1743 - Die Templer-Gruft
Diesmal traf er das Kinn des Mannes. Wieder musste der Kerl zurück, diesmal landete er auf dem Boden.
War das der Sieg?
Nein, ein halber höchstens, denn der andere schaffte es, wieder auf die Beine zu gelangen. Er stemmte sich auf halbe Höhe und wirbelte in einem Halbkreis herum, der ihn weiter von Godwin wegbrachte in den Gang zwischen die Regale.
Er lachte auf. Er war leicht angeschlagen und schaffte es trotzdem, nach einer Weinflasche zu greifen, die er als Waffe einsetzen wollte.
Flasche gegen Messer?
Godwin fühlte sich im Vorteil. Trotzdem war er auf der Hut. Zudem bewegten sich beide in einer Zone, die nicht eben hell war. So weit reichte das Tageslicht nicht.
Aber Godwin sah das Gesicht des anderen.
Eigentlich zum ersten Mal besser, und er konnte nicht behaupten, dass es ihm gefiel. Es zeigte einen harten Ausdruck, war recht dunkel, und nur in den Augen bewegte sich etwas.
Godwin griff noch nicht an. Er wollte mehr erfahren und fragte: »Wer bist du?«
Die Antwort bestand aus einem Kopfschütteln.
»Weshalb wolltest du mich töten?«
Jetzt grinste der Mann mit dem schwarzen Tuch auf dem Kopf.
»Warum musste Henri Graham sterben?«
Jetzt sagte der Mann etwas. Einen kurzen Satz nur, aber der war für den Templer nicht zu verstehen. Nicht nur weil er so leise gesprochen hatte, er war auch in einer Sprache abgegeben worden, die Godwin nicht kannte.
Er ging vor. Er wollte den Killer locken, der ihn genau beobachtete. Die Flasche wog er dabei locker in der Hand. Er hatte sie an Hals umklammert und wartete wohl auf einen Angriff, damit er ihn parieren konnte.
Der erfolgte nicht.
Godwin hatte nicht vor, hier noch weiter zu warten. Er wollte den Killer packen und täuschte einen Messerangriff vor.
Der Mörder wich zurück, drei, vier kleine Schritte lief er nach hinten. Das kam dem Templer gelegen. Mit der freien Hand griff Godwin nach einer mit Rotwein gefüllten Flasche und schleuderte sie zielsicher auf die Gestalt des Killers zu, der sich noch duckte, aber nicht schnell genug nach unten kam und von der Flasche am Kopf getroffen wurde.
Ob mit dem unteren Ende oder mit dem Flaschenhals, das bekam Godwin nicht richtig mit. Wichtig war nur, dass der Hundesohn aus dem Konzept gebracht wurde.
Der Mann dachte in den folgenden Sekunden nicht an Gegenwehr und schaffte es auch nicht, auf den Beinen zu bleiben. Er ging zu Boden, rutschte dabei noch aus, und Sekunden danach traf der Tritt des Templers seinen Kopf in Kinnhöhe.
Es war der Treffer, der den Mann groggy machte. Er war für die nächste Zeit ausgeschaltet, aber nicht bewusstlos. Godwin nahm ihm die Flasche ab und zerrte ihn zur Seite, wobei der zähe Killer versuchte, wieder auf die Füße zu kommen.
Das ließ Godwin zu. Er half ihm sogar dabei und wuchtete ihn dann herum, damit er ihn rücklings auf eine Tischplatte drücken konnte.
Mit der linken Hand presste er ihn auf das alte Holz, in der rechten hielt er den Dolch, dessen Spitze sich nur einen Fingerbreit von seinem Hals entfernt befand.
»Wenn du dich falsch bewegst, bist du tot!«
Der Mann verstand die Drohung. Er blieb liegen und keuchte dem Templer ins Gesicht. Am Kinn bildete sich eine Beule, aber der Mann war nicht von der Rolle, das wusste de Salier genau.
»Warum hast du Henri Graham getötet?«
Aus dem Mund drang ein Lachen.
Godwin nickte, dann drückte er den Dolch mit der Spitze gegen den Hals des Mannes. Die dünne Haut riss und einige Blutstropfen quollen hervor.
»Ich kann auch tiefer stechen.«
»Ja, weiß ich. Aber wenn du mich killst, erfährst du nichts.«
»Wer sagt denn was von töten? Ich kann dich auch mit dem Messer zeichnen und abwarten, was du alles an Schmerzen aushältst. Denk darüber nach.«
»Du schaffst es nicht.«
»Ach ja?«
»Du bist ein Templer. Euch gibt es nicht mehr. Ihr seid aufgelöst worden und...«
»Wieder da!«, erklärte Godwin. »Aber was ist mit dir? Zu welcher Gruppe gehörst du?«
»Wir sind auch wieder da.«
»Ach. Und wer seid ihr?«
»Wir haben uns schon immer gehasst, de Salier. Das solltest du am besten wissen. Wir haben uns bekämpft, und das hat auch Graham gewusst. Er hat die Konsequenzen daraus gezogen, er wollte mehr wissen, viel mehr. Er hat hoch gespielt, aber alles verloren.«
»Du denkst an das Foto?«
»Ja. Kennst du es nicht?«
»Jetzt schon. Die Gruft liegt voller Tote. Ich weiß nur nicht, wer diese Menschen sind.«
»Dann forsche nach.«
»Sie gehört mir, nein, uns.«
»Wer seid ihr? Habt ihr
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