136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies
... Immer wieder stellte ihn der Unsichtbare vor neue Überraschungen.
„Ist das ein Wunder?“, knurrte der Afrikaner.
„Du versetzt mich irgendwo an einen gottverlassenen Punkt. Ich weiß nicht mal,
wo ich bin.“
„Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich
mitten in der Stadt abgesetzt, damit dich die Bullen wie auf einem silbernen
Tablett serviert bekommen hätten?“ Chopper geiferte. Unheimliche Laute drangen
aus dem einfachen Goldring.
„Nein, das ist es nicht allein.“
„Was ist es dann?“, hakte der Geist nach.
„Es ist - deine Nähe ... Ich merke, dass ich
nicht allein bin.“
„In der Zelle warst du’s doch. Da warst du
auch nicht zufrieden. Ich kann gehen, wenn du willst..."
„Nein, bleib!“, stieß Botumba hervor und
verzog im gleichen Moment schmerzhaft das Gesicht. „So war es nicht gemeint.
Ich will dich in meiner Nähe haben. Aber nicht in mir, verstehst du?“
„Bereite ich dir Schmerzen?“
„Ja, ein wenig ... Ich habe das Gefühl, du
nimmst mir etwas von meiner Lebenskraft weg.“
„Dafür kriegst du auch ne ganze Menge
zurück!“
„Bis jetzt habe ich noch nichts davon
gesehen. Du redest dauernd nur davon.“
„Warte ab. Gleich ist es soweit“, knarrte
Chopper verärgert. „Wenn du dich weiter beschwerst lass ich dich hier hocken,
dann kannst du sehen, wie du weiterkommst."
Botumbas Unruhe wuchs. Das wollte er nun auch
wieder nicht. Er war völlig durcheinander und wusste überhaupt nicht mehr, was
richtig und was falsch war. Er wandte sich nach rechts und geriet hinter einen
Erdhügel, der etwa sechzig Meter vor ihm aufragte. Dahinter führte ein Pfad in
eine Art Aussparung, die aussah, als wäre hier vor kurzem eine riesige
Baggerraupe tätig gewesen und hätte einen Teil des vor vielen Jahrzehnten
aufgeschütteten Hügels abgetragen Nur wenige Schritte von sich entfernt
entdeckte Botumba einen alten Wohnwagen, der aussah, als würde er beim nächsten
Windstoß auseinanderfallen. Dennoch kam es ihm so vor, als wäre der Wagen
bewohnt. Wie er auf diesen Gedanken kam, wusste er nicht. Äußerlich jedenfalls
wies kein besonderes Merkmal daraufhin, wenn man von den beiden Plastikeimern
zwischen den Vorderrädern und einer alten Stall-Laterne absah, die an einem
Haken neben der Tür hing. Über die Petroleumlampe war ein leicht geneigtes
Stück geriffelter Plastik genagelt, um die Leuchte vor Regen zu schützen.
„Du siehst, ich bin nicht der Einzige, der
das Versteck kennt“, knarrte Choppers Stimme erneut. „Da tauchen schon andere
auf. Es gibt Gerüchte, die man hinter vorgehaltener Hand weitergibt.
„Du hast mir versprochen, dass alles mir
gehört!“ Botumba stand in der Dunkelheit mit weit aufgerissenen Augen da, so
dass seine weißen Augäpfel leuchteten. „Warum lässt du es zu, dass andere hier aufkreuzen?
Du bist ein Geist, du hast Macht. Dann zeige sie!“
Die Worte schwangen noch durch die Luft, da
zeigte Chopper erneut, wozu er imstande war und dass seine magische Kraft
zugenommen hatte. Die vergammelte Laterne von dem nicht minder vergammelten
Wohnwagen - pendelte plötzlich in Botumbas Hand. Der Taxifahrer wollte den
Gegenstand mit einem Aufschrei loslassen, aber der raue, angerostete
Metallbügel klebte an seiner Haut wie angewachsen.
Chopper kicherte. „Versteh nicht, weshalb du
die loshaben willst, Botumba. Dort, wo ich Dich hinschicke, ist es verdammt
finster. Da wirst du schon Licht brauchen ...“ Wie durch Zauberhand wurde der
Docht entzündet und Botumba stand inmitten eines matten Lichthofes. Als er sich
umdrehen wollte, um einen Blick zu dem Wohnwagen zurückzuwerfen, von wo der
Unsichtbare die Lampe geholt hatte, sah er diesen nicht mehr. Botumba befand
sich inmitten einer Höhle, der nächtliche Himmel war verschwunden, und
ebenfalls verschwunden war der auffrischende Wind mit dem salzigen Geschmack.
Völlige Windstille und muffige, sauerstoffarme Luft umgab ihn, in der das Atmen
zur Qual wurde. Botumba stand geduckt. Über seinem Kopf und an den Seiten der
Wände, die ihn umgaben, stützten dicke Balken festgestampfte Erde ab. Der
Hohlraum war niedrig. Botumba wurde klar, dass er sich inmitten einer
stillgelegten Mine befand, vielleicht ganz und gar im Bauch jenes riesigen
Hügels, den er vor wenigen Minuten noch umrundet hatte. Chopper hatte ihn auf
die gleiche gespenstische Weise hineinversetzt, wie er ihn durch die Wände des
Gefängnisses brachte.
„Hier also ist es!“ Botumbas Stimme klang
heiser. Ihn wunderte schon
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