1332 - Die Höhlen der Ewigkeit
Ich weiß, daß du eine heiße Waffe an deinem Leib trägst. Es ist gut, daß du sie hast, denn du wirst sie bestimmt noch brauchen. Du wirfst mir tausend Fragen in die Blüte? Ich gebe dir nur eine Antwort. Was du in der obersten Etage des Labyrinths entdecken wirst, hat kaum etwas mit der Durchführung des Spieles des Lebens zu tun. Und auch kaum etwas mit meinem Tod."
Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Meine Gefühle spielten verrückt. An die Innere Ruhe konnte ich mich jetzt nicht klammern. Meine Worte waren vielleicht sehr dumm, aber sie kamen automatisch aus der inneren Gefühlswelt eines Eremiten: „Aldrui? Ist das der Name deines männlichen Partners? Aldrui-Hua-Kera-Zatara?"
„Ich habe nie einen männlichen Partner gehabt." Sie lachte laut. „Meine Kinder und ich, und Aldruizantaro, wir sind anders. Und nun geh, Alter. Sieh nach, was dort oben passiert ist. Ich kann es nämlich nicht erfassen. Du hast noch genügend Zeit, aber das ist kein Grund, sich in Sinnlosigkeiten zu verzetteln. Hast du mich verstanden?"
„Ich gehe, kleine Hexe." Meine Worte klangen freundlicher als ihr Inhalt. „Und wenn ich wieder hier bin, werde ich dir etwas erzählen! Und dann werde ich dich verspeisen!"
Sie lachte wieder. „Ich weiß, daß ich einen anderen Tod erleben darf, einen Tod, der mein Leben abrundet, einen Tod, der mir ein tieferes Glück bringt, als du es jetzt verstehen kannst. Vielleicht wirst du einen Hauch der Wahrheit erahnen, wenn du erfährst, was ich dir verschwiegen habe.
Der Name Ronald Tekener wird sich unauslöschbar in deinem Bewußtsein einnisten. Der ahnungslose Eremit von Ijarkor wird dann die Zusammenhänge erkennen. Und die Wahrheit des Geschehens. Er wird sich fragen, was Kera-Hua-Zatara eigentlich wollte. Ob er es erfährt, steht auf einem anderen Blatt des kosmischen Lebens geschrieben. Und dieses Blatt ist leer."
Ich antwortete nichts und nahm den Beutel mit meinen simplen Werkzeugen und machte mich auf den Weg in die oberen Regionen der Höhlen der Ewigkeit. Elf hohe Etagen mit urvzähligen Höhlen, Schluchten und Korridoren warteten auf meinen alten Chitinpanzer und die morschen Muskelstränge meines ausgelaugten Leibes.
Dennoch begleitete mich ein gewisser Frohsinn.
Auch die Innere Ruhe erwachte wieder in mir. Sie riet mir, alles für die Rettung Kera-Hua-Zataras zu tun
5.
Der Aufstieg fiel mir ungewöhnlich leicht. Es war, als ob neue Kräfte in meinen alten Körper flössen, die mich zu Leistungen befähigten, an die ich seit vielen Tagen nicht mehr gedacht hatte. Ich gewann ein neues Gefühl der Zufriedenheit, das von einer Portion Neugier begleitet war. Unter anderen Umständen hätte ich mich einen kompletten Idioten gescholten, aber jetzt war vieles anders.
Ich vertraute Kera-Hua-Zataras Worten fast ganz. Nur an ihren Tod konnte ich nicht glauben. Die Innere Ruhe besaß große Kräfte, die ich selbst nicht einmal alle kannte. Ich würde die noch unbekannten Kräfte entdecken und sie damit am Leben erhalten.
In der achten Etage entdeckte ich einen Koloß. Er bestand aus einer gewaltigen Maschine und einer unheimlichen Ausstrahlung. Diese monströse Konstruktion gehörte ganz sicher zum Endspiel des Spieles des Lebens. Sie ruhte noch.
Ich spuckte wütend meine Körpersäure auf ihre stählerne Frontwand, ohne damit eine Reaktion zu bewirken. Mir kam es allein darauf an, diesem technischen Eindringling in meinen persönlichen Bereich zu zeigen, daß er hier wirklich nicht willkommen war.
Die letzten drei Stockwerke der Höhlen der Ewigkeit überwand ich mit der gleichen Neugier, der gleichen Geschwindigkeit und der gleichen Gelassenheit, aber auch der gleichen inneren Erregung, die mich seit dem Verlassen der sprechenden Pflanze Kera-Hua-Zatara begleitet hatten.
Die Räume der obersten Etage der Höhlen der Ewigkeit waren sehr hell. Meine Facettenaugen hatten sich durch das Dasein im Labyrinth des Mondes Ijarkor an das Halbdunkel gewöhnt. Nun benötigte ich eine gewisse Zeitspanne, um die Sehorgane auf diese Helligkeit umzustellen und anzupassen. Die Innere Ruhe half mir auch jetzt mit ihrer seltenen Kraft.
Auf der obersten Etage mußte ich mich zunächst orientieren, denn viele Tage waren seit meinem letzten Hiersein verstrichen. In einer Nebenhöhle des zentralen Bereichs hatte ich vor langer Zeit den Samen der großen Lichtblätter ausgestreut, um mir Nahrungsvorräte anzulegen. Mein Geist war ein wenig verwirrt, aber ich fand den Zugang dennoch sehr
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