1600 - Willkommen im Hades
schaute auf das Bild auf dem Monitor.
Das war kein Gespenst, was mich da aus seinen roten Agen anstarrte.
Das war ein mächtiges Gebilde aus Stein, das auf einem besonderen Sockel wie sprungbereit hockte. Noch unbeweglich. Wenn ich aber in die roten Augen schaute, kamen mir schon Zweifel, und mir rann ein schwacher Eisschauer über den Rücken.
Ich konnte es nicht verdrängen, aber meine Gedanken drehten sich um die Warnung des Gerechten. Allmählich ging ich davon aus, dass er genau diese Gestalt gemeint hatte. Er hatte davon gesprochen, dass sich der Hades öffnete. Gestalten wie dieses Wesen passten perfekt in die Unterwelt, daran gab es nichts zu rütteln.
Ein offener Hades!
Der Gedanke daran machte mich alles andere als fröhlich. Er trieb mir Schauer über den Rücken. Wenn das alles stimmte, dann sah die Zukunft nicht sehr rosig aus.
Mir fiel auch ein, wo diese Kreatur fotografiert worden war. Dass es in Südtirol der Fall gewesen war, ließ sich an dem Foto nicht ablesen. Es gab da einen düsteren Hintergrund. Auch wenn ich mich beim Betrachten noch so sehr anstrengte, einen Himmel sah ich nicht. Weder blau noch grau. Das Foto musste nicht im Freien geschossen worden sein. Mir kam so etwas wie eine Höhle in den Sinn.
Unternehmen konnte ich nichts. Ich musste einfach hier sitzen und abwarten. Genau das war es, was mich störte. Schlafen würde ich erst mal nicht mehr können. Mein Mund war trocken geworden. Deshalb ging ich in die Küche und holte eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank.
Während ich durch die Wohnung ging, trank ich einige Schlucke. Gesehen hatte ich bisher nur diese drei Bilder, aber ich war davon überzeugt, dass sie nur der Beginn waren. Meine Gedanken drehten sich nicht mal so sehr um sie. Sie hielten sich an Raniel, den Gerechten.
Für mich stand fest, dass seine Warnung und das Erscheinen dieser Gestalt in einem direkten Zusammenhang standen. Und das ließ für die Zukunft nichts Gutes hoffen…
***
Etwas huschte durch das Schneetreiben nach unten. Lisa Eichler sah nicht genau, was es war, denn ihr Blick wurde von der schrecklichen Gestalt eingefangen.
Sie befand sich im Sprung, sie wollte das menschliche Opfer, aber sie kam nicht so weit.
Die Waffe des anderen war schneller und mit einer ungeheuren Wucht geschlagen. Es war kein normales Schwert, etwas huschte durch die Luft, das heller als Schnee war, und erwischte das tierhafte Monster mitten im Sprung.
Das Schwert stieß von der Seite in den Körper hinein. Es glitt auch nicht mehr heraus, es drang einfach hindurch, und es hielt die Gestalt fest, sodass sie aussah wie ein aufgespießtes Stück Fleisch.
Lisa Eichler hörte Schreie, wie sie sie noch nie vernommen hatte. Fast kindlich schrill und sehr hoch, während die fremde Gestalt im Schnee seine Waffe herumschleuderte und sie dann in die Höhe kantete.
Der Schnee fiel nicht so dicht, als dass Lisa nichts erkannt hätte. Sie lag auf dem Boden und konnte einfach nicht wegschauen.
Ihr Helfer, der sehr dunkel aussah, schleuderte die Gestalt in die Höhe.
Er hielt sein Schwert dabei schräg, drehte es dann im Kreis und schien den Schreien zu lauschen, die kein Ende nehmen wollten. Mit einer entgegengesetzten und ruckartigen Bewegung schleuderte er das Untier von der Klinge weg.
Es rutschte daran entlang, landete im Schnee, während aus der Wunde eine dicke dunkle Flüssigkeit sickerte und sich auf der jungfräulich weißen Fläche verteilte.
Das Untier war noch nicht tot oder vernichtet. Es schlug um sich, es zuckte mit allen Gliedern, aber es war nicht mehr fähig, auf die Füße zu kommen. Im Schnee blieb es liegen.
Lisa Eichler richtete sich auf. Dass sie dies tat, merkte sie kaum. Sie sah sich plötzlich im Schnee sitzen und nach vorn starren.
Ihr Helfer war noch da. Er trug einen langen Mantel, der um seinen Körper schwang, wenn er sich im Kreis bewegte. Seine Waffe mit der hellen Klinge hielt er mit beiden Händen fest.
Die Kreatur hatte sich wieder gefangen. So tief die Wunde auch war, aufgeben wollte sie nicht, und so richtete sie sich wieder auf, was mit zuckenden Bewegungen geschah.
Aber sie war zu schwach, um auf die Füße zu gelangen. Genau das nutzte die hoch gewachsene Gestalt mit den dunklen Haaren aus, sie wartete kurz ab, bevor sie abermals mit dem Schwert ausholte und die Waffe in eine bestimmte Richtung führte. Es war der perfekte Winkel, den sie brauchte.
Die helle Klinge traf den Hals des Monsters an der linken Seite. Lisa
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