Gegenstände. Nur hatte er immer Handschuhe getragen und die Hitze nicht gespürt.
Das wurde nun anders.
Jetzt erlebte er die Qualen, und er spürte, wie die heiße Woge näher und näher kam. Sie war nicht zu stoppen, denn Konstanza dachte nicht daran, ihn loszulassen und wieder zurück in die Normalität zu stoßen. Sie zerrte ihn näher. Sie hatte ihr Gesicht zu einem faunischen Grinsen verzogen, und in ihren Augen lag eine wilde Freude.
Lorenzo schrie. Das heißt, er versuchte es, doch die Kehle war einfach zu eng geworden. So dünn wie ein Schlauch dort, wo die Hand sie zusammenpresste.
Und dann die Hitze!
Sie war unbeschreiblich. Die kleinen Flammen zuckten plötzlich in die Höhe. Sie waren so gierig, als hätten sie schon seit langer Zeit auf neue Nahrung gewartet.
Er schrie, er brüllte. Er glaubte es zumindest, doch auch jetzt sperrte der Griff seine Kehle zu.
Und das Feuer kannte keine Gnade. Es war so brutal. Es fraß sich auf ihn zu.
Die entsetzten und völlig stummen Zuschauer erlebten, wie sich das Feuer mit seinen länger gewordenen Flammenarmen streckte und an dem Körper immer höher stieg.
Seine Kleidung brannte. Rauch sonderte sich ab. Stinkend zog er gegen sein Gesicht. Er und die mörderische Hitze nahmen ihm den Atem. Er wusste nicht mehr ob er sich noch als Mensch fühlte oder bereits als Toter.
Aber Tote spüren keine Schmerzen. Und er bekam sie voll mit.
Innerhalb kurzer Zeit war er von einem Vorhang aus Flammen umgeben, die nicht stoppten und sich an seinem Körper hochfraßen.
Seine Kleidung brannte lichterloh, denn jetzt endlich bekamen die Flammen Gelegenheit, sich um den Folterknecht selbst zu kümmern.
Sie gaben ihm das zurück, was er so vielen anderen Menschen angetan hatte.
Es gab seinen Körper noch. Aber es gab ihn nur noch mit Schmerzen. Er hielt die Augen weit offen und sah dicht davor die Flammen tanzen. Die Hitze verschlang ihn. Das Feuer fand überall seine Nahrung. Die Haut weichte auf. Sie quetschte sich zusammen, und sie bekam allmählich eine andere Farbe.
Grau…
Die Haut wurde zu einer Pelle, und Konstanza hielt ihre Beute eisern fest.
»Er ist stärker!«, schrie sie. »Er ist der Stärkste! Auf ihn setze ich mein Vertrauen, denn er ist Baphomet…«
Den Namen zog sie in die Länge. Als Echo hallte er über den Vorplatz hinweg,
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