1341 - Die Wiege des Kretins
Godwin de Salier nicht mehr rechtzeitig genug in die Höhe bekommen. Er konnte nur noch den Kopf zur Seite drehen, so wurde er nicht voll erwischt.
Aber die verdammten Klauen schabten an seiner linken Kopfseite entlang und rissen dort die Haut in Fetzen. Den schrillen Schmerz bekam Godwin mit, als er nach hinten taumelte. Es war keine Wand hinter seinem Rücken, die ihn aufgehalten hätte, und so torkelte er mit zuckenden Beinbewegungen tiefer in das Verlies hinein, bis das eintraf, was er befürchtet hatte.
Er stolperte und verlor die Übersicht. Den Sturz merkte er kaum, nur den Aufprall, der seinen Hinterkopf erwischte und dafür sorgte, dass unzählige Sterne vor seinen Augen auffunkten. Er war wehrlos geworden. Er bewegte sich nicht mehr, aber er war nicht bewusstlos, nur angeschlagen.
Godwin spürte, dass sich jemand in seiner unmittelbaren Nähe aufhielt. Es konnte nur das verdammte Wesen sein, das um ihn herumtänzelte und ihn das eine oder andere Mal flüchtig berührte.
Dann sprang es auf seinen Bauch!
Zuerst glaubte der Templer, jemand hätte ihm einen Stein auf den Körper geworfen.
Aber Steine sind tote Gegenstände, und der hier auf seinem Körper bewegte sich.
Godwin war in der Lage, den Weg genau zu verfolgen. Er wunderte sich darüber, wie schwer das Wesen war, aber das war nicht alles. Es blieb nicht still liegen wie eine Katze auf dem Bauch des Herrchens oder Frauchens. Es wand seinen Körper nach oben.
Krallenfüße bewegten sich breitbeinig. Godwin hörte ein scharfes Zischen und böses Lachen.
Wehren konnte sich der Templer nicht. Er musste auf dem Rücken liegen bleiben und spürte die verdammten Krallenfüße bereits auf seiner Brust.
Der Kretin ging noch höher.
Godwin hob den Kopf mit viel Mühe etwas an – und starrte jetzt auf die Gestalt.
Es war kaum zu fassen. Es war so schrecklich, denn der Kretin hatte zum ersten Mal sein Maul richtig geöffnet und präsentierte Zähne, die wie Messer aussahen.
Der Templer war zu schlaff und zu schwach, um sich wehren zu können. Aber seine Gedanken und Vorstellungen waren nicht ausgeschaltet. Er brauchte nicht groß zu raten, wo er am schnellsten zu verwunden und auch zu töten war.
An der Kehle!
Und genau die hatte sich das Wesen ausgesucht, um sie mit seinem mächtigen Gebiss zu zerbeißen…
***
War das noch ein Krankenhaus?
So richtig daran glauben konnte ich nicht, nachdem wir die normale Oberwelt hinter uns gelassen hatten. Hier unten war es zwar nicht schmutzig, es wirkte aber so, weil man die Wände der Gänge grau angestrichen hatte.
Dr. Muhani erwies sich als guter Führer, der uns erklärte, was hinter den Türen lag, sofern er es wusste.
Nichts davon war unnormal. Nichts wies auf geheimnisvolle Verstecke hin, und hier unten versteckten sich auch keine Feinde, die uns angriffen.
»Haben Sie das gemeint, Doktor, als sie von dem Keller sprachen?«, erkundigte sich Suko.
»Nein, diesen Teil meinte ich nicht. Er gehört ja zu dem neuen Teil des Krankenhauses.«
Unsere Stimmen klangen hier unten verändert. Wenn wir sprachen, klangen sie laut, auch leicht hallend, aber zugleich etwas dumpf, als wären sie mitten im Satz von etwas anderem verschluckt worden.
»Und wo ist der andere?«
»Nicht weit, kommen Sie mit.«
Suko folgte dem Arzt. Ich ging als Letzter und konnte nicht sagen, dass ich mich in meiner Lage sehr wohlfühlte. Gut, es war keine Gefahr zu sehen, aber hier unten, wo sich das Licht mehr wie ein Schleier gab, obwohl es aus Leuchtstoffröhren stammte, schienen sich die Gesetze unserer Welt in Auflösung zu befinden.
Im alten Teil des Kellers liefen noch Rohre an den Wänden entlang. Sie berührten fast die Decke, so hoch waren sie angebracht worden. Sie sahen alt und verwittert aus. Hier unten hätte in der nächsten Zeit unbedingt renoviert werden müssen.
Auch der Arzt fühlte sich nicht eben wohl. Wir sahen es an seinen Blicken und an den unruhigen Bewegungen seines Kopfes. Er schaute in einen Seitengang hinein, in dem es nur düster und leer war.
»Dort hinein?«, fragte Suko.
»Ja.«
Eine Tür stoppte uns. Sie war nicht abgeschlossen, denn niemand hatte etwas zu verbergen. In diesem Trakt hatte sowieso niemand etwas zu suchen.
Dr. Muhani fragte uns nach Taschenlampen. Als wir gemeinsam nickten, zog er die Tür auf. Er ließ uns noch nicht vorbei. Erst als die Strahlen zweier Lampen über eine alte Steintreppe hinwegflossen, konnten wir ihn passieren.
Am Ende der Treppe schien es nicht mehr
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