1487 - Die Dämonen-Prinzessin
keinem Protest an, und als sie die nächsten Worte der Prinzessin hörte, war das für sie wie ein Befehl.
»Sag deinen Kindern Bescheid, dass sie zu ihrer Mutter auf die Bühne kommen sollen!«
Nein, ich will nicht!, flüsterte eine Stimme in ihr. Ich will es nicht, verdammt! Sie sollen woanders hingehen. Weglaufen. So schnell wie möglich!
Judy wollte es ihnen sagen, es ihnen zurufen, aber ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Etwas saß in ihrer Kehle. Und so drehte sie sich halb um, damit sie auf die Kinder schauen konnte.
Karen und Kevin saßen in der ersten Reihe. Sie blickten zu ihrer Mutter hoch, und Judy Peters hatte den Eindruck, dass die anderen Kinder verschwunden waren und nur ihre beiden dort saßen und darauf warteten, dass etwas passierte.
»Kommt zu mir, bitte!«
Es tat ihr in der Seele weh, das sagen zu müssen, aber sie konnte nicht anders.
Die beiden erhoben sich.
Sie kamen auf die Bühne zu, und Judy sah sie wie durch einen dünnen Nebelschleier. Die Hand brauchte sie ihnen nicht zu reichen. Geschickt kletterten Karen und Kevin auf das Podium.
Sie hielten sich an den Händen. Selbst der sonst immer so wilde Kevin war ruhig geworden, und die ersten Worte sprach seine Schwester.
»Wo sind wir hier, Mummy?« Nicht Judy gab die Antwort. Das übernahm die Prinzessin. »Wir stehen hier am Anfang der Märchenwelt…«
***
Lena Quinn hatte sich nicht abweisen lassen und darauf bestanden, mich zu begleiten.
»Ich will Gerrit holen! Ich will ihn in meine Arme schließen, wenn ich das noch kann, und ich will seine verdammte Entführerin zu Gesicht bekommen. Ich will ihr gegenüberstehen. Es kann nicht sein, dass alles verloren ist, verdammt.«
Ich verstand sie. Auch ich an ihrer Stelle hätte nicht tatenlos zuschauen können, wenn man mir auf eine derart grausame Weise den Sohn genommen hätte.
Allerdings hatte ich sie darauf hingewiesen, dass dieser Fall alles andere als ein Kinderspiel war, auch wenn es dabei um eine Märchenerzählerin ging.
»Na und? Es gibt auch böse Märchen, Mr. Sinclair. Und dem tragen wir einfach Rechnung.«
»Ja, gut, das machen wir.«
Ich hatte kurz in Erwägung gezogen, Suko Bescheid zu geben. Davon hatte ich wieder Abstand genommen. Er war an diesem Abend mit Shao unterwegs. Beide wollten schon nach Weihnachtsgeschenken schauen, was sich jedes Jahr wiederholte und mich immer wieder in Schwierigkeiten brachte. Irgendwann würde ich es auch mal schaffen. Zuvor aber musste ich den vorweihnachtlichen Horror aus dem Weg räumen.
Was da passiert war, konnte ich einfach nicht hinnehmen. Auch wenn die Person als Prinzessin bezeichnet wurde, stand noch lange nicht fest, dass sie auch zur guten Seite gehörte. Sie war aus einer Welt gekommen, in die Menschen keinen Einblick hatten, ich ebenfalls nicht, aber ich kannte die Gefährlichkeit dieser Dimensionen, wenn sie sich mit der normalen überlappten.
Und ich hatte nicht die Reaktion meines Kreuzes vergessen. Normal hatte es sich nicht verhalten. Es erwärmte sich nicht einfach so, wie man so schön sagte. Da hatte es sehr wohl einen Grund gegeben, und dieser Grund hieß Ophelia.
Woher kam sie?
Ich hatte inzwischen auch an den Begriff Aibon gedacht. Dem Land der Druiden. Einem Reich, in dem Märchen oder besser Legenden entstanden waren. In Aibon gab es die Feen und Elfen, die geheimnisvollen Wesen, die in den Legenden auftauchten und den Menschen meist positiv gegenüberstanden.
Das war die eine Seite.
Es gab noch eine zweite, und die konnte man als die dunkle Seite des Landes ansehen. Das war das böse Aibon, beherrscht von einem Dämon mit dem Namen Guywano. Wenn ich an ihn dachte, konnte ich mir gut vorstellen, dass er mit einer Person zusammenarbeitete wie dieser falschen Prinzessin. Aber das waren Theorien. Genaues wusste ich nicht, aber ich würde es herausfinden, da war ich mir sicher.
Unser Ziel war eine Schule. Dort hatte Ophelia an diesem frühen Abend ihren großen Auftritt. Gerrit besuchte die Schule. Er wäre auch hingegangen, um der Frau zuzuhören, aber es war alles anders gekommen.
Man hatte sich ausgerechnet für ihn interessiert, und auch darüber machte ich mir Gedanken.
Er war für die Prinzessin wichtig. Warum? Wollte sie an ihm ein Exempel statuieren?
Ich hatte keine Ahnung. Es war mir momentan auch egal. Andere Dinge waren wichtiger.
Da die Schule nicht weit entfernt lag, konnten wir zu Fuß gehen, und so hatte ich die nötige Zeit, entsprechende Fragen zu stellen.
Ich erfuhr, dass sich
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