Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1667 - Die Früchte des Wissens

Titel: 1667 - Die Früchte des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Vögel aus dem Land Zuun herkommen. Ich habe Spuren gesehen. Spuren von einem Voya-Rudel."
    Mit diesen Worten drehte sich Hapt um. Er verfiel in leichten Trab und verschwand kurze Zeit später hinter dem Bergrücken. Niisus nutzlosem Geschrei schenkte er keine Beachtung mehr.
    Jetzt erst begriff Niisu, was er mit seinen letzten Worten hatte sagen wollen. Spuren von einem Voya-Rudel. Die Fleischstreifen! Wenn es etwas gab, das Voya magisch anzog, so war es der Geruch von Aas. Niisu war sicher, daß sich das Rudel auf dem Weg hierher befand.
     
    *
     
    Der Trepecco hatte keine Chance. Die Fesseln waren nicht ewig haltbar, doch für ein paar Stunden reichte es. Eine halbe Stunde Frist, schätzte er, je nach Windrichtung und Standort der Voya.
    Niisu legte sich auf die Seite, stieß sich vom Felsen weg und rollte ein paar Meter.
    Entweder mußten die Fesseln ab, oder er mußte einen Ort erreichen, der für die Voya unzugänglich war. Beides war unmöglich. Hapt hatte ganze Arbeit geleistet.
    Niisu fühlte sich wie eines der Tiere, die er in die Falle gelockt hatte. Wie die Seligu, die sich gegenseitig bei lebendigem Leib zerfleischt hatten, oder wie die Nagebraaks, die in der Dunkelheit ihren Feinden in die Fänge gelaufen waren. Es gab überhaupt nur einen Weg. Und dahin schaute Niisu. Mit beiden Beinen schob er sich in Richtung Höhle. Wenn Hapt dort aufrecht gestanden hatte, hatte auch er genügend Platz. Aber was half das gegen Voya? Es war Dummheit, sich einzubilden, sie fänden ihn im Dunkeln nicht. Trotzdem. Wenn ich etwas tun kann, so versuche ich es. Egal, was es ist; ich werde nicht warten, bis ich sterbe. Nicht, bevor ich einmal in meinem Leben das Jenseits-Land erreicht habe.
    Niisu robbte unter Einsatz seiner ganzen Kräfte über den felsigen Boden. Nach wenigen Metern war er in Schweiß gebadet. Seine Haut, vorher wochenlang von Pelz geschützt, riß an vielen Stellen auf. Das Blut würde die Voya zusätzlich in Raserei versetzen.
    Er erreichte die Grenze zwischen Licht und Dunkelheit. Über drei Meter war der Eingang zur Höhle hoch, etwa halb so breit. Eine Weile blieb er still im Zwielicht liegen. Er konnte jetzt sehen, daß sich ein dunkler Schlauch weit in den Berg erstreckte. Und da war ein kühler Lufthauch; entweder gab es einen zweiten Zugang oder dicke Spalten im Fels.
    Niisu versuchte, seine Fesseln zu lockern.
    Er zerrte und scheuerte, ohne Erfolg. Waren da Geräusche? Rasender Wirbel von Pfoten, ein Dutzend Tiere... Aber nein, die Geräusche existierten nur in seiner Einbildung. Niisu hörte den Schlag seines Herzens, so laut wie eine Trepecco-Trommel.
    Und plötzlich lockerte sich die Fessel am linken Fuß. Weiter riß er, so stark er konnte.
    Doch alles, was er bewirkte, war ein blutendes Fußgelenk. Darauf kommt es nicht an.
    Ich, bilde mir ein, Cahlie wäre hier. Ich würde kämpfen, bevor ich sterbe. Ich tue es auch ohne sie.
    Niisu gewann Bewegungsfreiheit, etwa eine Handspanne. Um wegzulaufen, reichte das bißchen nicht. Es war zu wenig, um eine Anhöhe zu erklimmen, und nicht genug, um sich zu verteidigen. Käme er jetzt auf die Beine, würde er über den nächsten Stein stolpern und sich die Nase brechen. Nein...
    Aber da - Geräusche! Und diesmal entsprangen die Laute nicht mehr seiner Phantasie.
    Die Voya kamen. Was wie entferntes Husten klang, war nichts anderes als ein Signal des Leittiers. Ein paar Sekunden noch. Dann trauen sie sich heran. Schon ließ sich die Schnauze eines Voya sehen, verschwand gleich wieder, kehrte kurz darauf zurück.
    Dann waren es zwei, vier, fünf.
    Niisu stieß ein tierhaftes Brüllen aus. Wie huschende Blitze verschwanden sie, die Jäger des Gebirges Rok. Er robbte vor, ehe der Schrecken nachließ. Sahen die Steine im Höhleneingang nicht locker aus? Nochmals riß er an seinen Fesseln, diesmal mit aller Kraft, und wieder gewann der Nomade ein kleines Stück Bewegungsfreiheit. Er spannte seine Leibmuskulatur und hob beide Beine. Verzweifelt trat er gegen den Stein, der rechter Hand aus dem Eingang ragte. Ein großer Brocken flog beiseite. Niisu war es, als habe er sich beide Beine gebrochen.
    Dennoch holte er ein zweites Mal aus und trat den Rest des Steins weg. Ein rumpelndes Geräusch drang aus den Wänden.
    Was ist das? „Verschwindet, ihr Tiere!" schrie er. „Ihr bekommt mich nicht!"
    Niisu wälzte sich zur anderen Seite. Drei neue Steine: Den ersten katapultierte er mit einem heftigen Stoß bis weit nach draußen, und zwar so, daß es auch die

Weitere Kostenlose Bücher