1889 - Gefangen in Terrania
hatten ihre Kräfte, ihre letzten Reserven verbraucht; ihre Nerven versagten, und sie brachen zusammen.
„Dafür werden sie bezahlen!" preßte der LFT-Kommissar zornig hervor.
Der Kommissar hatte das Gelände weiträumig abriegeln lassen, damit die Rettungsaktion von niemandem gestört wurde. Dennoch fanden ein paar Reporter Schlupflöcher, durch die sie bis zu den ankommenden Geiseln vordrangen, um sie zu befragen.
Der LFT-Kommissar ließ sie von speziellen Einheiten entfernen. Er war sich klar darüber, daß schon in den nächsten Stunden Sensationsberichte über sämtliche Sender der Erde gehen und wahre Schauermärchen veröffentlicht werden würden. Er konnte sie nicht verhindern, aber er konnte erreichen, daß die Geiseln nicht unnötig belastet wurden.
Die Rettungsaktion war hervorragend organisiert. Gleiter auf Gleiter entfernte sich mit den geborgenen Menschen an Bord, um sie in die Hospitäler zu bringen, wo sie bereits erwartet wurden. Keine der Geiseln, die sich am Ende des tragischen Zuges bewegten, mußte warten. Als auch sie schließlich die Barriere hinter sich gelassen hatten, standen genügend Gleiter für sie bereit.
Nach kaum mehr als einer Stunde war die Aktion beendet. Die Dscherro hatten fünf Raumschiffe übernommen, und 50.000 befreite Geiseln befanden sich in ärztlicher Behandlung, auf die keine einzige von ihnen verzichten konnte.
Inzwischen liefen bereits die Vorbereitungen für die nächste Übergabe, die schon zwei Tage später stattfinden sollte.
*
Cistolo Khan blickte unwillig auf, als ihn einer seiner Mitarbeiter über die Syntronverbindung fragte, ob er bereit sei, eine Journalistin zu empfangen.
„Bist du völlig von Sinnen?" fuhr er ihn an. „Ich habe keine Zeit für die Presse."
„Es ist Katie Joanne!"
Der LFT-Kommissar stutzte. Im ersten Moment wußte er nichts mit dem Namen anzufangen, doch dann fiel ihm ein, wer diese Frau war. Sie war von den Dscherro gezwungen worden, von der Aktion zu berichten, bei der die Gehörnten Hunderte von Geiseln auf den Paratronschirm von HQ-Hanse zugetrieben hatten, um auf diese Weise zu erreichen, daß er abgeschaltet wurde.
Man hatte ihm zugetragen, daß es Taka Fellokk persönlich gewesen war, der sie dazu mißbraucht hatte.
„Ich will sie’ sehen!" befahl er. „Sie soll hereinkommen."
Gleich darauf stand er ihr gegenüber. Sie war deutlich kleiner als er, schlank, beinahe zierlich und wirkte dabei ungemein selbstbewußt. Blaue Flecken und Schwellungen im Gesicht ließen darauf schließen, daß sie schwere Zeiten durchgemacht hatte. Sie trug eine schwarze Latzhose mit kniehohen Lackstiefeln. An ihren Fingern blitzten zahlreiche Ringe.
„Wir müssen uns kurz fassen", sagte er. „Ich habe viel zu tun."
„Nichts dagegen", versetzte sie. „Gib mir die Akkreditierung für die vorderste Front, und ich bin wieder draußen!"
„Du willst bei dem Austausch der Raumschiffe gegen die Geiseln dabeisein?"
„Genau das. Ohne Behinderung. Ich habe dir die Bilder von den Gefangenen geliefert, als du mit Taka Fellokk verhandelt hast. Sie haben mich dazu gezwungen."
Er nickte nur. Bei dieser Frau überraschte ihn gar nichts mehr. Durch die Art ihrer Berichterstattung in SolTel waren nicht nur die Dscherro auf sie aufmerksam geworden. Er hatte noch keine Frau erlebt, die sich mit derartiger Kaltschnäuzigkeit ins Getümmel gestürzt hatte, um ihren selbstgestellten journalistischen Aufgaben nachzugehen.
„Also gut", stimmte er zu und wies seine Mitarbeiter an, ihr die nötige Genehmigung auszustellen. „Ich kann die Presse doch nicht von den Geiseln fernhalten. Sie sind überall in den Krankenhäusern. Warum also nicht auch vorn an der Front?"
„Danke!" Sie wollte hinausgehen, doch er rief sie noch einmal zurück.
„Bevor du mit deiner Arbeit beginnst, müssen wir noch mit dir reden", sagte er. „Du hast engen Kontakt mit den Dscherro gehabt. Wir müssen alles wissen, was dabei vorgefallen ist."
„Ich stehe dir zur Verfügung", gab sie sich einverstanden. „Mir liegt selbst daran, daß ihr alle wichtigen Informationen erhaltet. Wenn ich helfen kann, werde ich es tun."
„Davon bin ich ausgegangeri."
Sie wandte sich ab, doch er hatte noch etwas zu bemerken.
„Nur eine Kleinigkeit", versetzte er mit einem kaum merklichen Lächeln. „Bitte, keine Tricks wie bei Myles Kantor!"
„Garantiert nicht!" Sie lachte und ging hinaus.
Vor einem Jahr hatte sie versucht, dem Wissenschaftler ein Psychopharmakon
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