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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ma­chen.
    »Dä­mo­nen!« stieß er mit zit­tern­den Lip­pen her­vor. »Ihr seid al­le Dä­mo­nen!«
    Er be­gann zu schrei­en und sank in die Knie. Der Schmerz zuck­te durch sei­ne Bei­ne, als sie ein­knick­ten und er lang am Bo­den lag, ge­nau vor Va­le­ries Fü­ßen. Sie saß im­mer noch auf der nied­ri­gen Stein­mau­er und sah auf ihn her­ab.
    »Gna­de!« wis­per­te er mit ver­sa­gen­der Stim­me. »Val … bit­te …«
    Sie lach­te spöt­tisch.
    Es war die­ses La­chen, das den Rest sei­ner Le­bens­glut neu an­fach­te und ihm die Kraft gab, sich noch ein­mal auf­zu­rich­ten. Mit bei­den Hän­den griff er nach ih­ren Fü­ßen und hob sie an. Er igno­rier­te die furcht­ba­ren Schmer­zen im Rücken und rich­te­te sich auf, oh­ne Va­le­ries Fü­ße los­zu­las­sen. Er hör­te, wie sie ent­setzt auf­schrie, und dann wur­den ihm ih­re Fü­ße von ei­nem hef­ti­gen Ruck aus den Hän­den ge­ris­sen.
    Va­le­ries Schrei kam plötz­lich aus wei­ter Fer­ne und riß jäh ab. Bob fiel kraft­los auf den Rücken. Er sah, daß der Platz, wo Va­le­rie ge­ses­sen hat­te, leer war. In dem Au­gen­blick, in dem sie un­ten auf der Stra­ße auf­schlug, fühl­te er ih­ren Schmerz. Ir­gend et­was in ihm zer­riß wie ein über­spann­ter Bo­gen, dann ver­lor er das Be­wußt­sein.
    Als er ei­ne hal­be Stun­de spä­ter er­wach­te, war er kräf­tig ge­nug, um auf­zu­ste­hen. Sein An­zug paß­te ihm wie­der. Im Spie­gel der Gar­de­ro­be sah er, daß sei­ne Haa­re nicht mehr weiß wa­ren, und auch die Zahn­schmer­zen wa­ren ver­schwun­den. Noch nie hat­te er sich so wohl ge­fühlt.
    Schnell glitt der Lift nach un­ten.
    Drau­ßen auf der Stra­ße flu­te­te der Nacht­ver­kehr. Hier un­ten war es hel­ler als oben un­ter dem Dach des Hoch­hau­ses. Die Leucht­re­kla­men ver­dräng­ten den Mond und tauch­ten Stra­ße und Bür­ger­steig in ei­ne grel­le Licht­flut.
    Bob such­te den zer­schmet­ter­ten Kör­per Va­le­ries, aber er fand ihn nicht. Er fand auch kei­ne Blut­spu­ren, son­dern nur ein Bün­del ver­schmutz­ter Klei­der. Es lag di­rekt in der Gos­se ne­ben ei­nem Gul­li.
    Er bück­te sich.
    Es wa­ren die Sa­chen, die Va­le­rie eben noch an­ge­habt hat­te.
    Als er sich wie­der er­hob, streif­ten sei­ne Fü­ße den grau­en Staub der Gos­se. Er wir­bel­te auf und drang in sei­ne Na­se.
    Er roch mod­rig und alt.
    Sehr alt.

 
Die Witwe vom Belgrave Square
von
Le­wis Ham­mond
     
     
    Le­wis Ham­mond (1861-1940) war ein eng­li­scher Arzt und Ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­ker, der sich in jun­gen Jah­ren ge­le­gent­lich als Er­zäh­ler ver­such­te und hin und wie­der bei Zeit­schrif­ten mit­ar­bei­te­te. Ei­ne Samm­lung sei­ner Kurz­ge­schich­ten liegt nicht vor. 1940 kam Ham­mond in Lon­don bei ei­nem Luft­an­griff ums Le­ben.
     
     
    Sir Ne­ville Hul­me, lang­jäh­ri­ger Di­rek­tor der Stern­war­te von Green­wich, war zwei­fel­los ei­ner un­se­rer be­deu­tends­ten Astro­no­men, und sei­ne For­schun­gen auf dem Ge­biet der no­vae fan­den ja auch in­ter­na­tio­na­le An­er­ken­nung. Aber was im­mer die Ster­ne ihm auch ver­ra­ten ha­ben moch­ten – über sei­ne ei­ge­ne Zu­kunft hat­ten sie ihm nichts er­zählt, sonst hät­te er es wohl nicht ge­wagt, noch im Al­ter von achtund­fünf­zig Jah­ren einen neu­en Haus­stand zu be­grün­den, und zwar mit der bei­na­he vier­zig Jah­re jün­ge­ren Ja­ne Bur­leigh aus der wal­li­si­schen Li­nie der be­kann­ten Fa­mi­lie.
    Die Hoch­zeit des be­rühm­ten Ge­lehr­ten, der ei­ne große, schlan­ke und ein­drucks­vol­le Er­schei­nung war, mit der auf­fal­lend schö­nen Ja­ne, ei­nem Mäd­chen kel­ti­schen Typs mit ro­ten Haa­ren, grü­nen Au­gen und je­ner sinn­li­chen Fül­le, wie sie nur noch west­lich des Se­vern vor­kommt, ver­dräng­te für einen Tag so­gar die Nach­rich­ten von der Weltaus­stel­lung in Chi­ca­go vom ge­wohn­ten Platz, und ganz Lon­don be­nei­de­te Sir Ne­ville um die­ses pracht­vol­le Ge­schöpf.
    Aber die­ses Glück währ­te eben nicht lan­ge. War es die Not­wen­dig­keit, sei­ne Näch­te zwi­schen den no­vae und La­dy Ja­ne zu tei­len, oder war es ganz ein­fach die na­tür­li­che Er­schöp­fung des Lei­bes nach

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