1764 - Die Killerin
jemand dort!« Jane hatte ihre Stimme gesteigert.
Beide hörten etwas.
Aber nicht vom Fenster her, sondern von der anderen Seite, wo sich die Tür befand. Dort klang ein Geräusch auf, das an Schritte erinnerte, die hart aufgesetzt wurden.
Olga zeigte sich leicht irritiert. Dann wurde hinter Jane die Tür geöffnet, und die Detektivin glaubte an etwas Schlimmes. Sie wollte den Mann warnen, aber das war zu spät. Jetzt erlebte Jane, wie grausam konsequent die Killerin sein konnte.
Sie hörte den Schuss und zuckte zusammen, weil sie daran dachte, dass sie vielleicht getroffen werden konnte.
Dem war nicht so.
Die Kugel raste an ihrem Kopf vorbei und fand hinter Jane Collins ein anderes Ziel. Den Aufprall der Kugel hörte sie nicht, weil das Echo so stark war, aber sie erlebte in den nächsten Sekunden, dass Olga getroffen hatte.
Das Geschoss hatte den Mann nicht von den Beinen geholt. Er lebte noch, und er konnte sich auch bewegen, wenn auch nicht mehr konzentriert, sondern reflexartig.
Er ging noch vor, erreichte Jane an der rechten Seite. Das fremde Gesicht tauchte auf, und auch das Blut am Hals und etwas tiefer. Ein letztes Röcheln drang aus seinem Mund, dann kippte der Mann nach vorn. Er schlug noch mit der Stirn gegen den Tisch, doch das erlebte dieser Mensch nicht mehr, denn er war tot.
Hart prallte er auf, und danach wurde es still.
Olga nickte und sprach dann davon, dass es hatte sein müssen.
»Warum?«
»Ich will keine Zeugen.«
»Und jetzt?«
»Werden wir die Konsequenzen ziehen.«
»Wie sehen die aus?«
Olga wollte eine Antwort geben, doch sie kam nicht mehr dazu. Von draußen her hörten beide Frauen einen Mann etwas rufen.
»He, Billy, was ist los? Melde dich. War das ein Schuss? Wo bist du denn?«
Olga erhob sich.
Jane wollte keinen zweiten Toten. »Bitte, wir können verschwinden. Man muss uns hier in dieser Hütte nicht zusammen sehen. Ich werde meinen Mund halten und...«
»Hör auf zu reden.« Die Mündung zielte jetzt auf die Detektivin. »Und hör auf zu schauspielern.«
Jane wusste nicht, was Olga damit gemeint hatte. Sie sah nur, dass sich die Frau umdrehte und das Zimmer verließ. Sekunden später fiel wieder ein Schuss.
Jane zuckte zusammen. Sie fühlte sich so hilflos und auch der anderen Seite ausgeliefert. Die kannte keine Gnade.
Jane stand längst.
Und auch Olga stand. Aber nahe der Tür, sodass sie ins Zimmer reinschauen konnte.
»Los, Süße, komm mit mir.«
Jane war überrascht wegen dieses Ausspruchs. Aber in einem solchen Fall war es besser, sich zu fügen, denn jetzt zielte die Mündung auf sie.
»Und wie geht es weiter?«
»Das bekommst du noch früh genug zu sehen.«
Jane sah ein, dass es unmöglich war, gegen die Killerin anzugehen, solange sie keine Waffe hatte. Olga war mit allen Wassern gewaschen, kannte alle Tricks und setzte sie auch rücksichtslos ein.
Jane Collins schob sich nach draußen. Niemand hielt sie auf. Der zweite Mann, er trug ebenfalls Arbeitskleidung wie sein Kollege, lag vor der Tür. Er war zur Seite gefallen und rührte sich nicht mehr. Wo die Kugel ihn getroffen hatte, sah Jane Collins nicht.
Die beiden Frauen blieben stehen. Sie schauten sich um, aber es waren keine anderen Menschen mehr unterwegs. Niemand hatte den Schuss gehört, aber die Killerin war der Ort hier trotzdem nicht mehr genehm.
»Wir werden von hier verschwinden.«
Jane nickte nur. »Und wohin?«
»Das werde ich noch entscheiden. Hier jedenfalls können wir nicht bleiben.«
»Gut.« Jane senkte den Kopf. Nicht etwa, weil sie Angst gehabt hätte oder sich schämte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, nachdenken zu müssen. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, sie bekam nichts in die Reihe. Sie fühlte sich wie von der Außenwelt abgeschnitten. Sie hatte keine Chance, der Killerin zu entwischen. Ohne ihre Pistole war sie hilflos. Sie hatte kein Handy, sie sah keine Chance – und zuckte zusammen, als sie etwas Kaltes in ihrem Nacken spürte. Es war die Mündung einer Waffe.
»Ich will dich nicht killen, Jane, aber ich will dir nur klarmachen, dass ich die Stärkere bin.«
»Schon gut.«
»Dann komm jetzt.«
Der Druck verschwand von ihrem Nacken. Wie eine kalte Figur stand Olga neben ihr. Ihre Augen waren auf Jane gerichtet. Sie erlebte keinen leblosen Blick, sondern einen, der keine Gnade kannte.
Sie gingen zum Auto.
Jane öffnete die Beifahrertür des A4. Das passte der Killerin nicht.
»Nein, du kannst fahren.«
»Und wohin?«
»Das werde ich dir
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