1818 - Altar der Teuflischen
Überlegungen, die mir durch den Kopf gingen. Aber ich dachte auch daran, dass Johnny kein Kind mehr war, sondern ein junger Mann, der mit beiden Beinen im Leben stand. So hatte es bei seinem Vater und mir damals auch ausgesehen, und wir hatten uns auf eigene Faust durchschlagen müssen.
Allerdings so ganz glücklich war ich mit meinem Entschluss nicht und konnte nur hoffen, dass nichts passierte …
***
Johnny Conolly hatte das Gefühl, dass ihm ein Stein vom Herzen gefallen war. Er hatte mit John Sinclair gesprochen und sich so etwas wie Rückendeckung geholt. Seinen Eltern wollte er keinen Bescheid geben, und er musste sich darauf verlassen, dass es auch John Sinclair nicht tat. Besonders seine Mutter wäre sauer gewesen. Doch auch sie kam nicht gegen den Fluch der Conollys an, der die Familie immer wieder mal in gefährliche Situationen brachte. Davon war auch Johnny nicht verschont geblieben. Von Kindheit an hatte es ihn getroffen, und er hatte sich auch damit abgefunden.
Jetzt, wo Johnny erwachsen war, hatte er dem Rechnung getragen und sich eine Waffe besorgt, die er auch heimlich eingesteckt und mitgenommen hatte.
Nun war er froh, so gehandelt zu haben. Die Pistole, auch eine Beretta, lag unten im Koffer und war versteckt unter der Restwäsche. Johnny holte die Waffe hervor. Sie war geladen, auch gesichert, und er steckte sie so ein, dass sie nicht gesehen wurde.
Dann war er bereit.
Er dachte nicht daran, die Vorgänge einfach so auf sich beruhen zu lassen. Johnny wollte etwas tun. Es gab hier einen Fall, und der musste aufgeklärt werden.
Er wusste auch schon, wie er vorgehen wollte. Für ihn war die Kirche wichtig. Nicht sie selbst, sondern das, was sich darin befand. Und da ging es ihm auch nicht um einen Altar, sondern um den Altar. Dieses Gebilde in der Wand. Die Nische, die mit drei Gestalten gefüllt war. Figuren aus Stein, leblose Statuen eigentlich. Aber daran konnte und wollte Johnny nicht mehr glauben. Für ihn stand fest, dass die Gestalten ein Geheimnis verbargen, und das musste er herausfinden.
Er zog noch die dicke Jacke über und verließ sein Zimmer. Draußen lagen die Wolken sehr tief und hatten sich auch geöffnet. Dicke Flocken rieselten dem Boden entgegen.
An der Tür wurde Johnny abgefangen. Als hätte Mrs Winter nur darauf gewartet. In der rechten Hand hielt sie einen Besen, und sie stand so da, dass Johnny nicht an ihr vorbei kam.
»Ha, Johnny, Sie wollen noch weg?«
»Ja, die Beine vertreten.«
»Bei dem Wetter?«
»Was will man machen? Außerdem habe ich den Polizisten versprochen, noch mal mit ihnen zu reden. Kann sein, dass sich etwas ergeben hat, muss aber nicht.«
»Mein Gott, diese ruchlose Tat. Einfach schrecklich.« Mrs Winter schüttelte den Kopf. »Ich habe auch meine Probleme, damit zurechtzukommen. Nie hätte ich gedacht, dass bei uns so etwas passiert. Man kann nur hoffen, dass der Mord schnell aufgeklärt wird.«
»Da sagen Sie was.«
Mrs Winter schob sich näher an Johnny heran. Es glich schon einer verschwörerischen Pose. »Hat die Polizei denn schon einen Verdacht?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Und wie ist es mit Ihnen?«
Johnny winkte ab. »Ich erst recht nicht. Ich bin fremd hier, wie Sie wissen.«
»Ja, ja, mein Lieber. Mir wird nur ganz komisch, wenn ich daran denke, dass jemand aus dem Ort hier ein Mörder ist. Ein grausamer Täter.« Sie schüttelte sich.
»Ja, das ist schon schlimm.«
»Geben Sie nur auf sich acht, Mister Conolly. Es wird bald dunkel. Da könnte der Täter wieder unterwegs sein.«
»Ja, wenn er von hier stammt.«
»Ich glaube daran.« Sie nickte heftig.
»Nun ja, mal schauen. Ich werde schon achtgeben, Mrs Winter. So leicht bin ich nicht totzukriegen.«
»Das haben schon andere Leute gesagt und waren tot, bevor sie sich versahen.«
»Ich halte meine Augen offen.«
»Tun Sie das.« Karin Winter zog die Nase hoch. Sie sah aus, als wollte sie gleich anfangen zu weinen, und Johnny war froh, das Haus endlich verlassen zu können. Er trat ins Freie und spürte die Schneeflocken auf seiner Haut.
Johnny hatte mit dem Gedanken gespielt, Tim Doherty Bescheid zu geben. Aber den Gedanken hatte er rasch wieder verworfen. Es war besser, wenn er allein diese Exkursion unternahm.
Die Kirche lag etwas erhöht. Als wäre sie eine Wächterin, die die Menschen hier beschützen wollte. Das hatte sie vielleicht bisher immer getan, nun aber war etwas passiert, was man kaum erklären konnte.
Johnny ging recht zügig. Er
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