1841 - Der Engeljäger
europäische Festland. Es war nur ab und zu etwas zu sehen, wenn sich im Wolkenteppich eine Lücke zeigte.
Im Flieger war es recht ruhig. Wenn die Menschen sich unterhielten, dann taten sie es mit gedämpften Stimmen. Man konnte von einem angenehmen Flug sprechen.
Julian neben mir war tatsächlich eingeschlafen. Ich fand es gut. Weniger gut fand ich etwas anderes.
Zuerst glaubte ich an einen Irrtum, dann aber musste ich mir eingestehen, dass ich mich nicht geirrt hatte.
Ich spürte etwas an meiner Brust.
Dort hatte sich das Kreuz erwärmt und mir eine Warnung geschickt!
***
Augenblicklich war meine Lockerheit vorbei. Ich saß starr auf meinem Platz und saugte die Luft durch die Nase ein, wobei ich mich auf das Kreuz konzentrierte.
Ich beschloss, es für mich zu behalten. Den anderen wollte ich nichts sagen, abgesehen von Suko, der sah, wie ich mit dem Finger auf meine Brust wies.
»Eine Warnung?«, murmelte er.
»Ja.«
Er sagte nichts weiter. Ich sah nur, wie er die Lippen hart zusammenpresste. Bisher hatte ich den Flug genießen können, das war jetzt vorbei. Und ich musste zugeben, dass mir schon recht flau im Magen geworden war, denn jetzt hatte der Engeljäger einen großen Trumpf ausgespielt. Er lenkte alles und womöglich auch den Flieger.
»Was sollen wir tun?«, flüsterte Suko über den Gang hinweg mir zu.
»Ich weiß es nicht genau. Ich könnte erst mal die Gefahrenquelle suchen.«
»Keine schlechte Idee.«
Bevor ich etwas unternahm, warf ich einen Blick auf Julian. Der hielt weiterhin die Augen geschlossen und schlief.
Ich stand auf.
Jetzt war es möglich, einen Blick durch die gesamte Maschine zu werfen, und ich sah nichts Verdächtiges. Die Passagiere taten das, was sie auch vor Kurzem noch getan hatten. Es gab einige, die lasen, anderen unterhielten sich, wieder andere nutzten die Gelegenheit und schliefen.
Eine Flugbegleiterin kam durch den Gang und sah, dass ich mich hingestellt hatte.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Ich denke schon.«
Sie nickte und ging weiter. Ich warf noch mal den Blick in die Runde und konnte nichts Verdächtiges entdecken. Das reichte aber nicht, um mich zu beruhigen. Ich wusste, dass sich das Kreuz nicht irrte. Demnach befand sich der Gefahrenherd in der Nähe.
Aber wo?
Neben mir fiel der schlafende Julian in eine gewisse Unruhe. Er sprach im Schlaf, aber ich wusste nicht, was er sagte. Seine Stimme versank in einem unverständlichen Gemurmel.
Mein Herz schlug etwas schneller als gewöhnlich. Im Hals spürte ich eine gewisse Trockenheit. Ich ließ mich wieder in den Sitz sinken, war darüber aber auch nicht glücklich und nahm mir deshalb vor, einen kleinen Spaziergang zu unternehmen.
Ich erhob mich wieder und ging zuerst in Richtung Heck. Jeder sollte annehmen, dass ich zu den Toiletten musste, aber das traf nicht zu. Ich wollte mir die Gesichter der anderen Passagiere anschauen. Auch das brachte mich nicht weiter. Sie alle sahen normal aus.
Und dann erreichte ich die Reihe der Sitze, in denen die vier Männer saßen, die ich schon kannte.
Ich blieb für einen Moment stehen, um einen Blick in ihre Gesichter zu werfen. Sie sahen normal und entspannt aus.
Also keine Gefahr?
Das wusste ich nicht. Die Gefahren versteckten sich hinter Masken, und die konnten schnell von den Gesichtern gerissen werden.
Das Kreuz hatte zwar reagiert, aber seine Reaktion nicht verändert. Nach wie vor gab es die leichte Erwärmung ab, die für mich nur eine schwache Warnung war.
Und dennoch wäre ich froh gewesen, schon in Rom gelandet zu sein, doch das würde noch dauern.
Ich drehte mich um und ging zurück zu meinem Platz.
Suko sah mich und fragte: »Alles okay?«
»Ja.«
»Hier auch. Unser Freund schläft noch.«
»Dann gehe ich mal weiter.«
»Willst du in die Kanzel?«
»Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Denk an die Sicherheitsbestimmungen.«
»Stimmt auch.«
Trotzdem wollte ich nicht davon Abstand nehmen. Ich musste einfach den Grund finden, weshalb mich das Kreuz gewarnt hatte.
Etwas wunderte mich schon. Es ließ sich keine Stewardess blicken. Normalerweise war es jetzt an der Zeit, mit dem Wagen durch den Gang zu fahren und Getränke anzubieten. Das war bisher nicht geschehen, und es war auch nichts in Vorbereitung.
Ich erreichte die vorderen Sitze. Es war die etwas teurere Klasse. Man hatte hier mehr Beinfreiheit und wurde auch zuerst bedient. Aber hier tat sich nichts.
Ich suchte die Stewardessen. Sie waren zu dritt, und sie hockten in
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