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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Um­stand mach­te es mei­ner Frau nur noch lie­ber, die, wie ich schon sag­te, in ho­hem Ma­ße je­ne Zärt­lich­keit des Her­zens be­saß, die auch einst mein her­vor­ste­chends­ter Cha­rak­ter­zug und die Quel­le ein­fachs­ter und reins­ter Freu­den ge­we­sen war.
    Doch schi­en mit mei­nem Wi­der­wil­len ge­gen den Ka­ter des­sen Vor­lie­be für mich nur noch zu wach­sen. Er folg­te mir stets auf dem Fu­ße, mit ei­ner Be­harr­lich­keit, die ich nur schwer be­schrei­ben kann. Setz­te ich mich nie­der, so kau­er­te er sich un­ter mei­nen Stuhl oder sprang mir auf die Knie und über­häuf­te mich mit den häß­lichs­ten Lieb­ko­sun­gen. Stand ich auf, um weg­zu­ge­hen, so zwäng­te er sich zwi­schen mei­ne Fü­ße und warf mich fast zu Bo­den, oder er klam­mer­te sich mit sei­nen lan­gen, schar­fen Kral­len in mei­ne Klei­der und klet­ter­te an mir fast bis zur Brust her­auf. Und ob­gleich mich bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten das Ver­lan­gen pack­te, ihn mit ei­nem Hie­be tot­zu­schla­gen, hielt mich im­mer ir­gend et­was da­von zu­rück, teils die Er­in­ne­rung an mein frü­he­res Ver­b­re chen, je­doch haupt­säch­lich – ich will es nur gleich ge­ste­hen – ei­ne wirk­li­che Angst vor dem Tier.
    Ich fürch­te­te mich nicht ge­ra­de vor ei­ner kör­per­li­chen Ver­let­zung durch Ka­ter – und doch wüß­te ich nicht, wie ich sonst dies Ge­fühl er­klä­ren soll­te! Ich ge­ste­he mit Be­schä­mung, selbst in die­ser Ver­brecher­zel­le mit Be­schä­mung, daß der Schreck und der Ab­scheu, den das Tier mir ein­flö­ßte, durch ein nich­ti­ges Hirn­ge­spinst – so nich­tig, wie man sich nur eins vor­stel­len mag – noch ge­stei­gert wur­de. Mei­ne Frau hat­te mich ge­le­gent­lich auf die Form des wei­ßen Fle­ckens hin­ge­wie­sen, von dem ich schon ge­spro­chen ha­be, und der den ein­zi­gen sicht­ba­ren Un­ter­schied zwi­schen die­sem selt­sa­men Tie­re und dem von mir ge­tö­te­ten aus­mach­te. Der Le­ser wird sich er­in­nern, daß die­ser Fleck, ob­gleich er groß war, nur sehr un­deut­li­che Um­ris­se auf­wies. Aber in ganz all­mäh­li­chen, kaum wahr­nehm­ba­ren Stei­ge­run­gen, die mei­ne Ver­nunft sich ver­geb­lich als Ein­bil­dun­gen ein­re­den woll­te, er­lang­ten die­sel­ben ei­ne fürch­ter­li­che Deut­lich­keit. Sie stell­ten jetzt einen Ge­gen­stand dar, den ich zu nen­nen schau­de­re und des­sent­we­gen al­lein ich das Un­ge­heu­er ver­ab­scheu­te und fürch­te­te und mich von ihm be­freit ha­ben wür­de, hät­te ich es nur ge­wagt. Es war das Ab­bild ei­nes scheuß­li­chen, spuk­haf­ten Ge­gen­stan­des – ich spre­che es aus: Es war die Zeich­nung ei­nes Gal­gens. O trau­ri­ges und furcht­ba­res Mahn­bild der Schan­de und der Süh­ne nied­rigs­ten Ver­bre­chens – voll To­des­qual!
    Und nun war ich elend – elend über al­le Gren­zen mensch­li­chen Elends hin­aus. Und ein un­ver­nünf­ti­ges Tier – von des­sen Ge­schlecht ich ei­nes ver­ächt­lich ge­tö­tet hat­te –, ein ver­nunft­lo­ses Tier be­rei­te­te mir, ei­nem Men­schen nach dem Eben­bil­de Got­tes, ei­ne solch un­er­träg­li­che Qual! Ach! We­der bei Ta­ge noch bei Nacht emp­fand ich mehr die Wohl­tat der Ru­he. Tags­über ließ mich das Tier kei­nen Au­gen­blick al­lein, und des Nachts fuhr ich stünd­lich aus Träu­men voll un­aus­sprech­li­chen Grau­sens auf, fühl­te sei­nen Atem über mei­nem Ge­sicht und sein schwe­res Ge­wicht – wie einen kör­per­lich ge­wor­de­nen Nachts­puk, den ich ab­zu­schüt­teln nicht die Kraft hat­te – un­abläs­sig auf mei­ner Brust!
    Un­ter dem Druck sol­cher Qua­len. schwand der schwa­che Rest da­hin, der noch von Gu­tem in mir war. Schlim­me Ge­dan­ken wur­den mei­ne ein­zi­gen Be­glei­ter – schlimms­te, fins­ters­te Ge­dan­ken! Mein ge­wöhn­li­cher Trüb­sinn ar­te­te in Haß aus ge­gen al­les in der Welt, ja ge­gen die gan­ze Mensch­heit: Meist war es mei­ne still dul­den­de Frau, die un­ter den plötz­li­chen zü­gel­lo­sen Wut­aus­brü­chen, de­nen ich mich jetzt oft blind­lings über­ließ, bit­ter zu lei­den hat­te.
    Ei­nes Ta­ges be­glei­te­te sie mich we­gen ir­gend­ei­ner häus­li­chen

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