1754 - Phantome auf Schimos
Hamamesch-Fürst hatte keine andere Wahl, obwohl dieser Marsch ihn an die Grenzen der Belastbarkeit brachte.
Kamhele hoffte, daß der Unsichtbare sich auf Jeschdeans Trägheit und Unbeweglichkeit verließ.
Wahrscheinlich würde nicht einmal Ebbiddim damit rechnen, daß der Fürst die Mühsal auf sich nahm, zu Fuß zu fliehen.
Die Ratgeberin war erleichtert, als sie endlich den friedlichen, bisher nicht heimgesuchten privaten Hangar erreichten, ohne daß Jeschdean unterwegs zusammengebrochen war. Sie verständigte den ständig anwesenden Bereitschaftsdienst, einen Piloten zu holen und die kleine Fähre startklar zu machen.
Der Fürst wuchtete sich in die kleine Kabine, ohne sich von Kamhele zu verabschieden. Er wußte wohl, daß es sinnlos war, sie zum Mitkommen zu überreden - und Befehle hatte er ihr noch nie erteilt. Aber er wollte sein Mißfallen wenigstens durch sein Schweigen ausdrücken.
Kamhele ging nicht darauf ein. Sie wußte genau, was in ihrem Herrn vorging, sah aber diesmal keine Veranlassung, sich den Gepflogenheiten der Hamamesch anzupassen und ein paar tröstende oder um Verzeihung heischende Worte zu sprechen.
„Ich halte dich auf dem laufenden", versprach die Sydorrierin schlicht und hob kurz die Hand zum Gruß, dann verließ sie eilig den Hangar.
Wenn sie sich auf die Überwachungssysteme in diesem Bereich noch verlassen konnte, hatte der Trick funktioniert - der Unsichtbare schien nicht mitgekommen zu sein.
*
Es war nur von Vorteil, daß Jeschdean sich nach Morva absetzte; so konnte die Suche nach dem Phantom ungehindert fortgesetzt und das Rätsel seiner Herkunft wohl bald gelöst werden.
Falls es sich tatsächlich um eine List des Kanzlers handelte, wollte Kamhele den Fürsten lieber vor vollendete Tatsachen stellen. Er sollte daran nicht unmittelbar teilhaben; es war einfach zu spät, Jeschdean mit seinen fünfzig Jahren noch mit der Realität konfrontieren und ihn zur Eigeninitiative erziehen zu wollen.
Kanzler Ebbiddim hielt sich in jenem Teil des Palastes auf, in dem das Phantom vermutet wurde.
Fast die gesamte Palastgarde war postiert, um den Unsichtbaren abzufangen, falls er zu fliehen versuchen sollte. Es hatte sich nämlich bei einer Verfolgung herausgestellt, daß der Unsichtbare nicht einfach durch Wände gehen konnte.
„Damit können wir ihn in die Enge treiben", sagte der Kanzler zuversichtlich zu Kamhele, nachdem sie ihn über Jeschdeans Flucht informiert hatte. „Ich habe genügend Leute, um den gesamten Palast abzuriegeln. Er wird uns nicht entkommen. Wir wissen, daß er sich in diesem Sektor aufhält, anscheinend immer noch auf der Suche nach einem geheimen Lager. Manche Sensoren funktionieren einigermaßen, und wir konnten seinen Weg nachverfolgen. Das Gebiet, in dem er sich aufhält, wird zusehends eingegrenzt, bis ..."
„... die Falle zuschnappt", beendete Kamhele den Satz. „Das ist wünschenswert. Es wird Zeit, daß wir endlich herausfinden, wer dieses Wesen ist und was es will."
„Ich sehe da nur eine Möglichkeit", meinte Ebbiddim. „Es ist ein Spion eines anderen Oktanten."
Ein Gardist meldete über Funk, den Unsichtbaren entdeckt zu haben.
„Endlich!" rief der Kanzler aus. „Nun werden wir bald mehr wissen!" Er ließ sich den genauen Standort nennen und machte sich sofort auf den Weg. „Du wirst nicht benötigt", sagte er zu Kamhele. „Zieh dich in deine Räume zurück, ich lasse es dich wissen, wenn wir dich brauchen. Bis dahin wirst du nichts unternehmen und deine Räume auch nicht verlassen."
Das gefiel Kamhele nicht, aber in dieser stark angespannten Lage hatte sie wohl keine andere Wahl, als sich zu fügen. Ebbiddim verfügte über viel Macht und Einfluß, und im Augenblick war die Sydorrierin auf sich allein gestellt.
Sie mußte es ohnehin in Kauf nehmen, daß der Kanzler die tatsächlichen Verhältnisse möglicherweise verdrehte, um ihr die Schuld anzulasten. Das mußte sie einfach auf sich zukommen lassen.
Wenn du auf unsicherem Boden stehst, gehe einen Schritt zurück, hatte Kryomon einmal gesagt. Erst wenn du die genaue Position und Stärke deines Gegners kennst, kannst.du ihm begegnen. Ziehe niemals eine Auseinandersetzung hinaus, auf der Suche nach immer neuen Argumenten, nur weil du keine Beweise hast. Gleiche dich niemals den anderen an, auch wenn du bei ihnen lebst und ihnen verbunden sein magst! Sie kämpfen zumeist mit unfairen Mitteln und zögern das Ende durch Tricks hinaus, um dich auszubluten und leichtes Spiel
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