1365 - Belials Lügenwelt
mochte, das reine Paradies auf Erden war sie nicht. Und deshalb dachte ich auch über diesen Vorgang nicht eben freudig nach.
Den Weg zur Tür legte ich schneller zurück. Diesmal zerrte ich die Tür heftig auf, trat noch einen Schritt nach vorn und blieb dann stehen, um mir einen ersten Überblick zu gönnen.
Ich hatte bereits mit einer Veränderung rechnen müssen, doch als ich nun freien Blick bekam und mich auch keine leicht angeschmutzte Scheibe störte, da bekam ich doch große Augen.
Es war kein Schatten, der auf dieses Gebiet fiel, denn der Himmel zeigte keine Wolke. Wie ein blasses Gemälde aus Grau und Blau lag er über mir.
Trotzdem war der Erdboden dunkler geworden!
Einige Sekunden lang dachte ich darüber nach. Ich wollte herausfinden, warum dies geschehen war und konzentrierte mich ganz auf den Untergrund.
Ja, das stimmte tatsächlich, aber gleichzeitig nicht. Es war ein Phänomen, denn es lag einzig und allein am Gras.
Vor meinem Eintreten hatte ich es als einen weichen und wunderbar grünen Teppich erlebt.
Nun nicht, denn das Gras war innerhalb kürzester Zeit verfault und zu einer braunen Masse geworden…
***
Manchmal können Bilder oder Szenen, die nicht mit Gewalt zu tun haben, auch schockierend sein.
Das war auch hier der Fall. Im übertragenen Sinne war mir so, als hätte ich einen Tritt in den Magen bekommen. Dieser Anblick raubte mir tatsächlich im ersten Moment den Atem, denn mit einem derartigen Phänomen hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet.
Ich sah, dass etwas passiert war, aber ich wusste nicht, aus welchem Grund. Der Rasen war innerhalb kürzester Zeit verfault. Jetzt nahm ich auch diesen anderen Geruch wahr, der vom Erdboden her gegen meine Nase strömte.
Es roch nach Fäulnis. Ein Gestank der Vergänglichkeit. Das Sterben der Natur. Herbst, Winter…
Das alles wäre normal gewesen, wenn es sich an die Jahreszeiten gehalten hätte.
Das war jedoch nicht der Fall. Hier gab es keine Jahreszeiten. Hier herrschte der ewige Frühling. Hier gab es den Traum der Menschen, der sich erfüllt hatte.
Jetzt nicht mehr.
Etwas Kaltes kroch über meinen Rücken hinweg. Wie Schnecken, die mir jemand in den Kragen gesteckt hatte. Der Boden dampfte nicht, es kam mir nur so vor.
Auf mir lag das bedrückende Gefühl, als lägen Steine mit ihrem gesamten Gewicht auf meinem Körper. Ich fühlte mich wie jemand, dem der Boden unter den Füßen weggezerrt worden war, der zwischen Albtraum und Realität pendelte.
Wie war das möglich? Ausgerechnet in dieser Welt, die ich als so beispielhaft erlebt hatte?
Ich hatte keine Antwort auf diese Frage, aber sie beschäftigte mich, und ich merkte, dass meine Gedanken abwanderten und sich dann an einem Punkt festhakten.
Belial!
Vom Engel der Lügen war alles ausgegangen. Er trieb ein hinterlistiges, verlogenes und trügerisches Spiel. Menschen waren für ihn Marionetten, das hatten selbst Suko und ich erlebt, wobei ich nicht mal wusste, wo sich mein Freund und Kollege befand.
Belials Lügenwelt!
Das war die Lösung. Er hatte hier eine Welt aufgebaut, die es nicht gab und die trotzdem existierte. Es war furchtbar. Eine Scheinwelt, die mir nicht neu war.
Allerdings gab es eine Novität. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es Belial schaffte, in diese Welt einzudringen. Gegen Menschen war sie gesichert, aber gegen Engel?
Engel sind keine Menschen. Dafür sind Engel dazu in der Lage, bestimmte Wege zu gehen und Dimensionen zu überbrücken.
Genau das musste hier der Fall gewesen sein.
Er war in das Gebiet der Flammenden Steine eingebrochen und hatte sie in seinem Sinne manipuliert. Und er war dabei nicht auf Gegenwehr gestoßen, weil er sich einen günstigen Zeitpunkt ausgesucht hatte, als Myxin und Kara nicht da gewesen waren.
Und jetzt faulte ein Teil dieser Welt vor sich hin.
Ich begriff es nicht. Ich wollte es auch nicht begreifen, und in mir breitete sich allmählich eine andere Vermutung aus. Was war, wenn diese Welt auf einer Täuschung basierte. Wenn es nicht das echte Gebiet um die Flammenden Steine war?
Lügenwelt…
Der Gedanke wollte mich nicht loslassen, als ich mich in Bewegung setzte. Jetzt über einen Rasen hinweg, der seine wunderbare grüne Farbe verloren hatte und wie ein brauner Teppich wirkte, dessen Geflecht immer mehr verfaulte.
Der Boden war weich geworden. Bei jedem Anheben des Fußes erwachte das verfaulte Gras zum Leben, als wollte es sich um meine Schuhe klammern, um zu verhindern, dass ich
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