157 - Der Alchimist des Satans
zugetan. Ihre Beziehung zu ihm hätte nicht besser sein können. Sie liebte Dad, und sie war natürlich auch mächtig stolz auf ihn, weil er so bekannt war.
Ginny erreichte das Gästezimmer, legte das Ohr an die Tür und lauschte. Hoffentlich schlief Harris noch nicht. Falls er nicht mehr wach sein sollte, würde sie ihn nicht wecken, sondern in ihr Zimmer zurückkehren.
Ihre schmale Hand schloß sich um den Türknauf, sie drehte ihn und öffnete die Tür.
Es geschah just in dem Moment, als Dwight Yulins Daumen nach unten wies.
Zacko sah das Zeichen und wollte unverzüglich zustechen. Als aber die Tür aufschwang, fuhr er irritiert herum. Auch der Alchimist stach nicht zu.
Ginny trat ahnungslos ein. Es war eine mondhelle Nacht, deshalb konnte das Mädchen seinen Freund gut erkennen - und sie sah noch etwas: zwei kleine Wesen, die Harris’ Hals flankierten.
Ginny stieß einen Warnschrei aus, und Harris Teague setzte sich mit einem Ruck auf. Ginny drehte das Licht auf. Geblendet riß Zacko die Hände vor die Augen.
»Da!« schrie Ginny. »Da! Sieh nur, Harris! Zwei kleine Männer!«
Zacko hetzte hinter dem jungen Mann am Rand des Kopfkissens entlang hinüber zu Yulin. Als Teague die beiden erblickte, weiteten sich seine Augen, und Fassungslosigkeit grub sich in seine Züge.
»Was ist denn das?« Er wollte Yulin und Zacko fangen, doch die beiden ergriffen die Flucht.
Der Alchimist sprang vom Bett auf den Boden. Das war verdammt hoch für ihn, aber er landete auf einer weichen Teppichbrücke, ließ sich wie ein Fallschirmjäger fallen, rollte ab, schnellte hoch und flitzte unter das Bett, wo er fürs erste sicher war.
Zacko geriet in Schwierigkeiten. Er stolperte über eine Falte, die höher wurde, als Teague nach ihm griff. Die Hand des jungen Mannes verfehlte ihn knapp. Er wälzte sich herum und stach mit dem Dolch nach den Fingern, die ihn schnappen wollten.
Fluchend riß Teague die Hand zurück. Er steckte sich einen Finger in den Mund und begann zu saugen. Der süßliche Geschmack von Blut legte sich auf seine Zunge.
»Bist du verletzt?« fragte Ginny aufgeregt.
»Der Mistkerl hat mich gestochen!«
Zacko gab Fersengeld. Er sprang ebenfalls vom Bett auf die Teppichbrücke, und wenig später befand er sich neben Yulin, der vor Wut kochte, weil der Mordanschlag mißglückt war.
»Sie sind unter dem Bett!« rief Ginny heiser.
Hinter dem Mädchen öffnete sich die Tür, Harris sprang aus dem Bett, Rip und Velda Hunnicutt traten ein.
»Was ist denn hier los?« fragte der Schriftsteller.
»Was tust du denn in Harris’ Zimmer?« fragte Velda ihre Tochter.
»Das ist jetzt nicht wichtig, Ma!« antwortete das Mädchen hektisch. »Harris wurde von zwei kleinen Männern angegriffen. Der Bucklige hat ihn mit einem Dolch gestochen. Jetzt befinden sich die winzigen Übeltäter unter dem Bett.«
Die Erwähnung des Buckligen erschreckte Velda sehr. »Zachary!« entfuhr es ihr. »Rip, sie spricht von Zachary Cane!«
»Wir müssen hier raus!« sagte Dwight Yulin gepreßt zu seinem Diener.
Harris Teague warf sich auf die Knie. Auch Rip Hunnicutt kniete sich nieder, um unter das Bett zu sehen. Teague entdeckte die Mini-Männer und griff sofort nach ihnen. Der Schriftsteller sah sie ebenfalls. Auch er griff nach Yulin und Zacko. Die beiden starteten gleichzeitig, ihr Ziel war die offene Tür.
Sie kamen unter dem Fußende des Bettes hervor, und Velda stieß einen schrillen Schrei aus, als wären es angriffslustige Ratten. Mit einem Satz brachte sie sich aus dem »Gefahrenbereich«. Ginny nicht. Sie versuchte zumindest einen der beiden kleinen Männer mit einem Fußtritt an der Flucht zu hindern.
Dwight Yulin war gezwungen, einen Haken zu schlagen. Der Tritt verfehlte ihn. Zacko hatte einen Vorsprung von wenigen Zentimetern.
»Die Tür!« schrie Rip Hunnicutt und sprang auf. »Velda, laß sie nicht raus, stoß die Tür zu!«
Doch Velda war im Moment unfähig, sich zu bewegen. Ginny zeigte mehr Geistesgegenwart. Sie eilte an ihrer Mutter vorbei und versetzte der Tür einen Stoß, doch das nützte nichts mehr. Yulin und Zacko waren bereits draußen.
Die Mini-Männer trennten sich auf dem Flur. Jeder trachtete, die eigene Haut zu retten. Später würden sie sich im gemeinsamen Versteck treffen.
»Wir dürfen sie nicht entkommen lassen«, sagte Harris Teague und eilte zur Tür.
Doch auf dem Flur mußten er und der Schriftsteller feststellen, daß den kleinen Männern die Flucht gelungen war.
***
Nun war es
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