1534 - Nocturnen-Alarm
ausgetüfteltes Besuchsprogramm für ihre Mannschaft ausgearbeitet hatte.
Dieses Programm ließ sich nicht von einem Tag auf den anderen über, den Haufen werfen.
Durch Dao-Lin-H’ays Mißtrauen ihrer eigenen Mannschaft gegenüber hatte Ronald Tekener Zeit gefunden, sich näher mit den Kartanin zu beschäftigen.
Ihm war dabei klargeworden, daß die Kartanin immer und unter allen Umständen zuerst an sich und ihr Volk dachten.
Es war nicht ihre Art, irgendwelchen hergelaufenen Fremden selbstlose Unterstützung zu gewähren.
Und zu diesen Fremden mußten sich auch die Terraner zählen. Das hatte Tekener schon in dem Augenblick begriffen, als die Hohen Frauen seine Bitte um Hufe beim Kontaktversuch zu den Nocturnen rundweg abgelehnt hatten.
Die Hohen Frauen hatten letztlich klein beigegeben, aber sie hatten es nur unter Zwang getan.
Dao-Lin-H’ay hatte sie regelrecht erpreßt. Sie hatte gedroht, Ernst Ellert in den Medien berichten zu lassen, wie das damals mit der NARGA SANT in Wirklichkeit abgelaufen war.
Tekener kannte diese Geschichte. Er hatte zunächst nicht recht verstanden, warum die Hohen Frauen so überaus heftig auf Dao-Lin-H’ays Drohung reagiert hatten.
Inzwischen kannte er die Gründe.
Die Sache mit der NARGA SANT zählte nicht gerade zu den Ruhmestaten der kartanischen Geschichte. Es war vielmehr eine ausgemachte Schweinerei, die damals passiert war.
Natürlich waren es nicht die heute regierenden Hohen Frauen, die die diesbezüglichen Entscheidungen getroffen hatten. Trotzdem fühlten sie sich zuständig.
Ronald Tekener konnte sich nicht recht vorstellen, daß die Hohen Frauen unter diesen Umständen auch wirklich qualifiziertes Personal nach Fornax geschickt hatten. Wahrscheinlich hatten sie aufs Geratewohl zwei Schiffe ausgewählt, die im Augenblick für nichts anderes gebraucht wurden.
Selbst Dao-Lin-H’ay wollte diese Möglichkeit nicht ausschließen. „Da könntest du recht haben", hatte sie zugegeben. „Früher hätte ich mir die Mannschaftslisten vorgenommen und auf das Archiv der Sternenflotte zurückgegriffen, aber heute ..."
Sie zog die Nase kraus und winkte verächtlich ab. „Es dürfte eigentlich keine so große Rolle spielen", fuhr sie fort. „Die Kartanin haben sich schon seit Jahrhunderten nicht mehr um die Nocturnen gekümmert. Fachleute im üblichen Sinn kann es also ohnehin nicht mehr geben."
Und damit waren auch die Passagesymbole, mit deren Hilfe die Kartanin früher den von den Nocturnen der Schwarmphase ausgehenden Gefahren aus dem Wege gegangen waren, hoffnungslos veraltet und somit nutzlos.
Früher, als die Galaktiker es zum erstenmal mit den Nocturnen zu tun bekamen, hatten sie Passagesymbole von den Porleytern erhalten, und diese Symbole hatten sich als sehr hilfreich erwiesen.
Aber die Porleyter hatten sich mittlerweile vollständig aus dem galaktischen Geschehen zurückgezogen. Sie waren zur Zeit noch unzugänglicher als die Nocturnen. Es hatte nicht den geringsten Sinn, ihnen Fragen und Bitten vorzutragen: Sie waren einfach nicht ansprechbar.
Genauer gesagt: Es war so gut wie unmöglich, sie überhaupt aufzufinden.
Und die Kartanin schienen die Nocturnen und die Verhältnisse im Fornax-Nebel nach altbewährtem Muster und der für sie typischen Gründlichkeit vergessen und verdrängt zu haben.
Es gab allem Anschein gar keine Experten mehr, die die Hohen Frauen absichtlich hätten „vergessen" können.
Dieser Umstand war nicht geeignet, Ronald Tekeners Laune zu verbessern. Er machte sich Sorgen um die drei Sucher, und er wurde das unangenehme Gefühl nicht los, daß er irgend etwas übersehen hatte.
Dao-Lin-H’ay kehrte irgendwann gegen Morgen zurück, erschöpft und schlecht gelaunt. „Ich hätte nie gedacht, daß ich das einmal sagen würde", fauchte sie und schleuderte ihre Stiefel quer durchs Zimmer. „Aber selbst die Verhandlungen mit den Sashoy wegen dieses verdammten Sklavenhandels waren nicht anstrengender als die Feste, bei denen meine Artgenossen mit mir angeben wollen. Bei den Sashoy wußte ich wenigstens, woran ich mit ihnen war: Jeder einzelne von ihnen hätte mich mit Vergnügen zu Hackfleisch verarbeitet. Ich konnte mich fest darauf verlassen, daß ich keine Freunde unter ihnen hatte. Keine Freunde sind immer noch besser als falsche Freunde."
Ronald Tekener rieb sich die brennenden Augen.
Dao-Lin-H’ay beobachtete ihn interessiert. „Nichts gefunden?" fragte sie spottisch.
Der Terraner zuckte die Schultern. „Du kennst
Weitere Kostenlose Bücher