15 Gruselstories
Anwalt tat, was zu tun war. Das Haus wurde verkauft und wieder verkauft, bis es einem Makler übergeben wurde. Es fanden sich einige Mieter, aber keiner blieb lange wohnen. Alle hatten Ärger mit den Spiegeln. Ein Mann sollte einen Herzschlag erlitten haben, als er sich eines Abends vor dem Kleiderschrank die Krawatte umgebunden hatte. Seltsamerweise hatte er sich vorher bei seinen Bekannten über ›eigenartige Vorfälle‹ in seinem Haus beklagt. Nach seinem Tode redete seine Frau nur noch wirres Zeug.
Ein Schullehrer, der das Haus in den zwanziger Jahren gemietet hat, verschied unter Umständen, die für Dr. Turner ein medizinisches Rätsel waren. Er war deshalb seinerzeit auch zum Makler gegangen und hatte gebeten, das Haus nicht mehr anzubieten. Diese Bitte war eigentlich überflüssig, denn die Geschichten über das Bellman-Haus hatten sich sowieso schon so verbreitet, daß sich kein Mieter mehr fand.
Ob Mary Lou Dempster wirklich in diesem Haus verschwunden war, würde sich nie mit Sicherheit feststellen lassen. Fest stand allerdings, daß das kleine Mädchen zum letztenmal gesehen wurde, als es vor einem Jahr auf das Haus zuging. Obwohl die angestellten Ermittlungen nie etwas ergeben hatten, wollten die Gerüchte nicht aufhören.
Dann kümmerten sich die Erben wieder selbst um das Haus. Es waren robuste Leute, die die Gerüchte als Weibertratsch abtaten. Das Haus wurde saubergemacht, kräftig durchgelüftet und wieder einem Makler zur Vermietung übergeben.
So war es gekommen, daß jetzt er und sie – und es hier lebten. Das war die ganze Geschichte.
Mr. Hacker räusperte sich. Er legte vorsichtig seinen Arm um Gwen und half ihr auf die Beine. Sein Gesicht war von Schamröte überzogen. Er schien wortlos um Entschuldigung zu bitten und vermied es, seinen Mietern in die Augen zu blicken.
Er vertrat Mr. Hacker den Weg und stellte sich vor die Tür. »Mietvertrag hin – Mietvertrag her«, sagte er mit belegter Stimme. »Wir ziehen hier wieder aus. Und zwar sofort!«
»Das läßt sich arrangieren. Aber – heute kann ich Sie nicht mehr woanders unterbringen, und morgen ist Sonntag …«
»Wir werden packen und morgen ausziehen«, sagte sie bestimmt. »In irgendein Hotel. Hier bleiben wir keinesfalls.«
»Ich rufe Sie morgen an«, meinte Hacker eilfertig. »Ich bin sicher, daß heute nichts passieren wird. Sie wohnen immerhin schon eine Woche hier und nichts, ich meine niemand ist –«
Er hielt verstört inne. Es war auch nicht nötig, daß er noch etwas sagte. Als die Tür hinter den Hackers ins Schloß fiel, waren sie ganz alleine. Nur sie beide.
Nur sie drei. Genau das war es.
Aber sie – er und sie – waren zu müde, um sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Es war unvermeidlich, daß sie sich nach den Aufregungen und Belastungen dieses Tages in dem Augenblick gehenließen, als sie endlich allein waren.
Sie sagten nichts, denn da war nichts zu sagen. Sie hörten nichts, denn das Haus – und es – hüllten sich in finsteres Schweigen.
Während sie in ihr Zimmer ging und sich schon auszog, machte er noch einen Rundgang durch das Haus. Zuerst einmal ging er in die Küche und öffnete eine Schublade neben dem Ausguß. Er nahm einen Hammer heraus und zertrümmerte den Küchenspiegel.
Es klirrte und krachte. Das war der Spiegel in der Diele. Danach kam der Spiegel am Badezimmerschränkchen an die Reihe. Nachdem er den Spiegel in der Tür seines Zimmer zerschlagen hatte, ging er zu ihr ins Schlafzimmer und donnerte den Hammer gegen das große Oval über ihrer Frisiertoilette.
Er war weder betrunken noch zornig, noch aufgeregt. Er hatte sein Vernichtungswerk eher pedantisch vollzogen. Es gab nicht einen einzigen Spiegel mehr.
Sie schauten sich sekundenlang
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