1369 - Eine grausame Wahrheit
machte sich auf den Weg!
Sie hörte ihn gehen. Bei seinen Schritten vibrierte der Boden, so schwer war er. Nicht mal einen schwachen Umriss sah Glenda. Dafür spürte sie, dass die Gestalt in ihre Nähe kam, denn die Lautstärke nahm zu. Das untote Weib hing ihr noch immer im Nacken, und einen Augenblick später fiel ein Felsblock auf sie nieder.
Es gab keinen anderen Vergleich für sie, als die untote Gestalt über ihr zusammenbrach. Die kniende Stellung konnte sie nicht mehr einhalten. Das Gewicht drückte Glenda zu Boden. Sie hatte bisher den Mund weit geöffnet, um atmen zu können, das war jetzt auch dahin, weil der Druck wie ein dickes Stück Teig auf ihren Lippen klebte.
In dieser Zeitspanne verlor Glenda den letzten Rest an Optimismus. Es ging nicht mehr. Zwei waren zu viel für sie. Beide würden sie auf eine schrecklicher Art und Weise umbringen.
Umbringen…
Dieses eine Wort hatte etwas bei ihr ausgelöst. Etwas spielte sich in ihrem Kopf ab, und gleichzeitig konnte sie wieder etwas erkennen. Denn sie schaute plötzlich in einen Hohlweg oder Tunnel hinein. Sie sah auch die Helligkeit an dessen Ende und an den Seiten, die Enge um sie herum verschwand, und im nächsten Moment beamte sich Glenda Perkins weg…
***
Der Wagen war leer!
Zumindest sahen wir keine Glenda Perkins. Es gab auch keine Stellen auf der Ladefläche, wo sie sich hätte verstecken können, abgesehen von den beiden großen Kühltruhen, die sich gegenüberstanden. Eine war geöffnet. Der Deckel stand hoch.
Im Moment kümmerten uns die Truhen nicht. Ich drehte den Kopf und schaute Suko an, dessen Stirn sich in Falten gelegt hatte. Ein Zeichen, dass mein Freund überlegte.
Da gab es sicherlich nur ein Thema, über das er nachdachte. Ebenso wie ich.
»Du suchst Glenda, wie?«
»Genau.« Er hob die Schultern. »Sie ist nicht da. Ich weiß nicht, ob ich darüber glücklich sein soll oder mich lieber mit dem Gegenteil beschäftige.«
»Ich muss mich auf die Aussagen eines Zeugen verlassen«, erklärte ich.
»Klar, dass schon. Aber was ist, wenn Glenda unterwegs den Wagen verlassen hat?«
»Das ist auch möglich.«
Ray Jenkins stand in der Nähe. So hatte er unser Gespräch mithören können. Auch er schaute in den Wagen, beschwerte sich über die offenen Truhe und fragte dann: »Wen suchen Sie eigentlich?«
Wir gingen nicht darauf ein. Suko wollte wissen, ob es normal war, dass der Deckel einer der Kühltruhen offen war.
»Nein, ist es nicht. Und es wundert mich auch. Ich werde die beiden Fahrer fragen.«
»Lassen Sie das mal lieber.« Suko hielt den Mann zurück und nickte mir zu.
Es lag auf der Hand, was er wollte. In den Wagen steigen und sich den Inhalt der Truhe anschauen. Genau das hatte ich auch vor. Der Fischhändler hielt uns nicht zurück, als er sah, was wir unternahmen.
Obwohl die Tür offen stand, war es noch immer kalt auf der Ladefläche. Aber auch still. Eine Lampe benötigten wir nicht. Es umgab uns genügend Licht.
Ich schaute auch zu Boden, dachte dabei an die verschwundene Glenda und suchte den aus Holzbohlen bestehenden Untergrund nach irgendwelchen Spuren ab, die sie hinterlassen hatte. Es waren auf den ersten Blick hin keine zu sehen, und auch die Umgebung wirkte völlig normal, obwohl sie uns fremd war.
Aber es musste etwas vorgefallen sein. Sonst wäre diese eine Truhe nicht offen gewesen.
Wir wandten uns ihr beide zu. Suko stand näher an ihr als ich, und ich hörte ihn etwas zischeln.
Sofort drehte ich den Kopf nach links.
Mein Freund tat noch nichts. Er stand so gut wie bewegungslos und schaute auf die Truhe. Dort war es zu einer Veränderung gekommen, mit der wohl niemand von uns gerechnet hatte.
Es lag jemand in der Truhe. Nur war er noch nicht richtig zu erkennen. Allerdings hatte er ein Zeichen gesetzt und einen Arm in die Höhe gestreckt.
Danach war die Hand geknickt worden, und sie lag als gefrorene und starre Klaue auf dem Rand der Truhe…
***
Mein erster Gedanke galt Glenda Perkins und das es möglicherweise ihre Hand war, die wir sahen. Es war auch nicht zu erkennen, ob es sich dabei um eine Frauen- oder Männerhand handelte. Zumindest war sie von einer dünnen Eisschicht überzogen und gehörte als tiefgefrorenes Teil zu einem ebenfalls tiefgefrorenen Körper.
Beim ersten Hinschauen hatten wir die Hand dort noch nicht gesehen. Sie hatte sich in den letzten Sekunden auf den Rand gelegt. Ich hörte mich scharf durchatmen und hatte dabei das Gefühl, selbst allmählich zu Eis zu
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