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1550 - Die Frau aus der Knochengrube

1550 - Die Frau aus der Knochengrube

Titel: 1550 - Die Frau aus der Knochengrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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kümmerte.
    Inzwischen war sie neunzehn Jahre alt geworden. Eine junge hübsche Frau mit schwarzen Locken, die ein weiches Gesicht umrahmten. Volle Lippen, dunkle Augen und dazu ein Körper, bei dem alles an den richtigen Stellen saß. So gab es immer wieder Männer, die sie mit ihren Blicken auszogen, aber die übersah Vanessa.
    Am heutigen Tag sollte es stattfinden.
    Sie hatte sich eigentlich den Abend vorgenommen, doch sie stellte fest, dass der innere Drang immer stärker wurde.
    Sie wollte nicht mehr bis zum Abend warten. Zudem war alles vorbereitet. Die Schlinge lag in einer leeren Box, und es gab auch unter der Decke einen Balken, über den sie den Strick werfen wollte. Ein Schemel, auf den sie sich stellen konnte, war ebenfalls vorhanden.
    Sie würde ihn wegtreten, um sich dann auf den Weg in die Glückseligkeit zu begeben.
    Vanessa Brown stand auf. Sie drehte sich von ihrem Computer weg.
    Es war alles so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Niemand hielt sie auf.
    Der Reiterhof war wie ausgestorben. Es waren keine Besucher da, um auszureiten.
    Chef und Chefin waren für zwei Tage nach London gefahren, und es gab nur noch Oliver, den Pferdeknecht. Er war ein wenig einfältig, aber durchaus nett.
    Sie hatte ihm die Aufgabe gestellt, Holz zu hacken. Es war für den Kamin der Besitzer bestimmt.
    Sie schaute sich im Spiegel an. Eine letztes Mal in ihrem Leben.
    Ihr Gesicht zeigte keinen fröhlichen Ausdruck, obwohl sie sich auf das Neue freute. Sie hatte der Schattenfrau schon vor Rudy Farina folgen wollen, aber irgendwie hatte es nicht geklappt. Es war ihr nicht möglich gewesen, die nötige Ruhe zu finden.
    Die hatte sie jetzt.
    Vanessa verließ ihr Zimmer, das über den Ställen unter dem Dach lag.
    Sie hatte sich hier stets sehr wohl gefühlt. Das lag an der Nähe zu ihren Lieblingen, den Pferden. Doch das war nun vorbei. Die Tiere waren für sie zweitrangig geworden.
    Sie stand auf der Schwelle zu einer neuen Zeit, sie wollte ihr anderes Leben genießen, von dem sie schon jetzt schwärmte, obwohl sie es noch nicht kannte.
    Sie musste über einen schmalen Flur mit Holzbohlen gehen, bis sie eine Treppe erreichte. Auch die Stufen bestanden aus Holz. Sie knarrten, als sie sie hinabschritt.
    Ihre Hand glitt über das Geländer hinweg. Sie bewegte sich anders als sonst, denn sie lief die Treppe nickt locker oder flott nach unten, sondern langsam und eher roboterhaft.
    Vanessa spürte auch den Druck hinter den Schläfen, den sie völlig ignorierte.
    Je tiefer sie kam, umso stärker roch es nach Pferd. Sie liebte diesen Geruch und auch den nach frischem Heu und nach Stroh. Das war ihr Leben, aber es würde bald vorbei sein, denn das Neue wartete auf sie, das große Wunder.
    Am Ende der Treppe sah sie Eimer, Besen und Kehrschaufeln an der Wand stehen. Daneben befand sich eine Tür, hinter der der Stall mit den Boxen lag.
    Wie immer knarrte sie, als sie geöffnet wurde. Eine Musik, die ihr vertraut war. Ebenso vertraut wie der Gang dahinter mit seinen Boxen auf der rechten Seite.
    Sie ging weiter, um die leere Box zu erreichen, die sie für ihren Selbstmord ausgesucht hatte. Sie musste alle anderen passieren. Vorbei an ihren Lieblingen, die genau merkten, wer sich da durch den Stallgang bewegte. Sie reckten ihre Köpfe über die Boxentüren hinweg. Sie begrüßten ihre menschliche Freundin mit Wiehern und den Bewegungen der Köpfe, was ihr alles so vertraut war und wobei ihr sonst immer das Herz aufgegangen war.
    Nicht heute.
    Keinen einzigen Blick gönnte sie den Pferden zum Abschied. Sie würde verschwinden und sie allein zurücklassen. Ihr Chef würde sicherlich schnell jemanden finden, der die Tiere an ihrer statt betreute.
    In ihrem Gesicht bewegte sich nichts. Nur um die Mundwinkel herum zeigte sich ein feines Lächeln, das war alles.
    Die letzte Box.
    Dort hatte noch bis vor Kurzem ein Pferd gestanden, das leider gestorben war. Auch sein Tod hatte mit zu Vanessa Browns tiefen Depression beigetragen.
    Doch daran dachte Vanessa nicht mehr. Sie hatte sich entschieden.
    Dabei blieb es.
    Sie öffnete die Boxentür und trat ein.
    Sofort danach hielt sie wieder an. Noch immer schwebte der Geruch ihres geliebten Pferdes in der Box. Er vermischte sich mit dem des Strohs, ein Aroma, das sie ebenfalls liebte.
    Es war ab jetzt alles vorbei.
    Vanessa zog die Tür hinter sich zu.
    Durch ein Fenster an der Rückseite fiel ein wenig Licht.
    Vanessa schaute hoch zur Decke und dem dicken Balken. Zwischen ihm und der Decke gab es

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