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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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erwarten könne, hatte ihn deshalb nicht daran erinnern wollen. Jetzt aber glaubte er, ohne Rasinski zu kränken, davon sprechen zu dürfen. Er fragte ihn daher geradehin, ob er denn nicht endlich Hoffnung habe, unter seinem wahren Namen auftreten zu können, zumal da er ihn doch bei einer möglichen Rückkehr nach Deutschland nicht sicher zu verbergen imstande sein werde. Rasinski blickte den Freund wehmütig ernst an. »Ich weiß, was du denkst, Ludwig,« sprach er; »du glaubst, ich hätte dich und Bernhard vergessen! Aber wahrlich, dem ist nicht so. Ich kann euch jetzt offen die ganze Lage der Dinge darstellen; doch hört mich ruhig an und laßt mich ganz zu Ende reden, meine Freunde; dann erst entscheidet, ob ich für euch gehandelt habe, wie ich konnte und mußte. Vor dem Siege über Kutusow war der Kaiser so schwer zugänglich, so ganz mit unruhigen Entwürfen beschäftigt, daß ich ihn nicht anzutreten wagte. Ich mußte bedenken, wieviel auf dem Spiele stand, wie sehr ich euch und mich in Gefahr brachte, wenn ich die Lage der Dinge entdeckte; denn ich hatte ja nicht Gnade, sondern die Niederschlagung einer Anklage gegen zwei Beschuldigte durchzusetzen, deren man bis jetzt nicht hatte habhaft werden können. Nach der Schlacht bei Borodino, du weißt es ja selbst, waren wir Tag und Nacht zu Pferde, so daß kein Augenblick der Muße sich fand. Auch hatten die ungeheuern Opfer, mit denen dieser Sieg erkauft war, die geringen Folgen desselben den Kaiser nichts weniger als günstiger gestimmt. In Moskau hoffte ich alles zu schlichten – da kam der Brand, der nicht nur uns vertrieb, sondern die Möglichkeit, den Kaiser in solcher Angelegenheit anzutreten, noch ungleich erschwerte. Überdies standen wir auf dem Vorposten, es war nur selten möglich, nach Moskau hineinzukommen. Dennoch ließ ich es nicht unversucht, etwas für euch zu tun; allein ich mußte vorsichtig handeln, denn alle Erkundigungen, die ich einzog, waren euch ungünstig. Man hatte dem Kaiser in der Tat gerade in deiner Angelegenheit, Ludwig, höchst nachteilige und entstellende Berichte geliefert, ja, die Vermutung, du seiest in dem Heere, war ausgesprochen worden und der verleumderische Zusatz gemacht, daß du hier deine Rolle als Spion der russischen Regierung fortsetzest. Ich verschwieg dir dies, um dir eine unnötige Sorge zu ersparen, denn die Versicherung kann ich dir geben, daß man bis jetzt von dem Wo deines Aufenthalts nicht unterrichtet ist. Und, dessen darfst du überzeugt sein, tritt der gefürchtete Fall der Entdeckung ein, so werde ich mit meiner Ehre als Führer für euch beide als Bürge eintreten, und ich hoffe, es soll mir gelingen, euch dadurch zu schützen. Jetzt aber laßt uns noch in der Sicherheit beharren, die uns die Verborgenheit gibt. Die Zeit ist die ungünstigste, die ich wählen könnte, um für euch zu sprechen, denn durch den halb rätselhaften, halb erklärten Brand von Moskau ist das Mißtrauen gegen Fremde nur gewachsen, und wir dürfen nicht vergessen, daß in dem Palaste, wo ich mein Quartier aufgeschlagen, die Flammen zuerst ausbrachen. Auch dieser Umstand würde euch ungünstig sein. Zu dem allen kommt, daß der Kaiser, wie ich aus guter Quelle weiß, Briefe über Briefe aus Deutschland empfängt, die ihm die Aufrichtigkeit seiner deutschen Bundesgenossen immer zweifelhafter machen. Marschall Macdonald meldet, daß die preußischen Korps zwar tapfer im Gefecht sind, doch nur mit Unlust gegen die Russen fechten, wenngleich das Gegenteil in seinen Armeebulletins steht. Mit der Untätigkeit des Heeres unter dem Fürsten von Schwarzenberg ist der Kaiser ebenfalls unzufrieden; es beweist sich ihm dadurch, daß Österreich trotz der verwandtschaftlichen Bande, die es jetzt an Frankreich knüpfen, kein aufrichtiger Bundesgenosse ist. Die Agenten aus dem Innern Deutschlands schreiben von geheimen Verbindungen deutscher Patrioten gegen Frankreich, und alle französischen Regierungen von hier und da laut werdenden unvorsichtigen Äußerungen über Einverständnisse, welche man bis in das Heer des Feindes unterhalte! Sagt selbst, sind solche Nachrichten geeignet, von euerer Schuldlosigkeit zu überzeugen? Und nun noch eins. Wenn der Kaiser die Anklage gegen euch niederschlüge und damit euer Verhältnis zum Heere aufhörte – was wolltet ihr tun? Seit heute, wo der Rückzug beschlossen ist, bliebe euch dennoch nichts übrig, als die Schicksale des Heeres zu teilen, und wo könntet ihr das besser als bei mir, da ich

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