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155 - Kriminalfall Kaprun

155 - Kriminalfall Kaprun

Titel: 155 - Kriminalfall Kaprun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uhl Hannes
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Kunststoffs zerstört. Zum einen war der Tropfwasserschutz des Geräts durch das Zerlegen nicht mehr gegeben, sodass Öl von oben eindringen konnte, zum anderen hat der Heizlüfter Öl beziehungsweise Ölnebel von den anliegenden Leitungen angesaugt. Im Gutachten des Hauptgutachters entdeckt Keim, dass auch er das Öl im Heizlüfter erwähnt. Zu den KTZ -Bildern der ersten Stunde schreibt der Gutachter: »Die auf diesen Bildern erkennbare rötlichbraune Verschmutzung deutet auf nichtflüchtige Reste von Hydrauliköl hin.«
    »Diese Ölbenetzungen wurden aber nicht untersucht«, heißt es im Prozessgutachten, und es wurde auch kein Vergleich des im Heizlüfter festgestellten ›relativ dünnflüssigen Öls‹ mit dem Hydrauliköl der Hydraulikanlage des unversehrten Zuges durchgeführt.«
    Keim erinnert sich, dass im Muhr-Gutachten sehr wohl von einer Ölanalyse zu lesen war. Die deutsche Dekra AG hat im Auftrag Muhrs im September 2002 an Materialproben des Heizlüfters chemisch-analytische Untersuchungen vorgenommen. Die Experten haben dazu Antragungen am Lufteintrittsgitter des Heizlüfters sowie an den Lärchenholzbrettern untersucht und mit dem im Zug verwendeten Hydrauliköl verglichen. Sie haben sowohl auf denBrettern als auch am Heizlüfter Spuren des im Zug verwendeten Hydrauliköls festgestellt.
    Im Kaprun-Prozess hingegen erklärt der neue Hauptgutachter nach Muhrs Ausscheiden das Öl auf den Brettern mit nachträglichen Verschmutzungen, da diese von den Brandermittlern des Innenministeriums ja nicht verschweißt und gesichert, sondern offen im Zug belassen wurden.
    Die Versuche des Hauptgutachters bestätigen allerdings, dass Öl prinzipiell in den Heizlüfter eindringen kann. Aber, so der Hauptgutachter, das Hydrauliköl kommt »dabei mit keiner der elektrischen Komponenten (…) in Berührung (…) Auch die im Heizlüfter des unversehrten Zuges vorhandenen nichtflüchtigen Bestandteile eines Öls, möglicherweise des Hydrauliköls, können sich durch die im Gehäuse auftretenden Temperaturen nicht entzünden.«
    Keim notiert: »Gutachten bestätigt Ölantragungen im Heizlüfter, bewertet es aber als nicht brandauslösend, also als letztlich irrelevant.«
    Jetzt nimmt er das Gutachten zur Hand, dem zufolge wegen eines »Konstruktions- und Produktionsfehlers« die Heizwendel von der zentralen Aufhängung des Heizlüfters abgebrochen und dadurch der Heizlüfter in Brand geraten sei. Keim kann aber beim besten Willen keinen »Konstruktions- oder Produktionsfehler« erkennen. In den mikroskopischen Aufnahmen des Heizlüfters im Prozess-Gutachten entdeckt er dafür Poren, die er sonst nur von Kunststoffen kennt, deren Polymerstruktur angegriffen oder zerstört worden ist.
    Am Fakir-Produktionsstandort in Vaihingen baut Keim nun eine Versuchsreihe auf, um zu belegen, dass Öl die Trägerstruktur des Kunststoffs chemisch angegriffen und so zum Bruch der Heizsternaufhängung geführt hat. Mehrere baugleiche Heizlüfter werden einem Schocktest unter Dauerbelastung unterzogen. Die Heizlüfter werden leicht angehoben und schlagen alle zwei Sekunden mit dem Eigengewicht von 1,8 Kilo auf einen harten Untergrund auf,eine Belastung, der ein Haushaltsheizlüfter unter normalen Umständen nicht ausgesetzt ist.
    Im Experiment will Keim innerhalb von Tagen jene Belastung imitieren, der die Heizlüfter in den Zügen Tag für Tag und einige Jahre lang ausgesetzt waren. Schließlich schwebte die »Kitzsteingams« nicht über die Gleise. Sie wackelte und rüttelte, etwa beim Anfahren und Anhalten, sowie beim Überfahren von Weichen oder von Spalten zwischen den Schienen, auch wenn das die österreichischen Gutachter nicht wahrhaben wollten.
    Nach 100 Stunden Dauertest oder 180.000 Schlägen zeigen sich nur geringe Veränderungen an der Heizsternaufhängung, notiert Keim. Also verschärft er die Versuchsanordnung. Er ordnet an, das Gerät zyklisch 30 Minuten lang mit Lüftung und Heizung zu betreiben und danach 30 Minuten wieder abzuschalten. Eine Versuchsannahme ähnlich zur Gletscherbahn, wo der Heizlüfter in den Stationen drei bis fünf Minuten in Betrieb war, um dann auf der Strecke rund acht Minuten lang außer Betrieb zu sein. Die Folge im Experiment: Nach rund 264.000 Schlägen bricht die Heizsternaufhängung.
    Dieselbe Versuchsanordnung erprobt er nun an einem Heizlüfter, den er zuvor im Inneren mit dem im Zug verwendeten Hydrauliköl belastet hat. Und siehe da, schon nach etwa 30.000 Schlägen bricht der Heizstern

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