1530 - Das Grab-Gespenst
wie nichts zu hören. Sie verschwand wie ein Schatten und geriet aus seinem Blickfeld.
Noch einmal sah er das vermummte Gespenst. Da schwankte es von einer Seite zur anderen, und für ihn kam nur eine Erklärung infrage. Sein Entführer hatte sich wieder in das Boot begeben und machte sich auf den Rückweg.
Sherwood fing plötzlich an zu kichern. Er musste es tun. Es ging kein Weg daran vorbei. Es war eine Reaktion, die Erleichterung zeigte, er wusste selbst nicht, warum er so handelte. Recht lange hielt das Kichern an, bis es plötzlich abbrach, so schnell wie es auch gekommen war.
Es wurde still um ihn herum. Er lag auf dem Rücken und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, was ihm nicht so recht gelang, aber ein Gedanke setzte sich bei ihm fest.
Ich lebe! Verdammt, ich lebe noch. Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen.
Ich bin nicht dabei, in diesem verdammten Sumpf einzusinken. Ich habe es geschafft und…
Die Gedanken brachen brutal ab. Das Gefühl der Enttäuschung wühlte in ihm hoch. Er lag noch auf dem feuchten Untergrund, und trotzdem hatte er den Eindruck, zu schweben. In seiner Magengegend lauerte der Druck. In seinem Kopf tuckerte es. Niemand hinderte ihn daran, sich aufzurichten. Die Furcht, dass der Untergrund nachgeben würde, bewahrheitete sich nicht, aber Ron merkte doch, dass er leicht schwankte. Er kam sich zwar nicht vor wie auf einem Floß, aber was sich da unter seinen Füßen befand, zitterte schon.
Er stellte sich hin, schaute dabei nach unten und sah, dass seine Füße verschwunden waren. Sie hielten sich in der weichen Erde verborgen, die zwar einen Teppich aus Gras und dünnen Pflanzen besaß, aber längst nicht den Halt eines normalen Bodens aufwies.
Das Zittern legte sich allmählich, und sein Herzschlag normalisierte sich auch wieder. Im Kopf spürte er noch die Stiche, aber er bewegte ihn, ohne dass die Schmerzen sich vermehrten.
Freie Sicht!
Kein Baum oder irgendein anderes krüppliges Gewächs nahm sie ihm.
Er schaute über den Rand der Insel hinweg und hinein in die Dunkelheit und in einen feuchten Film, der über dem Wasser lag.
Da war nichts zu machen. Es gab keine Rettung. Wollte er wirklich festen Boden unter seine Füße bekommen, musste er durch den Sumpf waten und die Strecke zurückgehen, die er gekommen war.
Er fing wieder an zu lachen. Diesmal steuerte er es selbst und schüttelte dabei den Kopf. Man hatte ihn nicht getötet, nicht elendig verrecken lassen, aber innerhalb des Sumpfes war er trotzdem ein Gefangener und konnte sich nicht vorstellen, wie er von hier wegkommen würde. Aus eigener Kraft war es nicht zu schaffen.
Fliegen kann ich auch nicht, dachte er, doch die Erleichterung, noch am Leben zu sein, überwog. Er wollte den Morgen abwarten. Im Hellen sah das Leben anders aus. Da würde er zwar auch nicht durch den Sumpf waten können, aber er hatte eine Stimme und konnte schreien.
Möglicherweise hörte man ihn dann.
An diese Hoffnung klammerte er sich, als er sich daran machte, um die kleine Insel zu untersuchen. Sie war ein Witz, aber sie bot ihm einen Halt. Er setzte seine Schritte behutsam. Er drückte seinen rechten Fuß gegen den Boden, sah wenig später, dass sich in der Trittstelle Wasser sammelte, aber er war nicht eingesunken, und das gab ihm Hoffnung, dass es auf dieser Insel überall so war.
Ein Versuch würde Gewissheit bringen!
Ja, er hatte sich nicht geirrt. Diese Insel war für ihn momentan so etwas wie ein Rettungsfloß. Sherwood erkundete den Untergrund und stellte dabei fest, dass er nicht überall gleich war. An manchen Stellen sank er tiefer ein, dann wiederum hatte er das Glück, fast einen normalen Boden unter sich zu spüren.
Hohes Gras strich an seinen Füße und Knöchel entlang. Ein paar andere Gewächse hatten sich auch freie Bahn verschafft, teilweise standen sie noch in der Blüte.
Er fand sich allmählich mit seinem Schicksal ab. Zwar sah er nicht optimistisch in die Zukunft, aber die Überlebenschancen waren doch gestiegen, und seine Gedanken drehten sich um die Gestalt, die ihn hergeschafft hatte.
Warum war das geschehen? Warum hatte sie ihn nicht einfach über Bord geworfen und für immer verschwinden lassen?
Mit diesen Gedanken musste er sich beschäftigen, und er fand einfach keine Lösung. Was sollte er auf dieser mit Gras bewachsenen Insel, deren weicher Boden nicht eben sein Vertrauen erweckte.
Er ging von einem Ufer zum anderen, ohne eine Veränderung zu erleben. Nur manchmal überkam ihn der
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