1624 - In der Wechselzone
geben."
„Mach, was du willst", erwiderte er und ließ sie stehen.
Erzürnt über diese Behandlung blickte sie ihm nach. „Du bist etwas zu hochmütig", rief sie ihm hinterher. „Du wirst schon sehen, was du davon hast."
Er machte eine abfällige Geste, die ihr verriet, was er von ihrer Drohung hielt: Leeres Geschwätz!
Empört fuhr sie herum und eilte einen Gang entlang. Mit der Schulter prallte sie gegen eine junge Frau aus der Besatzung, die ihr entgegenkam.
Sie achtete nicht darauf und ging weiter, ohne sich zu entschuldigen. „Blöde Ziege", zischte die Terranerin hinter ihr her.
Rebecca hörte es nicht. Sie war mit ihren Gedanken bei Arkoniden und Akonen. In den letzten Tagen war sie mit einer Fülle für sie völlig neuer Daten konfrontiert worden. Elrath Theondus hatte ihr Einblick in die Geschichte der beiden Völker gegeben und sie mit vielen Dingen vertraut gemacht, von denen sie nie zuvor gehört hatte, und die sie noch nicht richtig einzuordnen wußte. „Manchmal überlege ich mir, ob wir die ganze Sache nicht völlig falsch angehen", sagte sie, als sie das Archiv betrat. „Müssen wir tatsächlich um Jahrtausende in die Vergangenheit zurückgehen, um zu verstehen, was heute geschieht?"
Der kleine Archivar griff sich mit beiden Händen an den Kopf. „Nicht schon wieder!" flehte er. „Dieses Thema haben wir doch schon mehrfach durchgehechelt. Du wirst die Gegenwart nie und nimmer verstehen, wenn du keine Ahnung von der Vergangenheit hast. Wie oft soll ich dir noch sagen, daß du nicht nachvollziehen kannst, wie sich zum Beispiel Atlan heute verhält, wenn du nicht weißt, welche Bedeutung er für Arkon gehabt hat und immer noch hat."
Rebecca setzte sich neben ihn, schob ihre Ellenbogen auf den Tisch und stützte stöhnend das Kinn auf die Fäuste. „Genügt es nicht, wenn ich weiß, daß Akonen und Arkoniden sich die Schädel einschlagen wollen?"
Er lachte. „Du bist zu mir gekommen, Verehrteste! Ich habe dich nicht gebeten, die historischen Zusammenhänge erklären zu dürfen."
„Auch wieder wahr."
„Immerhin ehrt es dich, daß du dich ernsthaft darum bemühst, die geschichtlichen Wurzeln dieser beiden Völker und der wichtigsten ihrer Familien kennenzulernen", lobte er sie.
Elrath Theondus war lebendes Inventar des Archivs. Er verwaltete es nicht nur, ergänzte und ordnete es, sondern war längst Teil von ihm geworden. Für einen Mann wie ihn, der sich über Wochen und Monate hinweg in geschichtliche Details versenken konnte, um auch noch die letzte ihm wichtig erscheinende Information draus hervorzuholen, war es schlechterdings unvorstellbar, daß sich jemand nur einen äußerst flüchtigen und oberflächlichen Überblick verschaffen wollte.
Rebecca hatte nicht seine Geduld. Sie überschlug wichtige Epochen, nur um immer wieder auf geschichtliche Ereignisse zu stoßen, die sie nicht verstand. Elrath Theondus aber war geduldig. Immer wieder erläuterte er Zusammenhänge und versuchte auf diese Weise, ihr Verständnis zu wecken.
Alle Informationen allerdings gab er nicht preis. „Einige Türen bleiben mir verschlossen", erkannte sie, als sie an diesem Tag mit der Arbeit begannen. „Warum?"
Er lächelte. „Du wirst alles erfahren", versprach er ihr. „Ich möchte nur ein paar Überraschungen für dich aufbewahren, die alles noch ein bißchen spannender und interessanter für dich machen werden."
In diesem Moment wurden sie durch den hereinkommenden Yart Fulgen unterbrochen. Der gebürtige Plophoser und inzwischen eingebürgerte Arkonide setzte sich zu ihnen. Er war ein schlanker, nicht sehr großer und nicht sehr kräftiger Mann. Seine Stärke war der scharfe, analytische Verstand.
Ein leichtes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Er machte einen schüchternen, zurückhaltenden Eindruck, doch Elrath Theondus wußte, daß dieser Eindruck täuschte. Fulgen war alles andere als ein Duckmäuser oder ein gesichtsloser Mitläufer. Er hatte ihn schon ganz anders kennengelernt, als er seinem überschäumenden Temperament freien Lauf gelassen hatte. Als Archivar, der alle relevanten geschichtlichen Ereignisse festhielt, wußte Theondus darüber hinaus, daß Yart Fulgen schon in jungen Jahren ein leidenschaftlicher Verfechter der Ideen der Widerstandsorganisation WIDDER gewesen war. „Nicht alles", sagte Fulgen. Er blickte Rebecca an. „Die Ennox, die zwischen der BASIS und Atlan im Arkon-System hin und her pendeln, berichten ihr, was dort geschieht. Und sie liefern ihr auch Analysen
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