1841 - Der Engeljäger
wollte er auch nicht.
Also würde er sich an den Rat des Bischofs halten und irgendwo übernachten. Er wusste auch, warum sie ihn jagten. Er war ein Engel, aber einer, der für sich allein stand und gehasst wurde. Er passte in keine Schablone. Er wusste auch nicht genau, wer seine Eltern waren, aber auch keine normalen Geschöpfe, das nahm er an.
Immer wieder hatte er sich die entsprechenden Fragen gestellt, aber keine konkreten Antworten erhalten, und das wiederum macht ihn traurig.
Allerdings ging er davon aus, dass er etwas Besonderes war. Wäre es anders gewesen, hätte er sich nicht vor irgendwelchen gefährlichen Typen zu verstecken brauchen.
Es war eben schwer, eine klare Linie in sein Leben zu bekommen, und er setzte stark auf diesen John Sinclair.
Längst war die Dunkelheit hereingebrochen, und es wurde Zeit, dass er einen Ort zum Übernachten fand. Als er durch eine kleine Stadt fuhr, da sah er eine Tafel nahe einer beleuchteten Haltestelle stehen. Es war ein Hinweis auf die Hotels in der Stadt oder auch Pensionen und Gasthöfe.
Das war ideal, und es wurde noch idealer, als er las, dass es in der Nähe eine Jugendherberge gab. Das war für ihn am besten und riss auch kein großes Loch in den Geldbeutel.
Er war fremd in dieser Umgebung, aber es war kein Problem für ihn, die Unterkunft zu finden, da es genügend Hinweisschilder gab. Die Jugendherberge lag am Rand der Ortschaft, nicht weit von einem kleinen Bahnhof entfernt.
Es war noch nicht zu spät. Julian wurde gerade noch eingelassen, musste einen Obolus bezahlen, und man konnte ihm sogar ein Einzelzimmer zur Verfügung stellen, denn der Betrieb hielt sich in Grenzen. Für das Einzelzimmer zahlte er gern etwas mehr Geld.
Er musste hoch in die erste Etage. Dort betrat er das Zimmer, das direkt an der Treppe lag. Es war recht klein, aber hell und freundlich eingerichtet. Das Bett war frisch bezogen, und als Julian seine Tasche abgestellt hatte, nahm er darauf Platz und nicht auf dem Stuhl, der vor einem kleinen Tisch stand. Einen Schrank gab es nicht. Dafür einige Haken an der Wand.
Es war warm, und Julian öffnete das Fenster. Etwas frischere Luft drang in den Raum. Sein Blick verlor sich in der Ferne. Dort am Horizont wuchsen Himmel und Erde zusammen. Lichter schimmerten in der Nacht wie ferne Quellen. Er hörte auch das Summen der Mücken und schloss das Fenster wieder.
Zu seinen Errungenschaften gehört auch ein Handy. Er setzte sich wieder auf das Bett und tätigte einen Anruf. Der war für ihn wichtig. Er musste mit dem Bischof reden. Der Mann sollte erfahren, dass er ein Quartier für die Nacht gefunden hatte.
Nachdem er die Nummer gewählt hatte, legte sich Julian hin. Er wartete darauf, dass abgehoben wurde, das aber passierte nicht. Der Ruf ging durch, aber abgehoben wurde nicht, und das sorgte bei dem jungen Mann für etliche Adrenalinstöße.
War der Bischof nicht da? Hatte er sich hingelegt und schlief?
Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Daniel Carver war ein Mensch, der immer lange auf den Beinen blieb und sich erst spät hinlegte. Gerade in Augenblicken wie diesen würde er keine Ruhe finden. Dass er nicht abhob, das war nicht normal. Da stimmte was nicht.
Julian spürte, dass sich sein Herzschlag beschleunigt hatte. Es lag an seiner Furcht, die ihn plötzlich erfasst hatte. Er war kein Hellseher, aber er wusste jetzt, dass etwas passiert sein musste. Das lag für ihn auf der Hand. Das spürte er, und das Schlimmste war, dass er dagegen nichts tun konnte.
Julian war übersensibel, besaß ein besonderes Gespür für gewisse Vorgänge und schaffte es auch, sich in andere Menschen hinein zu versetzen. Er dachte an den alten Bischof und hatte dabei die Augen geschlossen, um die Konzentration noch zu verstärken.
Manchmal kam er durch. Da hatte er dann den Eindruck, mit der anderen Seite Kontakt aufnehmen zu können.
Und heute?
Nein, nicht. Es war eine Sperre vorhanden, die er nicht überwinden konnte, so sehr er sich auch anstrengte. Und er gelangte zu einem Fazit. Es war mit dem alten Bischof etwas passiert, daran gab es nichts zu rütteln. Man konnte davon ausgehen, dass er nicht mehr lebte, und allein der Gedanke daran trieb Tränen in die Augen des jungen Mannes. Er wollte nicht weinen, doch er konnte nicht anders. Er musste seinen Tränen freien Lauf lassen.
Urplötzlich fühlte sich Julian so allein. Als wäre er als Einziger in einer feindlichen Welt unterwegs. Er konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Es
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