18 Gänsehaut Stories
daß dein Doktor Thornton vielleicht gar nicht so ist, wie er wirkt?« fragte sie nach einigen Minuten. »Seine Herrschsucht dient vielleicht nur dazu, etwas anderes zu tarnen. Ich glaube, daß er im Grunde seines Wesens sehr unsicher ist.«
Bob zuckte mit den Schultern. Ihm war längst etwas anderes eingefallen.
»Hör zu, du bist doch eine Hexe, nicht wahr?« fragte er.
Dagny gab keine Antwort.
»Und du hast doch noch Thorntons Bild?«
Sie machte eine vage Handbewegung. »Irgendwo.«
»Worauf wartest du dann noch?« fragte Bob. »Komm, ich möchte sehen, was an der Hexerei dran ist.«
»Was schlägst du vor?«
»Das ist deine Sache!« rief Bob ungeduldig. »Du sollst ihn verhexen. Weißt du keinen wirksamen Zauber?«
»Ich verstehe nicht, was du …«
»Ich hab’ schon oft gelesen, wie so was funktioniert. Da ist also ein Kerl, den man nicht leiden kann. Man besorgt sich sein Bild. Man sticht eine Nadel …«
Er sprach begeistert weiter, ohne zu merken, daß seine Frau ihr Gesicht in den Händen begrub. Großer Gott, jetzt hatte er’s wieder geschafft!
Bob eilte zu ihr und ergriff ihre Hände. Dagny schluchzte … sie schluchzte wirklich! Diesmal spielte sie keine Rolle. Er fühlte ihre Tränen, die auf seine Hände tropften.
»Dagny … Liebste … Das war nur Spaß. Ehrlich! Ich dachte, du wüßtest, daß das nicht mein Ernst ist.«
Diese Frau in seinen Armen war nicht die Staatshexe von Kalifornien. Sie war Dagny, seine Frau, der Mensch, den er am meisten liebte.
»Du kannst ruhig mit deiner Hexerei weitermachen«, sagte er grimmig. »Wenn ich’s mir überlege, bist du auf deinem Gebiet viel besser als ich auf meinem.«
Er küßte ihr die Tränen von den Wangen.
»Weißt du, was wir tun?« rief er. »Wir verbringen meine drei Tage auf dem Berg gemeinsam. Ich lasse uns gleich ein Zimmer reservieren. Wenn ich Thorntons Arbeit tun muß, ist es halb so schlimm, wenn du bei mir bist.«
Er sah sie besorgt an. »Einverstanden?«
Dagny nickte.
»Wunderbar!«
Dagny ging früh ins Bett. Bob ging in die Bibliothek, ließ sich in einen Sessel fallen und versuchte, seine aus den Fugen geratene Welt wieder zurechtzurücken. Vielleicht noch ein Drink … nein, lieber nicht. Vielleicht ein Buch.
Er nahm eins von Dagnys Büchern über Zauberei aus dem Regal, blätterte darin herum und las den erstbesten Absatz, der ihm ins Auge fiel. A STRALFLUG : Das eigenartige am Astralflug ist die Tatsache, daß er von wissenschaftlich geschulten Menschen intuitiv abgelehnt wird, obwohl zahlreiche Beweise für ihn sprechen. Tatsächlich würden die vorhandenen Beweise als überwältigend gelten müssen, wenn dieses Phänomen nicht so unwahrscheinlich wäre. Allgemein läßt sich feststellen, daß …
Wie konnte ein so intelligenter Mensch wie Dagny solchen Blödsinn glauben?
Sein Blick fiel auf die Sonntagsausgabe der Times, die mit Thorntons Bild nach oben auf dem Tisch lag. Quer über Thorntons Gesicht zeichnete sich ein eigenartig gabelförmiger Schatten ab.
Das kam Bob irgendwie bekannt vor. Aber warum?
Jeanettes Hände! Dagny hatte ihm versprochen, einen anderen Platz dafür zu suchen, und hatte Wort gehalten. Jetzt standen sie mit gespreizten Fingern neben der Tischlampe.
Bob schlug das Buch wieder auf und las an einer anderen Stelle weiter:
… die Handhaltung, bei der Zeige- und Mittelfinger gestreckt sind, verkörpert Gott und den vervollkommneten Menschen, die ihren Segen spenden. Aber wie alle Kräfte der physischen Welt kann dieser Segen auch zum Fluch werden. Wird die Hand nämlich so gehoben, daß der Schatten der beiden Finger Kopf und Hörner der Ziege Baphhomet darstellt, ist der Person, auf die dieser Schatten fällt, ein schreckliches Schicksal gewiß.
Für Bob war die Fahrt auf der kurvenreichen Straße
Weitere Kostenlose Bücher