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1830 - Der Tod lässt grüßen

1830 - Der Tod lässt grüßen

Titel: 1830 - Der Tod lässt grüßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Viele Menschen waren froh, überhaupt eine Bleibe zu haben, und als wir an der Frau vorbeigingen, da gähnte sie laut. Eine Tür stand offen, und wir schauten in ein Wohnzimmer, das nur spärlich eingerichtet war. Immerhin gab es Sitzgelegenheiten.
    Suko und ich nahmen auf einer Couch Platz. Dass der Stoff zerschlissen war, störte uns nicht. Auch nicht, dass die Couch alles andere als bequem war.
    Mary Fox ließ sich in einen Sessel fallen, auf dem eine bunte Decke lag. Von ihrem Platz aus konnte sie auf die Glotze schauen, die einen recht großen Bildschirm hatte, über den ein Film flackerte, der Ton aber abgestellt war.
    Zigaretten lagen bereit. Eine Flasche Wein stand auch angebrochen in der Nähe, und Mary Fox musste nur zugreifen, um an beide Dinge zu kommen.
    Vom Alter her war sie nicht einzuschätzen. Das Leben hatte sie offenbar älter gemacht als sie war.
    »War ’ne harte Nacht«, sagte sie.
    »Ach. Wieso?«
    Sie starrte Suko an. »Weil ich gearbeitet habe. Geschuftet, um es genau zu sagen.«
    »Und wo?«
    »In einer Gaststätte am Bahnhof. Könnt ihr euch vorstellen, was da los ist?«
    »Das können wir«, sagte Suko.
    »Aber deswegen sind wir nicht gekommen«, mischte ich mich ein.
    »Habe ich mir schon gedacht.« Sie streckte ihr Bein aus. »Warum sitzt ihr dann hier?«
    »Es geht um Ihren Bruder.«
    »Ach, um Elton?«
    »Gibt es noch einen?«
    »Zum Glück nicht.«
    »Hatten Sie denn Kontakt zu Elton?«
    »Nein – oder kaum.« Sie stieß auf und verzog das Gesicht. »Aber was ist mit ihm?«
    Ich war der Ansicht, dass diese Frau die Wahrheit vertragen konnte und sagte: »Er ist tot.«
    Eine Antwort erhielt ich nicht. Suko wollte etwas hinzufügen, er hielt aber den Mund, als er sah, dass die Frau nach der Zigarettenschachtel griff und ein Stäbchen hervorholte. Sie zündete sich den Glimmstängel an, rauchte einige Züge und nickte.
    »Ja, er hat es geschafft.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er ist weg von der Erde.«
    »Sie hatten also kaum Kontakt mit Ihrem Bruder«, sagte Suko.
    Sie rauchte noch zwei Züge und hob dann die Schultern. »Eigentlich schon länger nicht mehr.«
    »Wieso?«
    »Na ja, wir haben uns auseinander gelebt, wie man so schön sagt. Er ist in einer anderen Szene aktiv gewesen.«
    »In welcher?«
    »In der kriminellen. Ich weiß, dass er immer hinter Geld her gewesen ist, und er hat mir mal erzählt, dass er etwas gefunden hat, wo man eine Menge Geld verdienen kann.«
    »Was war das?«
    Mary Fox drückte die Zigarette aus und verzog ihre Lippen. »Das kann ich nicht genau sagen.«
    »Haben Sie denn nachgefragt?«
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    »Nichts.« Sie zündete sich eine neue Zigarette an und ließ den Rauch durch die Nasenlöcher ausströmen. Danach sprach sie mich an. »Es war nur komisch, dass er plötzlich das Thema gewechselt hat.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Sie warf mir erneut einen knappen Blick zu. »Ich habe ihn gefragt, ob er schon reich geworden ist. Er hat es verneint. Er hat mich fast ausgelacht, aber ich habe ihm nicht geglaubt. Ich hakte nach. Immer und immer wieder. Da bin ich ihm dann so auf den Geist gegangen, dass er etwas gesagt hat. Er sprach von einem neuen Leben, von einem fast unbesiegbaren, und er redete von einem Friedhof, der sehr wichtig für ihn war. Wobei auf diesem Friedhof niemand begraben wurde und er schon mehr zu einem Park geworden ist.«
    »Dort ist er hingegangen?«
    »Ja.«
    »Und was hat er dort getan? Gab es ein Grab, das er besucht hat?«
    »Quatsch.«
    »Wieso? Was macht man sonst auf einem Friedhof?«
    »Er ist hingegangen. Ja, er musste es tun. Es war ungeheuer wichtig für ihn.«
    »Aber er hat Ihnen nicht gesagt, wo der Friedhof liegt – oder?«
    »Nicht genau. Es ist auch kein Friedhof mehr, sondern ein Park. Er hat vom Londoner Süden gesprochen, aber schon außerhalb der Stadt. Da ist er hin.«
    »Wissen Sie wirklich nicht mehr?«
    Sie überlegte. Wir ließen sie in Ruhe und sahen, dass sie sich tatsächlich Mühe gab. Nach einer Weile drückte sie ihren Glimmstängel aus und nickte uns zu.
    »Ich glaube, ihr habt Glück. Mein Gedächtnis ist noch nicht so löchrig wie ein Schweizer Käse. Ich habe manchmal etwas viel getrunken. Aber das tut nichts zur Sache. Gibt es in der Umgebung von London einen Ort, der West Norwood heißt?«
    »Den gibt es«, bestätigte ich.
    Sie nickte. »Dann ist er dorthin gegangen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, das bin ich. Jetzt ist es mir wieder eingefallen. West Norwood. Da muss es diesen Park

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