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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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hing; bald flackerte auch das Feuer im Kamin. Er reichte jetzt Ludwig zwei Briefe von verschiedenem Datum hin, die jedoch, wie dies bei Feldposten zu geschehen pflegt, zu gleicher Zeit eingetroffen waren. Bernhard pfiff ein Soldatenlied und störte mit der Zange in dem Kamin umher, während Ludwig und Rasinski lasen. »Man ist sehr glücklich, wenn man keinen Korrespondenten hat,« warf er hin; »man braucht kein Porto zu zahlen, nicht zu antworten, ja nicht einmal zu lesen. Das letztere ist besonders für einen Maler, der gern seine Augen schont, ein höchst erfreulicher Umstand.« Er pfiff weiter, da ihm niemand antwortete. »Ich hab' mein' Sach' auf nichts gestellt – und mein gehört die ganze Welt«, summte er und heftete sein Auge starr in die Glut.
    »Ja, ja, du bist glücklicher als wir,« rief Ludwig plötzlich und heftig aus, indem er die Hand sinken ließ, in welcher er den Brief, den er soeben gelesen, hielt, »denn solche Briefe zu empfangen, das hat der Himmel dir erspart!« – »Was ist dir? Was hast du?« fragte Bernhard von seinem Sitze aufspringend. – »Ich kann's vermuten, nach dem, was mir meine Schwester meldet,« sprach Rasinski; »es ist ein namenloses Bubenstück, aber es soll nicht gelingen.« – »Schwarz wie die Nacht, und giftig wie die Brut der Natter«, rief Ludwig, außer sich. »Und um meinetwillen muß die Hilflose das leiden!«
    »Was denn, was? So redet doch in des Satans Namen«, rief Bernhard mit rollenden Augen, denn er ahnte etwas von der Wahrheit. – »Lies, lies«, sprach Ludwig und reichte ihm den Brief hin. Bernhard ergriff ihn hastig und wollte ihn rasch überfliegen, doch warf er ihn ebenso hastig wieder weg und rief: »Es sind mir zu viel Buchstaben, sie kreuzen durcheinander wie ein ganzer Haufen giftiger Spinnen. Sagt mir's mit zwei Worten, denn ich habe die Ruhe nicht, das Gift da langsam herauszusaugen.«
    »Es empört jeden, dem jemals ein männliches Herz in der Brust schlug,« sprach Rasinski und ging in Wallung mit großen Schritten auf und nieder; »die Buben, die euch verfolgen, sind auf seine unglückliche Schwester gestoßen, der Zufall oder ihre arglistigen Höllenkunstgriffe brachten das Geheimnis an den Tag, und –« – »Sie ist im Gefängnis?« rief Bernhard hastig unterbrechend und sein Auge flammte ergrimmt auf. – »Nein, das zum Glück nicht,« fuhr Rasinski fort; »aber empörende Anträge hat ihr der Bube gemacht, und des Bruders Haupt zum Preise –«
    »Rede nicht weiter, Rasinski!« rief Bernhard halb befehlend, halb flehend. »Soll es der Bruder zweimal hören?« Zugleich faßte er Ludwig und drückte ihn mit krampfhafter Heftigkeit an die Brust. »O die holde Rose! Welche Qualen des Schauders mußten ihr liebendes Herz erfüllen, als die stachelige Giftraupe sich scheußlich heranringelte! – Aber wir wollen Gott danken, daß sie gerettet ist, denn ich sehe es an euern Blicken, sie muß es sein, sonst könntet ihr so nicht hier stehen. Doch noch schauert mich in innerster Seele! Mein Ludwig!« Sie hielten sich aufs neue umfaßt. Rasinski legte die Hände auf ihre Schultern und sprach gerührt: »Wir haben wohl Gott zu danken!«
    »Laß mich nun lesen, was die gemarterte Heilige dir schreibt«, unterbrach Bernhard mit bewegter Stimme die Umarmung. Er nahm den Brief und setzte sich damit gegen das Feuer. »Hm!« sprach er ruhiger, doch noch von Ingrimm erfüllt, als er gelesen; »der eine Todesstreich wäre zwar abgewendet, aber noch droht ja das Schwert über ihrem Haupte. Auch über dem unserigen – doch diese Lumperei ist nicht der Rede wert. Ich sollte den Buben nur hier haben –, er müßte ein anderes Lied hören!« Nach diesen Worten ging er unruhig auf und nieder.
    »Ich habe den zweiten Brief noch nicht geöffnet,« sprach Ludwig, »der erste hatte mich zu gewaltig erschüttert. Er gibt uns vielleicht Auskunft.« – »Laß hören!« –
    »Dresden, am 19. August.
    »Teurer Bruder! Welch eine Zeit ist das? In Stunden geschieht mehr als vormals in Jahren. Die wichtigsten Ereignisse meines Lebens drängen sich alle in einen Punkt zusammen. Wir verließen Teplitz gleich am andern Morgen nach dem entsetzlichen Vorfall, den ich Dir noch abends flüchtig meldete. (Sei nur auf Deiner Hut, Teuerster!) Diese Nacht brachten wir auf dem Gute der Tante zu; heute fuhren wir alle in der Stille hierher. Auf dem Totenbette sprach mir die Mutter von einem Geheimnis; doch der Schmerz hatte mich damals so überwältigt, daß ich kaum darauf

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