1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber
glücklich…
***
Maxine Wells hatte den Range Rover in die Garage gefahren.
Ich nahm meine Tasche, stieg aus dem Wagen und verließ die Garage vor der Tierärztin.
Es war richtig dunkel geworden. Aber ich sah auch den runden Mond am Himmel, der wirkte wie ein Bullauge aus gelblichem Eis.
Lichter schimmerten in der Nacht. Selbst die kamen mir kalt vor.
Das Haus der Tierärztin stand zwar nicht einsam, aber sie wohnte auch nicht in einer kompakt bebauten Umgebung. Wer hier sein Haus hatte, der hatte zugleich ein großes Grundstück dazugekauft, und das war bei Maxine Wells ebenfalls der Fall.
Sie brauchte es auch, denn dem Haus angeschlossen und angebaut war ihre Praxis. Dort gab es auch die Ställe, in denen oft kranke Tiere untergebracht waren.
Das Grundstück vor dem Haus war flach. Auch dort hatte der Frost seine Spuren hinterlassen und jeden Grashalm überzogen.
Das Außenlicht brach sich in zahlreichen Eiskristallen, die aussahen wie Diamanten.
Ich hörte, wie die Garagentür zufiel. Dann näherten sich mir die Schritte der Tierärztin.
Sie nickte mir zu. »So, willkommen zu Hause, John.«
Ich musste lachen und nickte dazu. »Irgendwie stimmt das schon. Dundee ist beinahe ein zweites Zuhause für mich.«
»Und dadurch hat sich mein Leben auch verändert«, erklärte Maxine. »Nicht, dass ich meinem Beruf nicht mehr nachgehen würde, aber seit dem ersten Fall passierte immer mehr an ungewöhnlichen Vorfällen, für die kein normaler Mensch eine Erklärung geben kann.«
»Dann hältst du mich für unnormal?« Sie tippte mir gegen die Brust. »Auf eine gewisse Art und Weise bist du das schon.«
»Danke, ich habe verstanden.«
»Dann lass uns reingehen.«
Sie schloss auf und betrat das Haus. Carlotta war da, und sie hatte auch das Licht im Flur brennen lassen.
Es war sehr still im Haus. Eigentlich nicht ungewöhnlich, aber Carlotta war schließlich da und hätte uns hören müssen. Es kam aber keine Reaktion.
Als wir beide unsere Jacken abgelegt hatten und meine Reisetasche in einer Ecke stand, sprach ich Maxine an.
»Ich will ja nichts schwarz malen, doch es wundert mich schon, dass wir von Carlotta nichts hören.«
»Stimmt.«
»Mehr sagst du nicht?«
Sie winkte ab. »Hör auf, daran denke ich schon seitdem wir das Haus betreten haben.« Maxine ging einige Schritte vor und rief mit lauter Stimme den Namen ihrer Ziehtochter.
»Carlotta! Bitte, Carlotta, wo bist du? Kannst du dich nicht mal eben melden?«
Es blieb still, und das beunruhigte mich.
»Sie hält sich bestimmt in ihrem Zimmer auf, John. Da kann sie eingeschlafen sein.«
»Okay, schauen wir nach.«
Ich stand noch immer hinter Maxine und überholte sie auch auf dem Weg zum Ziel nicht. Sie hatte es plötzlich eilig. Ich sah die halb geöffnete Tür schon, bevor sie von Maxine ganz aufgestoßen wurde.
Eine Sekunde später hörte ich einen Schrei, der nur aus purer Verzweifelung geboren werden konnte…
***
Die Kälte hielt den Wald umklammert wie ein eisiges Geflecht.
Nichts war zu hören in der Stille des Abends. Nur hin und wieder ein Knacken, wenn der starke Frost es geschafft hatte, Äste zu brechen, die durch die Kälte schwach geworden waren.
Das Gebiet erlebte eine winterliche Leichenstarre. Jedes Lebewesen, das sich innerhalb des Waldes befand, hatte sich zurückgezogen und hoffte, die Kälte zu überstehen, was nur den gesunden Tieren gelang, wodurch es in kalten Wintern stets zu einer natürlichen Auslese kam.
Doch es gab eine Bewegung im Eiswald.
Sie war nur nicht so schnell zu erkennen. Jemand musste schon genau Bescheid wissen und sehr gut hinschauen, um diese Bewegung überhaupt wahrzunehmen.
Sie war fließend, und sie war darauf bedacht, eine Strecke zu finden, auf der nicht so viele Hindernisse lagen.
Dunkel war der Wald. Gelblich weiß schimmerte das Auge des Mondes, der sein kaltes Licht verteilte. Es tupfte gegen das Geäst der Bäume und sorgte für eine fahle Helligkeit, in der sich niemand wohl fühlen konnte. Die Bewegung blieb. Sie war sehr gleichmäßig, und wer sich auf sie konzentrierte, der hätte zwischen den Bäumen eine grauweiße Gestalt erkannt, die wie ein Eisgespenst wirkte.
Es war Lilian, die zu dieser Zeit den Wald durchquerte. Auch jetzt trug sie nur ihr schlichtes, langes weißes Kleid. Dabei ging sie so vorsichtig, dass sich der Stoff nicht im Unterholz verfing. Sie war wieder unterwegs, und hielt in ihren Händen eine Lilie…
***
Noch nie zuvor hatte ich Maxine Wells so
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