1610 01 - Der letzte Alchimist
Bruchteil einer Sekunde auf Markham. Der stämmige Diener hatte bereits die Arme um Darioles Oberkörper geschlungen, während der ältere und der dürre ihr Rapier und Dolch aus den Scheiden zogen, und ich dachte: Gütiger Gott, sie haben sie entwaffnet! Und mit solcher Leichtigkeit …
»Guillaume!« Dariole wehrte sich nicht. Sie reckte nur den Hals, um an Thomas vorbei zu der geschlossenen Tür zu blicken. »Guillaume, ich bin deine Cousine …«
Sie stieß ein hohes Kreischen aus.
»Aha, sie ist ein Mädchen!« Der dürre Diener lachte. »Oder man hat ihm die Eier abgeschnitten; eins von beidem!«
»Ein Weib taucht in Männerkleidern auf, keine Diener, kein Gepäck und will das Geld unseres Herrn und sagt, sie sei seine Cousine … Ave«, knurrte der Mann mit Namen Thomas verächtlich. »Das ist wirklich seeehr wahrscheinlich. Tut mir Leid, dass wir Euer französisch Gnaden nicht gefällig sein können!«
» Cochon !«
Ich beobachtete, wie sie zappelte, die Arme an die Seiten gepresst. Noch immer versuchte sie, zu der geschlossenen Tür zu kommen. In ihrer Stimme lag mehr Ungläubigkeit als Wut. Ich hielt die Luft an. Das war nicht mein Monsieur Dariole, das war nicht der verwegene Duellant …
Die Männer stießen sie zwischen sich hin und her und krümmten sich vor Lachen.
»Roshfu-san …«
»Das sind Bauern.« Absichtlich verwendete ich einen Begriff, von dem ich glaubte, dass Saburo ihn verstand. »Sie benutzen gerne Knüppel. Niemand hat je Ehre erlangt, indem er gegen Diener oder Lehrlinge gekämpft hat.«
»Wir sollten zuschlagen und weggehen.« Er legte die Hand auf das mit Seide umwickelte lange Heft seines Schwertes.
»Nein. Das ist ihr Kampf, Messire.«
Und außerdem, warum sollte ich dem Einhalt gebieten?
Ich verbarg ein Lächeln.
Wir würden sämtliche Pläne neu machen müssen, doch für den Augenblick … Warum sollte ich für den Augenblick nicht erst einmal genießen, was ich sah?
Der dünne Mann hielt Rapier und Dolch hoch über seinen Kopf, sodass Dariole nicht daran konnte. Sie wand sich in Thomas' Griff, stieß sich mit den Zehen ab, um nach den Waffen zu greifen … und rutschte komisch aus.
»Du gottverdammter Hurensohn!«, schrie sie auf Englisch, trat hinter sich und traf Thomas in den Unterleib.
»Das reicht! Verschwinde! Und komm ja nicht wieder zurück! Wenn ich dich noch einmal hier sehe, lasse ich dich vom Gemeindebüttel durch More Gate peitschen!«
Thomas packte sie hinten am Kragen. Das fleckige Leinenwams war kein Kleidungsstück, wie respektable Männer es tragen würden, ganz zu schweigen von einer respektablen Frau. Ich hielt die Luft an und wartete darauf, dass sie ihn schlug.
Thomas versetzte ihr einen geschickten Tritt in die Kniekehle.
Sofort sackte sie weg, hing in seinem Griff und schnappte nach Luft.
Thomas stieß ein lautes Lachen aus, hob sie am Kragen hoch, und dann sah ich, wie er den losen Stoff an ihrem Hintern packte. Dariole schlug nach ihm, ohne auch nur die geringste Wirkung zu erzielen. Sie versuchte, sich mit den Stiefeln auf dem nassen Pflaster festzuhalten.
Saburo rief etwas in der Sprache von Nihon, während ich selbst das Rapier fester packte.
Der Diener riss die Hose hoch, und Dariole kreischte, als er sie zwischen den Beinen packte.
Dann nahm er Anlauf und warf sie über die Straße.
Einen Augenblick lang hatte Mademoiselle Dariole keinen Bodenkontakt mehr und flog über den in der Sonne glitzernden nassen Matsch.
Brauner Schlamm spritzte auf, als sie auf dem Boden aufschlug. Sie schlug unmittelbar neben dem Kanal in der Mitte der Straße auf, rollte ein Stück und lag schließlich mit dem Gesicht mitten in der Scheiße.
Rochefort: Memoiren
Zehn
Sie war sofort wieder auf den Beinen, kreischte und spie. Ihre Kleider trieften von einer bösartigen braungelben Flüssigkeit, und Pissetropfen flogen durch die Luft, als sie sich schüttelte.
» Cochon ! Hundeficker …« Letzteres sagte sie in schlechtem Englisch, und wieder spie und prustete sie. Das Zeug an ihrem Leib war wirklich ekelhaft.
Stahl blitzte auf.
Der dürre Diener warf Rapier und Dolch sorglos neben Dariole in den Dreck.
Die drei Männer gingen wieder zum Haus der Markhams, traten ein und schlossen die Tür hinter sich.
Dariole schlurfte vorwärts und rutschte aus. Erneut rappelte sie sich auf und rannte über die Straße. Ich hörte ihre Stiefel durch den Dreck platschen. Sie schlug mit dem Dolchknauf gegen die Tür und schrie unzusammenhängendes Zeug. Dass
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