152 - Die Tochter des Magiers
stürzten sich die weiße Hexe und der Nessel-Vampir auf sie. Sie rissen das Silbermädchen zu Boden und bemühten sich, es festzuhalten. Sie hätten es bestimmt nicht lange geschafft, denn Otuna war sehr kräftig, und sie setzte ihre Abwehrmagie ein, um freizukommen. Aber einige Augenblicke behielten sie Otuna unter Kontrolle. Der Körper des Mädchens bestand jetzt aus purem Silber, doch das nützte ihr nicht.
Auch Mr. Silver sprang aus dem Fenster, und ehe Otuna ihm etwas anhaben konnte, setzte er ihr das Höllenschwert an die Kehle.
»Wenn du auch nur einmal zuviel mit den Wimpern zuckst, stoße ich zu!« knurrte der Ex-Dämon. »Verlaß dich nicht auf die Silberstarre. Die nützt dir bei diesem Schwert überhaupt nichts. Du fühlst bestimmt, daß ich dich jederzeit durchbohren kann.«
Mr. Silver sagte, Roxane und Boram könnten die Sklavenjägerin loslassen. Vorsichtig ließen sie von Otuna ab. Das Silbermädchen regte sich nicht. Es legte die Silberstarre ab und lag, in sein Schicksal ergeben, auf dem Boden.
Theck und Arson stahlen sich durch eine Hintertür davon, sobald sie sich erholt hatten. Es fiel ihnen nicht ein, sich um Otuna zu kümmern. Ihnen war nur wichtig, die eigene Haut zu retten.
»Ich hätte Lust, dich zu erledigen!« zischte Mr. Silver. »Wo ist mein Freund Tony Ballard?«
»Wir haben ihn verkauft.«
»An wen?«
»Der Mann heißt Kettwen.«
»Wo lebt er?« wollte Mr. Silver wissen.
Otuna sagte es ihm. »Kettwen ist ein Silberdämon. Er besitzt eine Knochenmühle.«
»Du wirst uns zu Kettwen begleiten«, entschied Mr. Silver »Was soll ich dort?«
»Vielleicht hast du mir nicht die Wahrheit gesagt.«
Otuna mußte aufstehen. Mr. Silver trat hinter sie, damit sie ihn mit ihrem Feuerblick nicht überraschen konnte. Er bat Boram, die Reitvögel und Otunas Reittier zu holen. Ständig hielt er das Silbermädchen in Schach. Er hätte nicht gezögert, zuzustoßen, wenn die Sklavenjägerin ihn dazu provoziert hätte. Otuna spürte diese Entschlossenheit, deshalb riskierte sie nichts.
Boram brachte die Tiere.
»Steig auf!« befahl Mr. Silver dem Silbermädchen.
Otuna schwang sich auf den Rücken ihres Reittiers, das aus irgendeinem Grund plötzlich verrückt spielte, knurrte und wieherte. Die Sklavenjägerin hatte diese Reaktion hervorgerufen. Das Tier bäumte sich auf. Es hatte den Anschein, als hätte Otuna die größten Schwierigkeiten, nicht abgeworfen zu werden. Sie täuschte alle, denn niemand saß sicherer auf diesen Tieren.
Mr. Silver und Roxane wichen zurück, um von den Hufen des Reittieres nicht getroffen zu werden. Da stieß Otuna einen grellen Schrei aus, und das Tier schoß wie der Wind davon.
»Verdammt, sie hat uns reingelegt!« stieß Mr. Silver zornig hervor.
»Sollen wir sie verfolgen?« fragte Roxane.
Mr. Silver winkte ab. »Ach was, soll sie hinreiten, wo der Pfeffer wächst. Ich glaube nicht, daß sie uns belogen hat. Wir werden Tony bei diesem Kettwen finden. Mit Otuna hätten wir uns nur unnötig belastet.«
»Ich halte sie für ein Mädchen, das nichts vergißt und nie verzeiht«, sagte Roxane.
Der Ex-Dämon zuckte gleichmütig mit den Schultern und verschwendete keinen weiteren Gedanken an Otuna.
***
Sabra schickte einen Parlamentär. Mit einer weißen Fahne, die weithin sichtbar war, verließ er Thermae. Sein Gesicht war unbewegt und grau. Er litt unter der Aufgabe, wäre froh gewesen, wenn sie ihm jemand abgenommen hätte, aber Sabra hatte sich für ihn entschieden, und obwohl er spürte, daß sie schwach geworden war, brachte er es nicht übers Herz, ihr den Gehorsam zu verweigern.
Der Strauß, auf dem der Mann saß, stieß einen krächzenden Schrei aus, als wollte er protestieren.
Man erblickte den Parlamentär schon von weitem und meldete Ronsidor sein Kommen. Der Schreckliche trat grinsend aus seinem Zelt. »Sabra schickt einen Unterhändler? Was hat sie mir noch anzubieten? Sie liegt auf dem Boden, ist erledigt. Bald gehört mir ihre ganze Macht, dann bin ich doppelt so stark.«
Der Parlamentär wurde von seinem Reitvogel heruntergerissen. So behandelte man normalerweise keinen Mann, der mit einer weißen Fahne erkennen ließ, daß er in Frieden kam, aber darum kümmerten sich die Barbaren nicht. Wenn der Unterhändler Pech hatte, würde ihm noch viel Schlimmeres passieren. Ronsidor konnte ihn zum Beispiel seinen Silberkrokodilen übergeben.
Sie rissen ihm die weiße Fahne aus der Hand und schlugen ihn damit. Sie verspotteten und verhöhnten
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