1484 - Der Teufel von Venedig
davon ist die Freundin eines Kollegen gewesen, und ihn konnte ich einfach nicht im Stich lassen. Er hatte sogar den Teufel gesehen, und ich habe ihm geglaubt.«
Aus ihrem starren Gesicht grinste sie mich an. »Dann denkt er anders als die übrigen Menschen.«
»Das kann gut sein. Ja, das ist durchaus möglich. Aber ich hätte nie gedacht, dass Sie dahinterstecken, Signora Amalfi. Oder allgemein gesagt, eine Frau.«
»Es war auch ein langer Weg, den ich gehen musste. Aber ich habe ihn letztendlich gefunden, und ich bin sehr froh darüber, denn nichts ist toller, als einer besonderen Macht zu dienen, verstehen Sie? Man kann viele Herren haben, aber keiner ist so wie er.«
»Damit meinen Sie den Teufel?«
»Wen sonst?«
»Klar, wen sonst? Sie haben sich also auf seine Seite geschlagen.«
»Und ich tat es gern«, flüsterte sie. »Mir ist es noch nie so gut gegangen.«
»Ja, das sagen viele, die den Weg eingeschlagen haben. Aber sie alle sind letztendlich zu Verlierern geworden. Der Teufel, die Hölle oder ähnliche Kreaturen, die zu ihnen gehören, bedienen sich nur der Menschen. Aber sie mögen sie nicht wirklich. Sie sind nur ein Werkzeug, das weggeworfen wird, sobald es seine Pflicht getan hat. Daran sollten Sie denken. Aber ich glaube, dazu ist es bereits zu spät. Sie haben sich zu weit vorgewagt.«
»Er mag mich!«
»Ich weiß. Er steckt in Ihnen.«
»Genau.«
»Und wo ist er? Wie fühlt man sich dabei? Können Sie mir das auch sagen?«
»Vielleicht, Signore Sinclair. Vielleicht kann ich Ihnen das sagen. Aber nicht durch mich. Ich kann auf eine andere Weise mit ihm Kontakt aufnehmen.«
»Und das wäre?«
Sie hob eine Hand, dann drehte sie sich um und deutete auf das Gemälde, das jetzt vor ihr hing.
Ich hatte es zwar registriert, es mir aber so genau nicht angesehen.
Das änderte ich nun, denn ich konnte es mir leisten, weil mir von der Signora in diesem Moment keine Gefahr drohte.
Das Gemälde zeigte sie. Und zwar nackt. Das Gesicht lag hinter der Maske eines blutjungen bildschönen Mädchens verborgen. Doch das war es nicht, was mich veranlasste, mein Gesicht angewidert zu verziehen.
Es muss ein Wunder gewesen sein, dass sich ein Maler gefunden hatte, der bereit gewesen war, dieses Motiv auf die Leinwand zu bannen. Ich hatte meine Probleme damit, das Bild länger zu betrachten. Es war irgendwie abstoßend. Der Körper bestand nur aus Haut und Knochen. Die kleinen Brüste hingen wie Lappen herab und die hochhackigen Schuhe an den Füßen wirkten irgendwie lächerlich.
»Es gefällt Ihnen nicht, wie?«
»Wenn ich zustimme, beleidige ich Sie bestimmt nicht.«
»So ist es.« Sie schüttelte sich kurz. »Ich bin mit mir unzufrieden, Sinclair…«
»Aha. Und deshalb haben Sie sich an den Teufel gewandt, damit er Ihnen die nötige Schönheit verleiht?«
»Nein, das brauche ich nicht. Die Macht über schöne Menschen interessiert mich mehr. Das frische Fleisch der jungen Frauen. Ich habe sie mir geholt, ich habe sie dem Satan geweiht, nachdem ich sie tötete. Sie vergingen in ihrer Schönheit, aber sie waren nicht tot, denn der Teufel gab ihnen die Kraft, weiter zu leben. Nur nicht mehr in ihrer ursprünglichen Schönheit. Mit der war es vorbei. Sie wurden hässlich, und ihre Körper waren nichts anderes mehr als Hüllen. So liefen sie herum. Ohne menschliche Seele, und wenn sie schön sein wollten, dann setzten sie ihre Masken auf, damit die neuen und echten Gesichter verdeckt wurden. Ja, so ist es, und es ist erst der Anfang, Sinclair. Denn es geht weiter, und durch meine Ballettschule habe ich sogar die Qual der Wahl.« Sie fing an zu lachen. Sehr schrill und sehr hart. »Die neuen Mädchen habe ich mir bereits ausgesucht. Sie wissen nur noch nichts davon.«
»Verstehe.«
»Und das, Sinclair, lasse ich mir nicht kaputt machen. Nicht von Ihnen und auch nicht von irgendwelchen anderen Personen. Ich gehe meinen Weg, auf dem mich die Hölle beschützen wird. Denn der Teufel, der ist stets in meiner Nähe.«
»Ach ja?«
»Glauben Sie es mir!«
»Das fällt mir schwer.«
»Wollen Sie ihn sehen?«
»Das wäre nicht schlecht. Ich war schon immer begierig darauf, etwas von der Hölle und vom Teufel zu sehen. Ob Sie mir nun glauben oder nicht, Signora.«
Sie blickte mir weiterhin ins Gesicht, aber sie verengte ihre Augen dabei. Dann nickte sie plötzlich heftig und flüsterte: »Ich habe es geahnt. Vielleicht auch gewusst!«
»Was haben Sie gewusst?«
»Dass Sie anders sind. Schon beim
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