1810 - Gier auf Leben
Menschen, das wusste er nicht, aber sie hatten alle Chancen, sich hier in der Nähe zu verstecken, und zwar in einem Kletterwald, wie Suko draußen auf einem Schild gelesen hatte …
***
»Nimm das Kreuz weg, verdammt!«
»Ach ja? Warum denn?«
»Weil es mich fertigmacht und ich das Gefühl habe, zu verbrennen.«
»Wieso?«
»Frage nicht, nimm es weg.« Sie schien große Angst zu haben, wenn sie mich so anfuhr. Ich ließ sie auch nicht im Unklaren.
»Ich kann es jederzeit wieder einsetzen. Ist dir das klar?«
»Ist es.«
»Dann fang mal an«, befahl ich, »und keine dummen Ausreden.«
Ich ließ das Kreuz wieder verschwinden und steckte es in meine Tasche.
Julie Robbins schaute zum Wohnmobil hin. Ihr Gesicht hatte sich verzerrt. Ich hätte gern gewusst, welche Gedanken sich in ihrem Kopf abspielten. Fragen wollte ich sie nicht danach. Auch Suko war zu sehen. Er stand noch draußen und hielt eine kleine Lampe fest, mit der er das Türschloss ableuchtete.
»Also?«
»Er wird keine mehr finden«, sagte sie und nickte. »Sie sind nicht mehr da.«
»Von wem redest du?«
»Von meinen Artgenossen.«
»Aha. Aber sie waren hier – oder?«
»Ja, sie wurden hergefahren, denn das Auto ist unser Transporter. Es ist umgebaut worden. In ihm liegen diejenigen, die das Blut der Menschen haben wollen.«
»Liegen?«
»Ja. Das ist wie in einem Kasernenzimmer. Da stehen die Liegen oder Betten übereinander.«
»Der Wagen ist also ein Transporter für Vampire.«
»Du hast es erfasst.«
Ja, das hatte ich wohl und gab zunächst keinen Kommentar ab. Allerdings fühlte ich mich alles andere als wohl und konnte nur den Kopf schütteln.
Was sich Justine Cavallo da ausgedacht hatte, war natürlich etwas Ungewöhnliches. Aber es passte zu ihr. Sie war wieder in Form, und sie konnte somit ihre eigenen Wege gehen.
Ich musste mich räuspern, um meine Kehle freizubekommen. »Dann seid ihr also unterwegs, oder?«
»Ja.«
»Du auch?«
Julie Robbins schaute mich mit einem seltsamen Blick an. »Wie kommst du auf diese Frage?«
»Ich will sie nur beantwortet wissen, das ist alles.«
»Was denkst du denn?«
»Dass du eventuell dein eigenes Spiel durchziehen willst. Ist das so weit hergeholt?«
Sie zeigte ein Lächeln. »Nein, du hast einen guten Riecher.«
»Das weiß ich.«
»Und weiter?«
Es machte ihr offenbar Spaß, sich länger mit mir zu unterhalten. Okay, dagegen hatte ich nichts und nahm das Wort wieder auf. »Bist du zu einer Einzelgängerin geworden? Hattest du keine Lust mehr? Wolltest du dich von den anderen absetzen und bist deshalb gegangen?«
»Du denkst nach.«
»Also stimmt es.«
»Ja!«
»Und was ist der Grund gewesen? Der genaue, meine ich.«
»Das ist ganz einfach. Ich wollte nicht mehr auf andere hören, ich wollte meinen eigenen Weg gehen.«
»Ja, das glaube ich dir sogar. Aber jetzt bist du gegen eine Wand gelaufen.«
»Es war ein Risiko, das wusste ich.«
Zu einer weiteren Bemerkung kam ich nicht, denn ich hörte Schrittgeräusche in der Nähe. Eine kurze Kopfdrehung zeigte mir an, dass Suko auf uns zukam. Erst, als er neben mir stand, fing er an zu sprechen.
»Der Wagen ist leer.«
»Das habe ich gewusst.«
»Hat sie dir das gesagt?«
»Ja.«
Suko stellte seine nächste Frage. »Und weißt du noch mehr?«
»Ja, der Wagen ist so etwas wie ein Transporter für Blutsauger. Dafür hat die Cavallo gesorgt.«
»Hoi, dann ist sie wieder voll dabei.«
»Das können wir unterschreiben.«
»Und wo sind sie hin?«
»Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Mir ist auch nicht bekannt, wie viele es sind oder waren. So weit sind wir noch nicht gekommen.«
Suko zog ein bedenkliches Gesicht. »Wenn das Wohnmobil voll besetzt war, dann müssen wir uns warm anziehen. Ich schätze die Liegen auf zehn.«
»Das ist wirklich nicht wenig.« Ich schaute Julie Robbins an. »Was sagst du dazu?«
»Kann sein.«
»Wie? Kann sein?«
»Es kann sein, dass sie alle besetzt waren. So genau weiß ich das nicht.«
»Aber du bist auch schon mitgefahren – oder?«
»Ja, das ist so.«
»Und ihr stellt den Wagen auch niemals immer nur an einer Stelle ab?«
»Das stimmt auch.«
»Schön. Und jetzt steht er hier, und ich will wissen, was das zu bedeuten hat.«
»Keine Ahnung.«
Ich winkte ab. »Hör auf zu lügen.«
»Ich lüge nicht!«
»Was haben sie hier zu suchen? Wo sind sie hin? Was haben sie in dieser vor uns liegenden Nacht noch alles vor?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Du weißt es!«
Sie schaute
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