137 - Insel des Grauens
gewachsen. Zwischen den ausgebreiteten Armen sah Dorian unausgeprägte schwarze Flughäute. Zottiges, schwarzes Haar bedeckte die Haut.
Lange schwarze Krallen, weiße gekrümmte Reißzähne und leuchtendgelbe Augen waren andere Zeichen der Verwandlung. Stumm starrten sich die Feinde über die Länge des Tisches hinweg einander an. Die vielen Kerzenflammen spiegelten sich ebenso auf Dorians Messerklinge wie auf den Krallen des Monsters.
„Dein mörderisches Gastspiel ist zu Ende", sagte Dorian mit rauher Kehle, zog die Pistole und feuerte.
Der Vampir sprang zur Seite. Die Silberkugel traf ein Bild und zerschmetterte das Glas in tausend Scherben. Dann schnellte sich der Vampir schräg über den Tisch und griff Dorian an. Der Dämonenkiller ließ die Pistole fallen und nahm, seinerseits ausweichend, das Messer in die rechte Hand. Er sah aus dem Augenwinkel seine eigene Gestalt in den Glasplatten der Bilder mehrfach gespiegelt, aber nicht den Körper des Vampirs.
Die Klinge zischte im Halbkreis durch die Luft. Der Vampir krümmte seinen haarigen Körper nach hinten und wich dem Hieb aus. Mit dem Arm fegte er den schweren Leuchter vom Tisch.
Das Mädchen rührte sich nicht.
Die Arme waren über den Brüsten gekreuzt, die Augen standen weit offen. Die junge, schwarzhaarige Frau atmete tief und gleichmäßig. Vor Dorians Gesicht fuhren die Krallen mit leisem Fauchen durch die Luft. Der Vampir wich dem blitzenden Silber der Waffe angsterfüllt aus, aber er wurde von Todesangst und Wut gleichermaßen angetrieben.
Er versuchte, Dorian um den Tisch und in einen Winkel zu treiben. Der Dämonenkiller wehrte ihn mit dem Messer ab und wich zurück. Er fuhr mit der Hand in die Tasche und riß die schwere Kette hervor. Sie wirbelte durch die raucherfüllte Luft und traf den Vampir auf den Unterarm. Die Kreatur zuckte zusammen und schrie auf. Ein zischender, keuchender Laut, der tief aus dem mächtigen Brustkasten kam.
Aus dem Mund des Wesens kamen seltsame, geifernde Laute. Dann schien der Vampir auf die Stelle, an der die Silberkette getroffen hatte, beißen zu wollen. Er schlug den Unterarm vors Gesicht. Wieder wirbelten die Kettenglieder auf ihn zu. Er sprang zurück und warf einen Stuhl um, dessen Lehne im Nebel verschwand.
Dann setzte er nach.
Vorstoßen und Ausweichen wechselten in rasender Folge ab. Die Kerzen brannten noch immer inmitten des Nebels. Es stank nach schmorendem Stoff und Leder.
Dorian packte mit der Linken den anderen Leuchter und schleuderte ihn nach dem Vampir. Die Kerzen lösten sich, flogen wild durcheinander, und heißes Wachs spritzte über das verfilzte Haarkleid des Angreifers. Die schwere Metallmasse krachte zu Boden und traf den Fuß der Kreatur. Einige Kerzen blieben am Haar kleben, die Flammen zuckten und flackerten, fanden am Wachs neue Nahrung. Einige Flammen züngelten hoch, und wieder kreischte der Vampir auf.
Er schlug um sich, seine Pranken versuchten, die Flammen auszuschlagen. Die brennenden Haare stanken grauenhaft. Dorian rannte um den Tisch herum und bewegte den linken Arm vorwärts und zurück.
Die Kette wickelte sich um den Hals des Ungeheuers.
Gleichzeitig gebrauchte Dorian seine tödliche Waffe. Bei jedem Stich zuckte der Körper, als habe ihn ein elektrischer Schlag getroffen.
Dorian brachte sich in Sicherheit, aber er ließ die Kette dabei los. Der tödlich getroffene Vampir riß mit seinen Krallen an dem würgenden Halsband.
Rauch brodelte vor Dorians Füßen in die Höhe. Er wartete, halb geduckt und stoßbereit. Langsam vergingen die verschlungenen Stigmata in seinem Gesicht.
Der Vampir taumelte.
Er winselte und keuchte. Die verbrannte Haut und die Haare rieselten als weißgraue Asche zu Boden. Langsam drehte sich der Körper, die Krallen rissen und zerrten an den Flammen, die immer wieder aufzüngelten. Nur ganz langsam entspannte sich Dorian. Der Vampir sackte in den Knien zusammen und fiel neben dem Tisch in die Flammen.
Dorian erinnerte sich, irgendwo einen Feuerlöscher gesehen zu haben. Er schob das Messer zurück und riß beide Fenster auf. Er blieb im großen Mittelraum stehen, schaute wild um sich und entdeckte das Gerät an der Küchenwand.
Er packte den weißroten Zylinder, rannte zurück und sah, daß neben dem Tisch Flammen in die Höhe loderten. Das Tischtuch brannte in seiner gesamten Breite. Er riß die Plombe ab, kippte den Auslöser und sprühte den zischenden Pulverstrahl zuerst über Schenkel und Arm des Mädchens, dann entlang des Tisches
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